Japan.
Am 6. Juni begab ich mich wieder an Bord des Kriegsschiffes,
das um vier Uhr Nachmittag aus der Bucht Manillas
hinausdampfte, und sahen wir während der Nacht von den Ufern
die Lichter der dortigen Ansiedlungen herüberblinken. Auch am
folgenden Morgen war das Land noch in Sicht. Das Wetter war
anfangs schön und ruhig, aber am 9. Juni wurden die Anzeichen
stürmisch und während der Nacht wüthete ein furchtbares Unwetter
mit Donner und Blitz und starkem Regenfall. Wir befanden
uns jetzt in dem Kanal von Formosa, einer der gefährlichsten
Localitäten in dem durch seine Typhoone und die
noch nicht genügend auf den Karten niedergelegten Untiefen
überhaupt berüchtigten Meere von China, da es nicht nur in
fast jeder Jahreszeit heftigen Stürmen ausgesetzt, sondern zugleich,
neben seinen Inseln, mit Felsen und Klippen gefüllt
ist, von denen verschiedene Bänke bilden, die unter der Wasserfläche
bleiben oder doch nur so schwach davon bedeckt sind,
dass sich die Brandung auf denselben kaum erkennen lässt,
wenn auch das übrige Meer durch Winde aufgewühlt ist. Schon
einmal, im Jahre 1854, hatte ich diese Strasse unter etwas
kritischen Verhältnissen passirt, auf der Reise von St. Francisco
nach Hongkong, indem wir derselben durch einen heftigen Sturm
entgegengetrieben wurden, nachdem ein fortdauernd bewölkter
Himmel für acht Tage astronomische Beobachtungen unmöglich
und deshalb unsere Position sehr unsicher gemacht hatte. Auch
war es fast ein Mirakel, dass wir der vom Lande abliegenden
Klippe entkamen, da nur noch eben vor Dunkelheit ihre Brandung
dicht am Steuerbord bemerkt wurde, nachdem wir kaum
erst Anzeichen von der Nähe des Landes durch eine die Berghöhen
Formosas zeigende Wolkenöffnung erlangt hatten. Diesmal
war die Lage gleichfalls, trotz der zuverlässigeren Führung, der
man sich auf einem Kriegsschiffe bewusst ist, nicht ohne Gefahr.
Gerade in derjenigen Stunde des Vormittags, wo wir uns der
Berechnung nach an den Cumbrianreefs befinden mussten, stürzte
der Regen in solchen Wassernüssen vom Himmel herab, dass
sich kaum durch sie hindurchsehen liess, und das vom Sturm
umhergeschleuderte Schiff war fusshoch au f dem Deck über-
fluthet, theils durch das von Oben herabströmende W asser, theils
durch das aus dem Meere aufgeschöpfte. Das Geheul des Windes,
das Geprassel des niederschlagenden Platzregens, die Explosionen
des Gewitters machten ein Commando fast unmöglich, und das
Schiff müsste ruhig in seinem Lauf gelassen werden, da sich
doch nichts unterscheiden und erkennen liess. Genau zu bestimmen,
wo wir uns befanden, war natürlich unmöglich;, als
jedoch am Nachmittag der geöffnete Hügel des grossen Toboga-
Betel Sima in Sicht kam, zeigte sich aus der nachträglichen
Absteckung, dass wir genau genommen gerade über den Vele
Rete Rock fortgefahren sein mussten, also jedenfalls dicht
daran vorbei. Später brach auch die Küste vom kleinen Toboga-
Betel aus dem Gewölk hervor, aber die ganze Nacht blieb das
Wetter unruhig und die See hohl. Am nächsten Morgen sahen w ir die
Berge auf der Nordküste Formosas, das Wetter wurde ruhiger,
die bewegte See legte sich, und drei Tage später (Juni 15.)
zeigte sich, nach dem Vorüberfahren an der Insel Kokosi, die
vorspringende Spitze am Eingänge der Bai von Nangasaki.
Ein reizendes Landschaftsgemälde erquickte plötzlich unsere bis
dahin durch die Einförmigkeit des Seehorizontes abgematteten
Augen, als wir um zwei Uhr Nachmittags in das geschlossene
Binnenwasser hineindampften. Grüne Hügel, die in einer Mannigfaltigkeit
von Gipfelerhebungen wechselten, schlugen sich in
einer vielfach gewundenen Kette von vorspringenden Klippen
von zurücktretenden Einbuchtungen um den klaren Meeres