lungen, in denen sich die religiösen und socialen Denkprincipien
der verschiedenen Völker wieder auf dem Gebiete des sichtbar
Körperlichen in ihrem Händewerk reflectiren, und darin liegt
die Bedeutung jener für die Culturgeschichte, dass sie uns
Gedanken-Einkörperungen bieten, Schöpfungen der psychischen
Thätigkeit, die als in und an materiellen Substraten wirkend,
so auch zu materieller Manifestation gelangen, um mit den deutlichen
Hülfsmitteln der Sinnesauffassung verstanden werden zu
können. Unsere Museen der schönen Künste waren aus gleichem
Streben hervorgegangen, und sie bieten in ihren ästhetischen
Kunstproducten die höchste Blüthe genialer Geistesthätig-
k e it, die die meiste Anziehung besitzt und deshalb auch die
meiste Berücksichtigung erhielt. Nach den Grundsätzen genetischer
Erkenntnissweise aber genügt für das Verständniss nicht
die Bewunderung des höchst Vollendeten, sondern muss die
Untersuchung von dem Einfachen zu dem Zusammengesetzten
fortschreiten, damit das Bewundernswürdige in diesem nicht ein
unverstandenes Wunder, ein Ideal der Gefühlswallungen bleibe,
sondern in seiner allmäligen Entstehung vom Verstände begriffen
werde. Kein ethnologisches Product darf uns deshalb
ärmlich und klein, oder gar verächtlich scheinen, da je primitiver
der Gedanke is t, der in ihm nach einem Ausdrucke ringt,
desto grössere Aussicht sich zugleich dem Forscher bietet, den
leitenden Gesetzesgang bei einfacher Klarheit auch am einfachsten
und klarsten zu durchschauen.
Nur im sorgfältigsten Detailstudium, in der Ansammlung
von F acta*) liegt das Heil der naturwissenschaftlichen Psychologie,
und bedarf es der Betonung dem Anachronismus gegenüber
einer früheren Richtung, als man (nach Schelling’s Weise)
*) Cousin verlangt nichts weiter als Beobachtung, „aber man soll Alles
beobachten.“
über die Natur philosophirte, um die Natur zu schaffen. Was
damit geschaffen wurde, konnte nichts Anderes sein, als das
Partialbild der in einem Einzel-Gehirne gespiegelten Bruchstücke
aus dem Naturganzen, das vielleicht in einem harmonisch or-
ganisirten und reichbegabten Genie eine anmuthige Form annehmen
mochte, aber stets nur ein subjectives Denkproduct
liefern konnte, nie den objeetiven Thatbestand. Die Proportionen
der entworfenen Verhältnisse mussten immer durchaus verzerrte
s e in , denn aufgebaut hatte sich das scheinbar durch
freie Willensthätigkeit hervorgerufene System aus denjenigen
Kenntnissen der Aussenwelt, die im Laufe des bisherigen Lebens
allmälig aufgenommen waren und, wenn auch in das Unbewusste
gefallen , doch bei den meditativ eindringenden Denkoperationen
mitgewirkt hatten. Bei der zufälligen Erwerbung der
meisten dieser Materialien konnte in ihrem Nebeneinander kein geordneter
Plan vorliegen, und mussten deshalb die Lücken durch dialektische
Fechterkunststücke verdeckt werden. Nur aus demjenigen,
der die Gesammtmasse der Facta in allen ihren Details beherrschte,
(nur aus einem den Zusammenhang des Alls in klarem Zu- *
sammenhang durchschauenden Buddha, nach indischer Auffassung),
nur aus einem solchen im Mittelpunkte der Welt stehendem
Geist könnte die richtige Conception jener als freies Spiel
der Phantasie hervortreten, in den Spielen einer gnostischen
Sophia. Wir anderen armen Erdenwürmer haben keine Erlaub-
niss zum Spielen, sondern müssen ängstlich und mühselig darauf
bedacht sein, die verwickelten Exempel, die man uns aufgegeben
h at, auszurechnen, um Hegel’s Mensch, als Moment
im Werdeprocess des Absoluten, zu begreifen.
Die sichere Geschichte beginnt mit dem Erwachen des
Volksbewusstseins, mit dem Loslösen aus dem unmittelbaren
Naturzusammenhange, in dessen Banne die Vorzeit des Kindesalters
verträumt wurde und unter dessen Einflüsse die Keim