schaftsweise stürmten die einzelnen Gruppen, voran ihre Führer, zur
Begrufsung heran, mit ihrem Kriegsgeschrei, die Speere schwingend
und die Gewehre in die Luft ahfeuemd.
In das Getöse dieses Scheinkampfes hinein ertönten nun gellend
die grofsen Heerhömer. Es tr itt Stille ein, und lautlos lauscht die
tausendkopfige Menge. Der »Rufer« verkündigt den vom Häuptling
mit dem Weifsen soeben abgeschlossenen Vertrag. Sodann werden
zwei Hühner gebracht und etwas Pfeffer, wovon wir zwei Weifse kauen
und in' den Schnabel der Hühner speien müssen. Dann geht der »Rufer«
mit den Hühnern in der Hand zu dem Kreise, in dem die Männer
kauern. Speere und Gewehre werden ihm entgegengehalten und, die
Reihen entlang schreitend, bestreicht er die Waffen mit den Köpfen
der Hühner und ruft dabei fortwährend: »gleichwie das Huhn, das
durch das Hineinspeien des Pfeffers in seinen Schnabel dem Weifsen
gehöre, so gehören ihm auch alle Waffen, die das Huhn berührt«, und
damit die Entscheidung über Krieg und Frieden. So ging’s in weitem
Kreise herum und jede Waffe berührten die Hühner. Dann tr a t der
»Rufer« mit den halbtot gemarterten Tieren wieder zu uns. Dr. Zint-
graff mufste das eine Huhn, ich das andere ergreifen, und hochschwingend
ihnen die Köpfe an der Steinpyramide zerschmettern.
Darauf knallten drei Schüsse, und die ausdrucksvolle Ceremonie war
zu Ende.“
Die Schilderung auch dieser Feier wäre nicht vollständig, fügte
ich nicht noch a n , dafs an sie sich ein fröhliches Palmweingelage
schlofs. Mächtige Kalebassen wurden herbeigeschleppt, Feuer entzündet,
und auf ihnen brodelte bald in grofsen Steintöpfen der Palmwein.
Und bis in die Nacht hinein kreisten hei flackernden Flammen
die Tnnkhörner. Ein ganz unheimlicher Zecher war einer vom Rate
Garegas, der mich, auch ein Hüne an Gestalt, an Held Haiwar zu
Yarl Frithjofs Zeiten gemahnte:
„Eins war dem Alten eigen,
Stets tran k zum Grund er rein
Und reicht das Horn mit Schweigen
Hann in den Kreis hinein.“
Der vorstehend genannte „Rufer“ ist gleichfalls ein eigenes Hofamt.
Ihm fä llt die Aufgabe zu, dem Volk in der Versammlung die
Gesetze und Beschlüsse, die auferlegten Verpflichtungen u. s. w.
mitzuteilen. Der in Bali als solcher Amtierende besafs eine auffallend
helle, ja gellende Stimme, und brachte seine Mitteilungen in
folgender Sprechweise vor: er stiefs eine Anzahl Wörter rasch nacheinander,
ganz, ohne Tonfall heraus, schaltete dann eine Pause
ein,: u. s. w.
Wird hei diesen Bekanntmachungen auf den Häuptling Bezug Anrede des
genommen, so wird nie der eigentliche Name desselben,: z. B. Garega
oder Gualem (so heifst der Bafuthäuptling), genannt, sondern es lautet:
„fo-N’Yong“ (Fon’yong; siehe S. 324 u. 427), :„fo-Fut“ (Fofut), „fo-Messon“
(Fomesson) u. s. w., d. i. Herr der Bali, Herr der Bafut, Herr von Ba-
messon u. s. w. Die Anrede lautet nur „fuon“ (abgeschliffen „fon“ und
„fo“), d. i, Herr; also etwa = unserem: Euer Majestät. Auch wenn er
von seinem Fürsten spricht, vermeidet der Unterthan aus achtungsvoller
Scheu, ihn beim Namen zu nennen, sondern sagt gleichfalls
„Fon’yong“ u .s . w., oder auch „babu“ d.i. Vater, Alter; selten unterläfst
e r dabei’ d ie , wenigstens angedeutete, Bewegung des Händeklatschens
(des ehrerbietigen Grufses). ,
Ich setze die Besprechung der Häuptlingsstellung fort, und habe
als eine weitere seiner Aufgaben die des A n fü h r e r s im K rie g e zu
beleuchten. Diese Thätigkeit war es wohl, wie wir gehört, die dem
herrschenden Geschlecht zur Häuptlingswürde einst verholfen hat.
Nunmehr aber, scheint es n a c h . fester Begründung dieser Stellung
allgemein in den Baliländem Sitte geworden zu sein, dafs der Herrscher
in einen A n g riffsk rie g nicht mehr mitzieht, sondern die Führung im
Feld seinem ältesten Sohn, dem Thronfolger, oder auch einem seiner
Unterhäuptlinge übergiebt. Im Verteidigungskampf stellt er seinen
Mann; ich erinnere nur an das oben gelegentlich der Völkerwanderung
der Bali geschilderte tapfere Verhalten Garegas.
Ich komme zur letzten der Thätigkeiten, die der . Führer eines
Volkes in seinem Kindheitsalter, in seiner Person zu vereinigen pflegt:
r e l ig iö s e s O b e rh a u p t. Das ist ein Graslandsherrscher voll und
ganz. Aber das will hier zu Lande nicht sehr viel besagen. Ich
habe schon an früheren Stellen angedeutet, dafs in diesen Gebieten
ein verhältnismäfsig harmloser und oberflächlicher Aberglaube herrscht;
von Fanatismus, Fetischismus keine Spur. Die meist .geradezu weihevollen,
religiösen, öffentlichen Ceremonieen verrichtet und leitet der
Häuptling als Oherpriester seines Stammes (siehe S. 428 u. f.).
Verfassungsmäfsig, wenn ich so sagen darf, geregelt ist die Thronfolge.
Thronfolge: stets der älteste von der legitimen Frau geborene Sohn
ist der Nachfolger in der Häuptlingswürde. Merkwürdigerweise aber
werden ■?-*-! so weitgehenden Einflufs auf Regierungsmafsnahmen der
Häuptling den Vertretern der Adelsgeschlechter : einräumt — sowohl
der Thronfolger als überhaupt alle männlichen Mitglieder des herr