sicl1 attiser der ■wissenschaftlichen und realen Aufgabe als weitere die
Bedeutung, kulturelle.
„Wir bringen eine schön’re Welt . . .“ Die wahre, echte Kultur,
die vervollkommneten Werkzeuge des Friedens zu bringen und ihre
Handhabung zu lehren, die Ergebnisse jahrhundertelangen Ringens
höher stehender Nationen, und damit die noch auf tieferer Stufè
•stehenden Eingeborenen emporheben; die Religion der Menschlichkeit
und der Bruderliebe zu verkündigen : das wäre die menschlich schönste
Aufgabe! In solch idealer Vollkommenheit sie zu lösen, bleibt freilich
ein idealer Wunsch. Um das zu können, müfsten wir Kulturmenschen
selbst innerlich bessere Menschen sein als die „Wilden“. Das sind wir
leider nicht; wir sind n u r zahmer, aber nicht besser. Was wir lehren
sollen, thun wir seihst nicht. Wir verzehren unsere liehen Mitmenschen
allerdings nicht mehr im buchstäblichen Sinne, wohl aber im figürlichen.
Den Kampf ums Dasein kämpfen wir Kulturmenschen so gut noch wie
jene Naturmenschen, höchstens weniger offen, weniger ehrlich als diese;
wir kämpfen ihn „rastlos und unerbittlich verzehrend von Mann gegen
Mann, von Weih gegen Weib, von Volk gegen Volk, von Klasse gegen
Klasse, von Stand gegen Stand, in unzähligen und huntwechselnden
Formen, aber im Wesen immer dasselbe: Krieg aller gegen alle.
Im Verlauf desselben tö n t dann und wann in das Höllengetöse des
wüsten Kampfwirrsals eine Stimme herein wie aus Himmelshöhen und
verkündet Frieden un ter den Menschen; so der Buddhismus, so .das
Christentum. Die Völker horchen aufj staunen ob der frohen Botschaft,
fühlen zerknirscht: ja so wäre es gut und schön, wir Menschen
sollten Brüder sein; und morgen treiben sie es, wie sie es
gestern getrieben“. (Scherr.)
Verzeihung für meine Abschweifung. Ich stehe schon wieder auf
festem Boden; auch hei der kulturellen Aufgabe. In der Wirklichkeit
bleibend, können und sollen wir sie in menschlich schöner Weise be-
thätigen: lehren wir den Naturvölkern den Gebrauch unserer Geräte
für Ackerbau und Gewerbe, lehren wir sie mildere Sitten und —
halten wir ihnen möglichst lange unsere, aus der Kultur geborenen
Laster ferne.
w ^ s t a tü m Der Eingebome wird in einer Station entweder eine Zwingburg
äer sehen, oder den Entschlufs des Weifsen, ein „Dorf“ hei ihm zu bauen,
bomeo- mit Freuden begrüfsen. Das erstere wird der Fall sein, wenn das
Gewehr vorher gesprochen hat. Dann ist es Aufgabe des Stationschefs
— stets eingedenk, dafs eigentlich der Weifse der Eindringling
is t, der Neger in gerechter Notwehr gehandelt h a t —, auf friedlichem
Wege die Eingebornen an sich heranzuziehen, ih r Vertrauen zu gewinnen.
Durch Voranstellung der kulturellen Aufgabe mufs er das
thatsächlich mit Festsetzung in einem fremden Gebiet begangene Unrecht
in civilisatorische Segnung wandeln.
Häufiger tr itt das zweite Moment ein. Aus den am Schlüsse des
vorigen Abschnittes geschilderten Leidenschaften wird das Verlangen
nach dem „Besitz“ des Weifsen herausgeboren und der Bau einer
Station befriedigt ja dieses Verlangen. Der Habsucht h ä lt der Stolz
fast die Wage. Ich finde in meinen Aufzeichnungen an verschiedenen
Stellen die Bemerkung über die Freude, über den Stolz Garegas
darüber, dafs der Weifse bei ihm sich niedergelassen. So oft Gesandtschaften
anderer Stämme zu ihm kamen, hei den grofsen Tänzen im
Dorfe drüben b a t er jedesmal durch eine feierliche Einladung um
unser Erscheinen; und man konnte ihn empfindlich strafen, wenn man
dieser Bitte nicht Folge leistete.
Ein weiterer Umstand tr itt hinzu, den Eingebornen die Anlage
einer Station begehrenswert zu machen: das Gefühl der Sicherheit,
des Schutzes; zum mindesten, wie es bei Garega der Fall war, die
Hoffnung auf Unterstützung bei Ausdehnung des Machtbereiches.
Das wird vielfach mit den k o l o n i a l e n Interessen des Europäers
zusammenfallen. Ich erinnere mich noch sehr wohl, dafs
Ende 1891, nachdem die neue Feuerwaffe des Weifsen bei Bestrafung
verräterischer Dörfer so kräftig mitgesprochen h a tte , nachdem die
Salven des bestausgebildeten Zuges meiner Schutztruppe das Staunen
fremder Gesandtschaften hervorgerufen und beides rasch weit im Lande
bekannt geworden, einige mehrere Tagemärsche nördlich Baliburg
wohnende Stämme um Anlage von Stationen hei ihnen baten. Die
Veranlassung war das Gerücht von einem Krieg im Norden; wahrscheinlich
eine von den Herrschern in Gaschka und Donga unternommene
gröfsere Sklavenrazzia.
In Bethätigung der drei Aufgaben nach wissenschaftlicher, realer stai
und ethischer Richtung sind die Stationen in einer Kolonie die Träger 13
der . Aufgaben der Kolonie selbst. Denn Stationen sind das Knochen- d"
gerüst einer Kolonie. Ein paar Faktoreien, ein paar Plantagen, an
der Küste klebend, sind noch keine solche. —
Im Schall des ersten Axthiebes gegen den ersten Baum des unberührten
Urwaldes, den der Weifse zum Bau einer Station fällen lä ß t,
erklingt das Mahnwort für ih n , dieser dreifachen Pflichten fortan zu
gedenken. Zugleich damit aber durchzieht ein Gefühl der Schaffensfreudigkeit
die Brust, das, ebenso wie jenes der schrankenlpsen Freiheit