die Macht des alten Kamakura, als der siegreiche Joritomo diesen Sitz
seines Ahnherrn Yoriyosi, nach Beendigung des langjährigen Zwistes
zwischen den Gensie und Feike, zur Residenz erwählte und durch den
Statthalter seiner Zwingburg Rokfara den kirchlichen Hof des Miako in
Unterwürfigkeit hielt. Als unter seinen Nachfolgern der Miako Go-Daijo
Intriguen mit unzufriedenen Lehnsfürsten anknüpfte, wurde er von dem
Regenten nach der Insel Oki verbannt und ein neuer Miako an seine
Stelle gesetzt. Indess gelang es diesem nicht, sich in seiner Würde zu
erhalten und den das Land durchwüthenden Sturm des Aufstandes zu
beschwören. Mit Hülfe seiner Anhänger wurde Go-Daijo aus seinem
Exil befreit; er zieht mit einem zahlreichen Heere gegen Miako, und der
in der Citadelle Rokfara eingeschlossene Gegenpapst, der jede Hülfe
auf Ersatz schwinden sieht, giebt sich selbst mit allen seinen Beamten
den Tod. Durch den Abfall des Generals Minamoto-no-Taka Udsi verstärkt,
belagert der Miako Kamakura, und die eroberte Stadt (1334) verfällt
rachsüchtiger Zerstörung, aus der je tzt nur ihre wenigen Trümmer
zurückgeblieben sind. Damit hat das Haus Fosiö aufgehört zu regieren,
und dann beginnt der Rivalenkrieg zwischen dem Miako des Nordens
und dem des Südens, bis sich mit der Abdankung des letzteren und der
Uebergabe der Reichsinsignien (1392) die Herrschaft des neuen Siogun
befestigt.
Jenseits der Waldeinsamkeit auf der Ruinenstätte des alten Kamakura
öffnet sich eine fruchtbare Ebene, aus der freundliche Dörfchen
hervorblicken, jedes mit seiner Mia oder Capelle auf einer kleinen Erhöhung.
Der Tempel Kwanon-Hafsedera-Kaikoso sehliesst die Figur der
Göttin Kwanon-sama ein, und daneben findet sich, von den Bäumen des
Aussenhofes umschattet, die gigantische Bronzefigur des Daibot, die,
50 Fuss hoch, in der Basis 120 Fuss im Umfange misst. Das Innere der
Statue ist in eine Betnische ausgearbeitet, 30 Fuss lang und 20 Fuss
b reit, eine Statue des Amida (des Omito-fuh der Chinesen) enthaltend.
Auf umhergestellten Kupferplatten waren Stellen der Religionsbücher ein-
gravirt und die Priester zeigten auf Nachfragen verschiedene Bücher chinesischer
und japanischer Schrift.
Im Tempel auf dem Hügel eines der nahegelegenen Dörfer fanden
wir die Riesenstatue des Kwanon, als Oki-Kwanon, des grossen Kwanon,
in seiner männlichen Wandlung, und in einer Seitencapelle das sechsbändige
Bild des Norin-Kwanon. In einem dunklen Recess, wozu der
Weg durch künstliche Felsschluchten führte, lag aufgerollt die Steinfigur
der Schlange Bentensama, der Schlange des dunklen Hauses, und
kegelartig gewundene Steine, sowie verschiedene Arten von Versteinerungen
waren vor derselben niedergelegt. In den anstossenden Gärten war
eine ßuchstabirschule eingerichtet, in der die Kinder vor niedrigen
Tischen sassen und von einem P a a r alter Bonzen unterrichtet wurden.
Die japanische Religion des Sintodienstes weist durch die Verehrung
der Kami auf die Eingeborenen des Landes zu rü ck , von einem verwandten
Stamme der Ainos, die gleichfalls die Kamoi anrufen. Der von
seinem Hofstaat oder den Dairi umgebene Miako repräsentirtden Archiereus,
wie der Vorsteher des Priestercollegiums in Cypern, und auch auf dieser
Insel des Aphrodite-Dienstes kannte man das japanische Institut der Spione
in den Kolakes oder sogenannten Schmeichlern, die sich in Gerginen und
Promalangen theilten. Das Geschlecht des Miako war ein unsterbliches,
und so oft dem Sonnensohn leibliche Nachkommenschaft fehlte, wurde
ihm von seinem himmlischen Ahnherrn ein Sohn gesandt, den man unter
einem Baume, dem Palaste des Miako gegenüber, findet.
Die Einführung des Buddhismus in Jap an ist eine verhältnissmässig
neue. Von dem 34. Miako, der 645 —650 regierte, wird erzählt, dass
er eine 16 Fuss hohe Bildsäule Saka’s aufrichten liess, nachdem das
erste Bildniss unter dem 30. Miako durch eine Gesandtschaft des Königs
von Korea nach Jap an gelangt war. Man blieb anfangs zweifelhaft, ob
diese ausländische Religion zuzulassen sei, indem die Japanesen solchen
Neuerungen stets abgeneigt waren und sich hartnäckig genug gegen den
jetzt vollzogenen Abschluss der Verträge gewehrt haben. Auf eine Zuschrift
König Wilhelm’s II. von Holland, der sie * im Jahre 1844 aufforderte,
den veränderten Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen und sich
durch das Beispiel der im Kriege mit England unterlegenen Chinesen
warnen zu lassen, antworteten sie — nach Levissohn — dass die Vorfälle
in China sie gegentheils nur in ihrem System der Absperrung bekräftigen
würden. Die Holländer hätten sich freilich immer als Freunde gezeigt und
könnten wie früher zum Handel in .Desima zugelassen werden, aber —
setzten sie hinzu — wir werden uns hüten, auch denanderen Völkern Zutritt
zu gestatten. Leicht kann man einen Damm in gutem Stand erhalten,
schwer ist es hingegen, die Erweiterung bestehender Risse zu verhindern.
Das war der Regierungserlass vom Jahre 1845, aber schon zehn Jahre
später kehrte Capitän Adams mit der vollzogenen Ratification des Vertrages
von Amerika nach Japan zurück. In einem von Professor Neumann mit-
getheilten Briefe schreibt ein japanischer Philosoph dem chinesischen
Dolmetscher, dass Leidenschaften und böse Lüste schnell die Oberhand
erhalten, wenn im Verkehr der Menschen untereinander nur Gewinn,
einzig und allein Gewinn die Triebfeder ist. „Das Hauptübel eines solchen
Reiches ist das allgemeine Laufen und Rennen nach Gewinn. Das
Verlangen darnach ist jetzt bei allen Menschen gleich und ist die Ursache
aller Uebel. Confucius sprach selten von Gewinnsten, weil er die Sucht
in ihrem Ursprünge ersticken wollte. Aus demselben Grunde hinderten
auch meine Vorfahren alle Verbindungen fremder Nationen mit Japan.
Der Wunsch nach Gewinn ist freilich in der Bevölkerung allgemein, und
wenn dann die Massen durch die wunderlichen Künste zur Erforschung
der Grundursache in den Dingen getäuscht werden, so geschieht es, dass
sie sieh über das Suchen nach Gewinn, wie über die Fragen nach dem