Spiegel, und die an den Abhängen aufsteigenden Terrassen sind
bald mit lachenden Anpflanzungen geschmückt, bald tritt das
dunkle Laub der Fichtenbäume hervor, die besonders auf den
Höhen in malerischen Gruppen beisammen stehen. Zwischen
dem Pflanzenwuchs schauen niedrig langgestreckte Häuser hervor,
oft an steilem Niederfall gelegen, so dass eine in die Felsen
gehauene Treppe zu ihnen emporfuhrt. Nachdem wir mehrere
Inselchen passirt hatten, erschien an einer Seitenbucht die Stadt
Nangasaki, am Fusse und dem Abhange einer Hügelkette gelegen.
Um 3 1/2 Uhr wurde Anker geworfen, und begab ich
mich mit dem Capitän und einigen der Officiere an’s Land,
zunächst nach Decima, in welchem früheren Gefängniss der
Holländer sich noch jetzt ihr Consulat findet. Auch manche
Kaufleute anderer Nationen haben sich, seit Eröffnung des
Handels durch die Verträge, dort niedergelassen, und aus verschiedenen
Gründen wird einem Wohnsitz in Decima selbst der
Vorzug gegeben vor dem für Europäer bestimmten Quartier, da
dieses von der eingeborenen Stadt weiter entfernt ist und geringere
Sicherheit gewährt. Von Nangasaki durch eine kleine
Brücke, die sich mit einem Thor schliessen*) lässt, getrennt, besteht
Decima aus zwei Strassen nebst den Werften, von denen ein
Pier in den Hafen ausläuft. Das holländische Consulat in
Decima, eine vorgeschobene (de) Insel (sima), ist der einzige Fleck
der Erd e , wo die holländische Flagge nie eingezogen wurde,
wo sie fortfuhr, als Banner'der Nationalität zu wehen, als das
Mutterland unter französischem Joche seufzte und die anderen
Colonien im Osten und Westen vor den englischen Flotten gefallen
waren. Als Sir Stamford Raffles von Jav a aus die gewöhnliche
Handelsflotte nach Decima aussandte, wurde der
*) Als die Chinesen in der von den Portugiesen besetzten Insel Keang-shan
vordrangen, zogen sie über den die Stadt Macao verbindenden Isthmus zur Abtrennung
(1573) eine Mauer, deren Porta docerco genanntes Thor von chinesischen
Soldaten bewacht und anfangs (nach Navarette) nur zweimal im Monate
geöffnet wurde. Der Porto do nome de Deos (1583) oder Porto de Amacao
wurde später Cidade do nome de Deos do porto de Macao und dann Cidade do
santo nomo de Deos de Macao genannt (der Hafen Gaoumun mit der Stadt
Gaouking).
holländische Gouverneur in seiner Weigerung, sie anzuerkennen,
durch die damals noch in voller Kraft geltende Abschliessungspolitik
der Japanesen und ihre Abneigung, mit neuen Mächten
aus der Fremde in Berührung zu kommen, unterstützt. Auch
die russischen Versuche zur Anknüpfung einer Verbindung endeten
damals nur in der Gefangenschaft Golownin’s.
Vom Consulat begab ich mich zu dem Handelshaus des
Herrn Kniffler, der mich in Folge meiner Einführungsbriefe im
alten Sinne colonialer Gastlichkeit empfing und mir ein Zimmer
in seiner Wohnung an wies, wohin ich mir mein von Bord geholtes
Gepäck schaffen liess.
Der an den Küsten Japans landende Reisende wird sicli
zunächst von dem europäischen Teint überrascht fühlen, den er
dort antrifft, und der ebenso markirt von der bleichen Farbe
der Chinesen, wie von den gebräunten Indiern oder Malayen
absticht. Besonders die Haut der Frauen hat die durchsichtige
Weisse, wie wir es bei den unserigen gewohnt sind, und die in
den rothen Backen das Blut durchschimmern lässt. Wegen
dieser europäischen Weisse ist auch der Anblick der Arbeiter
oder Kulis, die, um ungehindert zu sein, gern ihre Kleider ab-
legen und oft genug fast ganz nackt arbeiten, ein sehr zurück-
stossender, während in den Tropenländem die Entblössung des
Körpers nach einiger Gewöhnung kaum mehr auffällt und das
Baden tahitischer Wassernymphen viel weniger überrascht, als
die griechischen Venuscostüme in den Badehäusern Japans, wo
der Geschlechtsunterschied noch geringere Beachtung findet, als
in den schweizerischen Curorten des Mittelalters. Im gewöhnlichen
Leben sind die japanischen Frauen in ein langes Gewand
gehüllt, das bis auf die Füsse reicht und um den ganzen Körper
geschlungen wird. Auch die Männer sind, besonders im Winter,
sehr vollständig bekleidet und tragen den Zopf auf dem Scheitel
befestigt.
Am nächsten Tage besuchten wir Nangasaki, das von theil-
weis gepflasterten Strassen durchzogen ist, die in breiten Stufen
zu den höher gelegenen hinaufführen oder auf weniger schroffem
Terrain nach den Unebenheiten des Bodens auf- und absteigen.
Die Häuser auf beiden Seiten sind niedrig und haben ihre