Vasallenthum der Bambaras (nach Raffenel) der Feudalverhältnisse
des Mittelalters. Das Zurücktreten des Keltenthums in
Europa, die Germanisirung slavischer Landstriche, die Durchdringung
Italiens und Griechenlands mit fremden Elementen
findet in vielfachen Wiederholungen seine erklärende Deutung
in den Beziehungen, die sich gegenwärtig noch zwischen europäischen
Colonisten und den Eingeborenen herstellen.
Der Brauch bildet sich bei einem Volke aus als die Ge-
sammtheit der aus der Wurzel seiner ethnologischen Eigenthüm-
lichkeit hervorwachsenden und deshalb unbewusst gültigen
Beobachtungen. J e nach den Besonderheiten seiner geschichtlichen
Verhältnisse können Einrichtungen zu bestimmten Zwecken
gegeben werden, die die Form eines Gesetzes annehmen und
(wenn nicht die natürliche Fortbildung einheimischer Gebräuche)
aus Nachahmungen der Fremde oder aus von dorther aufgezwungenen
Vorschriften entstehen mögen, wobei es von der relativen
Stärke der Wechselwirkung abhängt, ob der nationale
Charakter durch die aufgenommenen Institutionen ummodellirt
wird , oder ob umgekehrt diese nach jenem verändert werden.
Die die Gesellschaft praktisch regierenden Observanzen, die sich
in Ausgleichung der künstlich zugefügten Gesetze mit den vorhandenen
Ueberlieferungen allgemeine Anerkennung verschaffen,
constituiren die Sitte. Der Brauch selbst in allgemeiner Gültigkeit
würde das ju s bilden, dem (im Sinne des neueren römischen
Rechts) die leges gegenüberständen.
Man hat g esag t, dass die Ethnologie eine Grundlage der
künftigen Staatswissenschaften zu bilden bestimmt sei. In solcher
Fassung ist der Ausdruck zu weit und überhaupt unrichtig
gewählt. In Staaten, die uns fertig überkommen sind, mag es
gleichfalls von wissenschaftlichem Interesse sein, auf ihre ethnologischen
Elemente zurückzugehen und sie a u fs Neue darein zu
zerlegen, praktische Bedeutung aber haben diese Untersuchungen
nicht. Für bestehende Staaten ist ihre Völkerkunde die Geschichte,
in der sie als Ganzes handelnd auftreten. Anders dagegen
bei den Völkern, die noch im Werden begriffen sind, im
flüssigen Zustande der Umbildung, wo alle die in der Mutterlauge
aufgelösten Grundstoffe ethnologischer Werthe in gegenseitige
Wechselwirkung treten, damit nach den Proportionen der
Mischungsverhältnisse das einheitlich Ganze daraus hervorgehe.
Hier ist es die Ethnologie, die die Geschichte bildet und die
allein die nöthigen Aufklärungen und Anleitungen geben kann.
Während deshalb die Ethnologie in Europa nur geringe und
vereinzelte Bedeutung besitzt und ausser bei theoretischen Fragen
keine Berücksichtigung beanspruchen k an n , findet sie desto
umfassendere Arbeiten vor, wenn es sich um die Kenntniss
aussereuropäischer Länder handelt, überall d a , wo nicht Staat
mit Staat, sondern Volk mit Volk verkehrt, oder wo es vielleicht
noch g a r kein Volk giebt, sondern erst die ethnologischen Elementarstoffe,
aus denen später ein Volk zu werden verspricht.
In dieser Hinsicht ist der Lehrwerth der Ethnologie lange verkannt
worden. Obwohl eine in alle Lebensverhältnisse eingreifende
Wissenschaft, wurde sie höchstens hie und da durch die
Neugierde des Publikums eines kurzen Blickes gewürdigt und
musste sich begnügen, wenn man ihren profanen Kunstproducten
ein bescheidenes Winkelchen in Raritäten-Cabinetten zwischen
den übrigen Sammlungen der Museen einräumte. Seitdem indessen
die Dampferlinien und Telegraphen begonnen haben alle
Theile des Erdballs zu umspannen, uns mit den fernsten Winkeln
desselben in unmittelbare und ununterbrochene Verbindung
zu setzen, ist die Ethnologie aus dem bisherigen Dunkel hervorgetreten
und versucht allmälig das allzu lange entzogene Territorium
ihrer eigenen Domäne zurück zu erkämpfen. In allen durch Seeverkehr
und Colonialbesitz mächtigen Nationen beginnt die Ethnologie
ihrem vollem Gewichte nach gewürdigt zu werden, in
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