Seiten und in vier Diagonalen. Die Königinnen bewegen sieli
vor- und rückwäris, nach beiden Seiten und in zwei Diagonalen
vorwärts. Der Läufer bewegt sich in der Diagonale und kann
auch vorwärts gehen, aber in gerader Linie nicht zurück, so
dass er einen Kreis beschreiben muss, um nach derselben Stelle
zurückzukommen. Der Springer geht in Winkeln. Der Thurm
mag über eine beliebige Anzahl von Feldern geradeaus vorwärts
gehen, darf aber nicht zurückgehen und wird zur Königin erhoben,
wenn er die Linie des Gegners erreicht hat. Die Cha
und Kakfu bestreichen eine beliebige Felderzahl, die ersteren
geradeaus und seitlich, die letzteren in der Diagonale. Der Fu
geht geradeaus, aber nur ein Feld zur Zeit. Die Chenfiguren
bestehen in keilförmigen Steinen, mit dem Namen au f der einen,
der Bedeutung auf der ändern Seite geschrieben, und die Spieler
unterscheiden ihre besonderen Stücke durch die Richtungen,
wohin die Schärfe zeigt. Kartenspiele sind beliebt.
Im Theater (Shibaya), vor dessen Thür Wimpeln und bunte
Fahnenstreifen wehten, lösten wir uns einen Sitz in der oberen
Logenreihe, und die schon darin befindlichen Leute, darunter
einige Bonzen, wurden ausgetrieben, um uns Platz zu machen.
Auf dem Vorhänge standen die Strassennamen Miacos geschrieben,
wo Schauspieler gemiethet werden konnten. Gedruckte
Theaterzettel Hessen sich von den Logenschliessern erhalten.
Das Parterre war ziemlich gefüllt, und zwischen den Zuschauern
in ihren gesperrten Sitzen gingen auf übergelegten Brettern Knaben
mit Cigarren und Kuchenwerk umher. Ausserhalb der Sitze
war ein Gang mit Matten überlegt, und ein in violetter Seide
gekleidetes Pärchen, ein Männlein und ein Fräulein, erschien auf
ihm, um der Bühne entgegenzuwandeln, auf der beim Auseinanderziehen
des Vorhanges sich der Eingang in ein Haus
hinter einem Hofthore zeigte. Die Dame trat ein , während ihr
einen Schirm tragender Begleiter, dem zwei Schwerter am Gürtel
hingen, draussen stehen blieb. Eine Dienerin (wie alle weiblichen
Rollen durch einen Mann gespielt), mit einem Besen in
der Hand, empfing die Dame und stellte ihr au f der Balustrade
einen Sitz zurecht. In einer Vertiefung der Wand hing eine
Lampe Uber einem mit weissem Papier besteckten Topfe (dem
Platze des Schutzgottes) und daneben leitete eine Thür zu einem
Cabinet, während eine andere Thür im Hintergründe den Ausgang
aus der Stube bildete. Nach einiger Zeit liess die Dame
den draussen stehenden Herrn durch das Thor ein und setzte
sich mit ihm, nachdem die Dienerin entfernt w a r, auf einen
Teppich nieder, der Unterhaltung zu pflegen, die von männlicher
Seite in schreiender Kopfstimme geführt wurde, da sie sich in
einem fremden Dialekte bewegen sollte. Zugleich spielte eine
gedämpfte Musik. In einem käfigartigen Kasten des Prosce-
niums sass der Souffleur, der die Stichworte und wichtigsten
Sentenzen vorsagte.
Als nach länger geführter Unterhaltung das Nachtdunkel
einbrach, holte die Dame aus einem Nebenzimmer Matratze
und Schlafkissen, sehloss die Thiiren sorgfältig zu und setzte
sich, nach einigen koketten Einwendungen, mit ihrem Besucher
auf das Bett nieder. Die Unterhaltung wurde jetzt sehr warm
und lebendig, der Liebhaber riss seine zwei Schwerter aus der
Scheide und schwur, sie in der Luft schwingend, dass er keine
Unterbrechung fürchte und etwaige Störenfriede übel empfangen
werde. Ein Augenblick, wo er den Kopf wegwandte, wurde
von der Dame benutzt, fortzuschlüpfen und die herbeigewinkte
Dienerin an ihren Platz zu schieben. Der feurige Don Juan
fasste die Hand derselben, in seiner eifrigen Liebeserklärung
fortfahrend, und schliesslich kamen Scenen vor, die sich bei uns
weder lateinisch noch in griechischen Buchstaben beschreiben
Hessen, denen aber die Japaner mit ihren Frauen und Töchtern
in leidenschaftsloser Gemüthlichkeit zuschauten. Nach Beendigung
dieses einactigen Stückes (Omigensch genannt) tra t der
Theaterdirector vor und kniete nach tiefer Verbeugung nieder,
um in seiner Anrede dem Publikum für die erwiesene Gunst zu
danken und den Titel der morgigen Aufführung anzuzeigen.
Es folgte ein zweites Stück, bei dem die Coulissen dieselben
blieben. Ein auf Rädern laufendes Boot wurde durch einen
Schiffer mit Rudern auf der Bühne vorwärts bewegt. Im Bug
sass ein alter Kriegerkönig, Cabu-nofki, mit langfliegendem Haar
schneeiger Weisse, das nur durch sein Sterndiadem zusammengehalten
wurde. Ueber seine eng anliegende Kleidung aus