der seinem Herrn Bericht Uber die aus dem Osten angelangten
Fremden zu senden hatte.
Während der Nacht passirten wir die rundgestreckten Hügel der
Insel Pulo-Kondor und kamen am 5. März spät Abends in Sin-
gapore a n , in New-Harbour landend, wo ich die Freude hatte,
von meinem Bruder empfangen zu werden, und ihn nach dem
Landsitze des Handlungshauses Büsing, Schroeder et Co. begleitete.
Alle Europäer nehmen ihre Wohnung auf einer der überall die
Insel durchziehenden Hügelkuppen, ausserhalb der Stadt und in solcher
Entfernung, dass sich diese leicht jeden Morgen mit einer Equipage
erreichen lässt, um die Comptoirstunden dort zu verbringen;
Gegen Sonnenuntergang fährt man dann wieder nach den Gärten
hinaus, um dort zu diniren und die Abende im Genüsse der
kühlen Brisen zu verbringen. Der der erwähnten Firma, die damals
von Herrn Wagner geleitet wurde, gehörige Hügel ging
unter dem Namen Sweet Briar’s hill und war geschmackvoll mit
Gartenanlagen umgeben, sowie mit Fruchtbäumen, die Herr Bii-
sing bei seinem früheren Aufenthalte dort angepflanzt hatte. In
der Nähe wohnten mehrere der anderen Deutschen, die den angesehensten
Theil der Kaufmannschaft in Singapore ausmachen,
und unserem Hause gegenüber lag der deutsche Club, mit Lese-
und Spielzimmer, sowie mit Concerträumen.
Auf Singapores Bedeutung als Handelsplatz oder eine ausführliche
Beschreibung dieser Stadt brauche ich nicht weiter einzugehen.
Singapore ist oft genug dem Publikum vorgeführt
worden, und Touristen sprechen meist mit Entzücken von dem
romantischen Einblick in den Osten, den das Nationalitäten-Ge-
wimmel seines Hafens gewähre. Auf den Reisenden jedoch, der
die Völker in ihrer Heimath gesehen h a t, kann das verzerrte
Conterfei derselben in Singapore nur einen widerwärtigen Eindruck
machen, oder doch jedenfalls einen unbefriedigenden, wie wenn
er die unter dem blauen Himmel des Südens wogende Palme in
der Verkrüppelung einer nordischen Treibhauspflanze wiederfindet.
In Singapore sieht man Chinesen, Hindus, Birmanen, Siamesen,
Araber, Perser, Javaner und andere Insulaner, aber keiner trägt
sein echtes und charakteristisches Gepräge. Der Sohn aus dem
Reiche der Mitte bleibt durch sein Clanverhältniss stets mit diesein
verknüpft. Und obwohl er jetzt nicht mehr zur Rückkehr
verbunden ist, obwohl er, wie in Batavia und Manilla, auch in
Singapore anfängt ansässig zu werden, so schlägt er doch auf
fremdem Boden keine feste Wurzel, er verheirathet sich vielleicht
mit den Töchtern des Landes, aber er bildet keine Familie, und
ein Chinese ohne Familie ist ein Fisch ohne Wasser. Dann die
armen Birmanen und Siamesen, die durch die Strassen Singapores
dahinschleichen, ohne ihre himmelaufstrebenden Pagoden,
ohne ihre Bonzen, die sie füttern dürfen! Die bengalischen Las-
cars, die Kling aus dem Deccan, man sieht sie vor kleinen
Zeltchen beten, mit bunten Fähnlein geschmückt, aber man denkt
an ihre prachtgeschmückten Tempel, die daheim auf Indiens Erde
stehen. Und der Araber, der seinen Gebetteppich breitet, der heimlich
und verstohlen den Kiblah Mekkas sucht! Dort von deinen Moscheen
sehlägt laut und kühn an’s Ohr der Ruf, die Stunden des
Tages: Allah Akbar, durchtönt es die Stille der Nacht: Allah A k b a r;
hier, im Lande der Ungläubigen, suchst du dich furchtsam ihren
■Blicken zu entziehen, da man deiner spottenmöchte und hier nicht mit
■Steinen geworfen werden darf, wie im heilig römisch-mekkaischen
¡Reich. In Singapore findet man nur kümmerliche Schattenbilder der
[glänzenden Gemälde, die im Osten an den Augen vorübergezogen
sind, und man wendet bald den Blick ab, um die Illusion der Erinnerung
nicht zu verderben. Einigermassen begründetes Anrecht
¡auf Beachtung hat in Singapore nur der Malaye, und ich enga-
girte deshalb für den unvermeidlichen Aufenthalt einiger Wochen
leinen malayisehen Lehrer, theils um das Malayische meiner
■früheren Reise wieder aufzufrischen, theils um einige Punkte aus Iider malayisehen Literatur mit ihm zu erörtern.
[ Ihre niedlichen Pantan sind vielfach übersetzt. Man kennt
^ J l i e Erzählungen, die Geschichten der Malayen und ihre Genealo
g i e n , aber was die Malayen selbst eigentlich sind, davon weiss
■man im Grunde nichts, obwohl Andere so viel davon zu wissen
T glauben, dass gewöhnlich die javanischen Niederlassungen au f
I Singapore als malayische bezeichnet und dann diese Namen in
■weiterer Rückwirkung auch für Menangkabow zur Geltung gelbracht
werden sollen.
Den alten Alphabeten der Philippinen (Ylocano, Bataugas,