Hausmaclit
1/
Fronleistungen.
sehenden Geschlechtes, von den Beratungen u. s. w., also so ziemlich
von jedem o f f ic ie lle n Einfluis auf die Staatsangelegenheiten, ausgeschlossen.
V o rn e hm e und H ö rig e . Der mitberatenden Stellung der E r s te r e n
im Gemeinwesen, ihres Adelsstolzes, der sie dem herrschenden Geschlechts
ebenbürtig sich fühlen läfst (darum erscheinen auch sie
nie ohne Gefolge, haben auch sie ihre „Empfangstage“ wie der Häuptling)
habe ich bereits Erwähnung gethan. Sie sind, wenn ich mich
eines Kulturvergleiches bedienen will, adelige Grofsgrundhesitzer.
Als solcher, mit den nachstehenden Konsequenzen, mufs auch der
Häuptling, abgesehen von dieser seiner Würde, betrachtet werden.
(Man denke an die mittelalterlichen deutschen Kaiser.) Auf der Stärke
seiner „Hausmacht“ beruht auch zum guten Teil die seines Königtums.
Ih r Einflufs, ihre Machtstellung im Staate hängt namentlich von
der Zahl der Hörigen ah; also von der Stärke der Hausmacht.
Diese, d ieH ö r ig e n , ursprünglich vielleicht entweder freie Stammesgenossen
oder, zum gröfseren Teil wohl, Angehörige der unterworfenen
Ureinwohner, stehen in einem ziemlichen Abhängigkeitsverhältnisse zu
ihrem Lehnsherrn, ihrem „patronus“. Man kann sie geradezu als seine
Gefolgschaft (Hausmacht) im Krieg und Frieden bezeichnen, Abgaben
an ihn müssen geleistet, Fronforderungen mufs nachgekommen werden.
Auch richterliche Gewalt übt der Gefolgsherr. Daneben betreiben sie
kleinbäuerliche Farmenbewirtschaftung auf eigener Scholle oder üben
irgend ein Handwerk, einen der kleinen Industriezweige aus.
Eine strenge Unterscheidung, das zur Verhütung von Mifsverständ-
nissen hier vorweg bemerkt (Näheres siehe S. 382, 398, 412), in
Bauern und Gewerbetreibende darf man sich natürlich nicht vorstellen.
Es fertigt sich so ziemlich jeder Graslandneger seinen Hausbedarf an
Haus-, Feld- und Kriegsgerät selber, aber immerhin verlegt sich eine
oder die andere Familie auch auf irgend eine Specialität und bringt sie
zum Verkauf auf die Märkte im heimatlichen Dorfe oder nach auswärts.
Die am häufigsten von den Hörigen seitens ihrer Lehnsherren
geforderten Frondienste sind: Arbeit in den Farmen der Herren und
die Waffenfolge. Die Volks- und Privatzwistigkeiten mit anderen
Stämmen sind fast ohne Ende; und in letzterem Falle ist es meist
der Hörige (und der Sklave), an dem und mit dem Repressalien geübt
und genommen werden.
Daraus folgert die zweite bedeutende Rolle, die der V o rn e hm e im
Gemeinwesen spielt: er tr itt an der Spitze seines Gefolges als Führer
auf, wenn hei Stammesfehden das ganze Volk in den Krieg geht.
F re ie . Zwischen dem. Vornehmen und dem Hörigen steht auf der
socialen Leiter der' Freie. E r ist der Gemeinfreie des alten germanischen
Staatswesens; also an Freiheit und edlem Stamm ein Adliger
ohne Hausmacht. E r ist Bauer oder (und) Gewerbetreibender. Und
da ist es, dem kriegerischen Sinn der e in g ew a n d e r te n Graslandstämme
wenigstens entsprechend, strenggenommen nur ein Handwerk,
das als freies, d. i. eines Freien würdiges gilt: das Schmiedehandwerk.
Das heifst: dieses Handwerk wird nur von Freien ausgeüht; nicht aber,
dafs Freie nur dieses eine Handwerk treiben.
Rechtlich untersteht der Freie nur dem Stammesoberhaupt.
Sklaven. Diese nehmen die letzte Stufe der socialen Gliederung
ein. Jeder der vorgenannten socialen Bestandteile eines Stammes kann
Sklaven besitzen; ja es kommt vor, und das sogar nicht einmal selten,
dafs' Sklaven selbst wieder Sklaven sich halten.■ t.- t m Sklavenjagden Keine > I | Sklaveti
gröfseren Mafsstabes gieht es in den B a li lä n d e r n nicht; darin, wie auch jagaen.
in der milden Form der Sklaverei und dem Einzelkauf und -verkauf
finden wir hier die gleichen Verhältnisse in dieser Hinsicht wie im
Waldland (siehe Abschnitt V, S. 266), mit folgenden Einschränkungen:
einmal sind hier oben die Sklaven nicht wie dort der eigentlich geistig
und körperlich höher entwickelte Teil der Bevölkerung, sondern
stehen in beiden Richtungen ihren Herren nach: das geht, wenigstens
fü r die h e r r s c h e n d e n Stämme geltend, schon daraus hervor,
dafs eben die besiegten Ureinwohner zu Sklaven gemacht wurden.
Die weitere Verschiedenheit ist die, dafs in den B a l i l ä n d e r n die
Sklaven mit den Herren zusammen in den Stammesdörfern leben;
zur Zeit der gröfseren Farmarbeiten, lediglich aus Zeitersparnis u. s. w.
allerdings zum Teil in eigenen Farmdörfern draufsen bleiben (etwa
wie im Sommer unsere Almen bezögen werden).
2. S o c i a l e U n t e r s c h i e d e .
Scharf ausgeprägt is t, wie ich darzulegen versuchte, die sociale
G lie d e ru n g der einzelnen Klassen im Gemeinwesen, namentlich bei
den Eingewanderten; weniger schroff ist der sociale U n te r s c h ie d
zwischen reich und arm. Vorhanden ist ein solcher sehr wohl und
kommt in ähnlicher Weise wie bei uns zum Ausdruck: im stattlichen
Gehöft, in ausgedehntem Farmenbesitz, in reicher Bekleidung und
Schmuck, in kunstvoller Arbeit der verschiedensten Geräte u. dergl.,
oder aber im Gegenteil von all dem. Nicht zum letzten im Besitz
hezw. Mangel von Sklaven und Weihern, d. i. Arbeitskräften; also in
der Thatsache, dafs der reiche Neger nichts th u t und andere fü r sich
H u t t e r , Wanderungen in Kamerun. 2 3