V ölkerver-
h ältnisse i:
Adamaxia-
V ölkerver-
schieb ungen
in Adamauaalso
au f den Abschnitt selbst. Der dritte und sicherste aber ist die
Geschichte. Diese, in Verbindung mit sorgfältig beobachteten bezw.
er ragten ethnographischen und anthropologischen Thatsachen, ist es,
16 lch hauptsächlich der eben genannten Karte zu Grunde gelegt
habe. Auch hierin d a rf ich Richtigkeit, nicht aber Vollständigkeit
(wie man ja aus der Karte schon ersieht) behaupten. D a 'm u fs ich
n nun weiter ausholen und A d am a u a mit hereinziehen.
Adamaua zerfällt in mehrere, kleine Sultanate mit ziemlich poli-
' fascller Selbständigkeit un ter dem Grofssultanat Jola. Das letztere
steht, allerdings in sehr lockerer Form, un ter dem Sultan von Sokoto,
em religiösen Oberhaupt der mohammedanischen Haussastaaten im
ganzen westlichen Sudan, dem „sseriki musulmin“. An ihn haben Jola
und seine üntersultanate Tribut in Gestalt von Elfenbein und Sklaven
zu entrichten.
Die Bewohner Adamauas bestehen aus Ureinwohnern und aus
fremden Eindringlingen.
Die ersteren werden wir gleich bei Besprechung der eigentlichen
Graslandsstämme kennen lernen. Sie sind Heidenvölker, „H a d n a “
genannt. Die Eindringlinge, die Eroberer, zerfallen wieder in „H a u s s a “
und „ F u ll a “ ; letztere auch „Fullani“ oder „Fulbe“ oder „Pullo“ genannt.
Fulla und Haussa sind die Herrscher; beide Mohammedaner.
ie iu lb e , die ein in Bezug auf Abstammung und ursprüngliche
Heimat immer noch einwandfrei ungelöstes afrikanisches Völkerrätsel
sind, haben bekanntlich helle Hautfarbe, semitische Gesichtszüge und
langes, schlichtes Haar. Die Haussa — Neger — haben sich von den
eigentlichen Haussastaaten Sokoto und Gandu über ganz Adamaua
verbreitet. Wie man die Fulla die Kriegerkaste nennen kann, so
sind sie das geborene Händlervolk.
Die Ureinwohner Adamauas hatten und haben noch zwischen
drei Losen zu wählen: entweder sich zu unterwerfen und den 'Islam
anzunehmen, oder auszuwandern, oder den Versuch zu machen, ihre
Unabhängigkeit zu behaupten. Wohl gleich beim Hereinfluten der
Eroberer h a t sich ein Teil der Autochthonen entschlossen, nach
Süden auszuweichen und seine Wohnsitze in dem schmäleren Süd-
Streifen des Graslandes aufzuschlagen, im e ig e n t lic h e n G ra s la n d .
Ein anderer Teil h a t eine Zeitlang seine Freiheit zu wahren gesucht
und ist n u r schrittweise gewichen. Zuerst zog er sich wahrscheinlich
in das Bergland, von dem ich einen Teil, den östlichen, als
geographische Grenzseheide zwischen Adamaua und den Baliländern
beobachtet und auszuzeichnen versucht habe, sowie in die nordöstlich
davon liegenden Bergketten (siehe S. 303). Hier war das Gelände
zum Widerstande günstiger. Diese bergigeren, walddurchwachsenen
Gegenden boten gröfsere Sicherheit, namentlich gegen die gefürchtete
Reiterei der sklavenjagenden Haussa - Fullani. Aber auöh hierher
haben dann diese die Flüchtlinge verfolgt, sie vernichtet oder in
Sklaverei ausgeführt. Was diesem Schicksal entging, ist weiter nach
Süden gezogen und h a t sich in die bereits früher beizeiten gleich
hierher gewanderten Landgenossen hineingeschoben. So h a t sich
denn von selbst allmählich ein menschen- und damit lebensmittelleerer
Gürtel gebildet, zu beiden Seiten der eingezeichneten Süd-
und Südwest Grenze Adamauas gelegen: ein Annäherungshindernis
gegen die Bedränger im Norden. Und bis zur Stunde sind die E roberer
über dieses nicht weiter nach Süden bezw. Südwesten nachgefolgt.
Wenigstens nicht in gröfseren Massen mit kriegerischen Absichten.
Handelskarawanen ziehen bisweilen bis Bamungu; bis Bafuen
und Baf'ut sind einzelne Haussa und Fulla gekommen.
Solche Einzelreisende werden mit grofsem, vielleicht nicht unbe- Furch t vor
rechtigtem Mifstrauen von den Bewohnern betrachtet. Die Bafut haben I'ullä‘-
vor Jahren einige „weifse Männer“, zweifelsohne Fulla, die zu ihnen
vielleicht thatsächlich mit Erkundungshintergedanken kamen, einfach
totgeschlagen. Nicht zum letzten auf diese Furcht mag die feindselige
Haltung mancher Graslandstämme gegen unsere Expedition zurückzuführen
sein. „Die Europäer sind hellfarbig wie die Fulbe auch, ein
paar Grade dunklere Farbe macht nichts aus; nun kommen die alten
Erbfeinde sogar vom Süden zu uns!“ So etwa ist der begreifliche
Gedankengang der geängstigten Stämme. Der Hafs gegen ihre Verdränger
aus den alten Sitzen, die Furcht vor den Sklavenjagden der
Fulbesultane ist noch heute sehr lebhaft und rege in den Baliländern;
und ich glaube schon erzählt zu haben, wie das Gerücht von einem
grofsen Kriege im Norden (jedenfalls ein Sklavenraubzug) sogar ein
paar feindselig gesinnte Stämme, die B ek om und B a fum , dazu
trieb, uns um Anlage von Stationen bei ihnen zu bitten. Als die
Gefahr verschwand, schwanden auch wieder die freundlichen Gefühle, ’
Die kolonialpraktische Nutzanwendung können wir aber (das
hier nebenbei bemerkt) aus dem Gesagten ziehen, dafs wir klüger
handeln, wenn wir uns diese Stämme zu Freunden machen und sie
gegen ihre alten Erbfeinde, die Adamauasultane, ausspielen, als mit
den letzteren uns wohl fü r den Augenblick anzufreunden, aber bald,
da wir ja docb ihre Sklavenjagden nicht dulden können, sie wieder
zu Feinden zu haben u n d d a n n n a tü r l i c h ih r e G e g n e r d a zu !:’—
H u t t e r , Wanderungen in Kamerun. g j