im Pflanzern eich zur Aufklärung derjenigen, die im Thierreiche
herrschen.
Die Naturwissenschaften sind jetzt an die Grenze des Körperlichen
gelangt, es ist ihnen gelungen, die Methode ihrer exactempirischen
Untersuchungen auch in der Lehre von den Lebensprocessen
zur Geltung zu bringen, sie haben nicht nur das
vegetative, sondern auch das animalische Leben von willkürlichen
Erklärungsweisen gereinigt und auf sichere Gesetze zurtick-
geführt, sie haben selbst die Nervenvorgänge in den Sinnesorganen
forschend zersetzt und in die Fesseln fester Gesetzlichkeit
gelegt, sie haben die Vorgänge im Auge und Ohr nach
ihien neurologischen Beziehungen sowohl, wie nach ihren acu-
stischen und optischen zu Tage gefördert, bis zu dem Moment,
wann die physikalische Schwingung im Nervenzittern verklingt.
Dort stehen sie jetzt * das ist ihre Markscheide. Eine fast un-
merkliche Linie scheidet Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft
auf ihren Berührungspunkten, aber je weiter sie nach auseinander
laufenden Linien sich davon entfernen, desto mehr
gewinnen sie den Charakter unvereinbarer Gegensätze. Die
Versuche, vom Lager des Materialismus aus die hinüberführende
Brücke zu schlagen, werden vergeblich bleiben, denn die vereinigende
Wölbung kann nur dann hergestellt werden, wenn
man sich von beiden Seiten entgegen- und in die Hände arbeitet.
Dafür ist zunächst die Psychologie als naturwissenschaftliches
System inductiv aufzubauen, hat sie die Grundthatsachen des
Bewusstseins festzustellen, die psychologischen Elementarstoffe in
ihren specifischen Gewichtsverhältnissen und relativen Aequiva-
lenten zusammen zu ordnen und die unter ihnen herrschenden
Gesetze der Neubildung und Fortentwicklung im organischen
Wachsthumsprocesse zu untersuchen. Die inductive Forschungsmethode
setzt als selbstverständliche Vorbedingung das Vorhandensein
von Thatsachen voraus; so lange die Objecte nicht
angesammelt sind, ist es nutzlos, mit einer Methode zu spielen,
die sie anordnen soll, und fe rn e r: so lange die Ansammlung eine
unvollständige bleibt, ist es gefährlich, allgemeine Gesetze ableiten
zu wollen. So überreich das Geistesreich an Objecten
is t, so wenige finden sich daru n te r, die für die inductive
Forschungsmethode zu verwerthen sind, da diese für ihren langsamen
und behutsamen Fortschritt vom Einfacheren zum Zusammengesetzteren
zunächst die Kohmaterialien verlangt, wie sie
rein und ursprünglich aus der Hand der Natur hervorgegangen
sind.
Solche Grundstoffe des Denkens mangeln in der Psychologie,
soweit sie ihre Thätigkeit au f die individuelle Seelenlehre beschränkt,
sie können nur in einer den geistigen Horizont der
Gesellschaftskreise durchforschenden Psychologie beschafft werden,
indem sie vergleichend die Gedanken zusammenträgt, wie sie
von Stämmen, von Völkern, von Nationen gedacht sind und sich
organisch aus einander weiter entwickelt haben. Die vergleichende
Psychologie hat ihre primitiven Grundstoffe nicht in der Selbstbeschauung
der Persönlichkeit zu suchen, wodurch sich nur
Producte secundärer oder tertiärer Bildungen gewinnen lassen,
sondern in denjenigen Thatsachen, die uns die Ethnologie in
dem Studium der verschiedenen Volksstämme liefert und die sie
besonders auf dem Gebiete der socialen und religiösen Ideen
in einer für comparative Behandlung genügenden Fülle zu gewähren
vermag. Haben wir allmälig die Geisteswissenschaft
auf ihrem eigenen Gebiete und ihrer eigenen Eigentümlichkeit
gemäss in das System einer naturwissenschaftlichen Disciplin
zusammengefasst, dann mögen wir ohne Furcht vor Irrungen
ihre selbstgebotenen Berührungspunkte mit den anderen Zweigen
der Naturwissenschaft festhalten und den psychologischen Kern
des auf historisch-ethnologischem Wege gewonnenen Gedankens,
wie er aus dem Sprachaustausch im primären Gesellschafts