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Bei Besprechung des bürgerlichen Lehens nach aufsen darf auch
eine friedliche Bethätigung desselben nicht unberührt bleiben: die
Märkte, wo gleichfalls das Leben der Gesamtheit pulsiert. Allerdings
erreicht der Markt- und Handelsverkehr bei den Graslandstämmen
nicht im entferntesten die Blüte, zu der ihn der Haussa in A d am a u a
entwickelt hat. Hier ist in jed e r gröfseren Stadt jeden Tag Markt,
und kann man nicht nur in Bezug auf Handels- und Luxuswaren
auch die weitgehendsten und verwöhntesten Ansprüche und Bedürfnisse
befriedigen; auf dem abgesonderten Lebensmittelmarkte sind
auch alle n u r denkbaren animalischen und vegetabilischen Landesprodukte
vertreten.
In den Graslanddörfem finden gröfsere Märkte nur alle fünf bis
aoht Tage statt, und zwar an verschiedenen Tagen und in verschiedenen
Orten, so ist z. B. in B a l i alle acht Tage grofser Markt, in B a fu e n
alle drei, in B am e s so n alle fü n f Tage u. s. w. Diejenigen Stämme,
welche in freundschaftlicher oder wenigstens Handelsbeziehung zu einander
stehen, besuchen gegenseitig diese Märkte als Käufer und Ver-
Gastfreunde. käufer. Die Auswärtskommenden nehmen bei Gastfreunden Absteigquartier.
Als Verkäufer bringen sie an Handelsgegenständen Speciali-
tä ten , wie jeder Stamm solche aufzuweisen h a t; so sind die B a li
besonders geschickt in Bearbeitung von Eisen zu Speerspitzen (auch
Haumessern), sowie in Anfertigung von Pfeifen und Thongefäfsen aller
A rt, Mützen und Basttaschen, die B am u n g u fertigen hauptsächlich
Messer, sowie Hacken zur Farmarbeit, B a g a m Pfeifenköpfe aus
Metall; andere Stämme wieder flechten Matten, andere bringen Lederarbeiten;
wieder andere legen den Schwerpunkt auf Erzeugnisse der
Landwirtschaft und des Bodens: Bame s son züchtet Schweine, Bafuen
das kleine afrikanische Rindvieh mit den gewaltigen Hörnern die
B a l i Kapaunen u. s. w.; von den 0 e i g e b i e t e n aus geht Palmöl,
vom W a l d l a n d überhaupt das sehr begehrte Rotholz weit hinauf
allenthalben hin. Elfenbein und Sklaven sind die wertvollsten Marktwaren;
werden aber eben wegen ihres Wertes und weil man die
Schätze, die dafür zu erlegen sind, nicht gern öffentlich zur Schau
tr ä g t, meist nachts oder tagsüber doch nur an entlegenen Orten oder
bei „verschlossenen Thüren“ verhandelt. Dazu werden Lebensmittel
aller Art feilgeboten, und so bietet ein grofser Markt in einem
Graslandsdorfe ein ganz belebtes Bild und gewährt Einblick in die
industrielle (Hausindustrie) und landwirtschaftliche Thätigkeit der
Stämme: Elfenbein, Sklaven, Körbe, Matten, Hacken, Töpfe, Messer,
Dolche, Speere, Wehrgehänge, Peitschen, Sandalen, Basttaschen, Kriegsmützen,
Pfeifen, Tabak, Schafe, Schweine, Ziegen, Hühner, Kola,
Honig, kurz die verschiedensten Farmprodukte. Um alle Schätze,
die mit lauter Stimme angepriesen werden, wogt und drängt sich
die Menge in verschiedenen Trachten: vom tobengekleideten Vornehmen,
der gravitätischen Schrittes, die Peitsche am elfenbeinringgeschmückten
Arme, und aus der Pfeife ab und zu einige Züge
rauchend, um sie dann einem der geleitenden Sklaven oder Weiber
zurückzugeben, daherwandelt, bis zum armen Buschmann, der angesichts
all dieser Pracht sein Fetzchen Zeug zwischen den Beinen
fester zieht, oder, im Zustande vollständiger paradiesischer Nacktheit,
wenigstens durch reichliches Einschmieren. des Körpers mit
Rotholz und Einstecken einiger Papageien- und Falkenfedern in den
Schopf seine Toilette zu verbessern sucht. An diesen grofsen Markt-
tagen ru h t jede F a rm - und sonstige Arbeit; sie können also als die Sonntag?
„Sonntage“ in dem Kalender des Graslandes bezeichnet werden. Diese
Sonntage fallen bei dem Balistamm auf unsere Freitage. Nun entspricht
bekanntlich bei den Mohammedanern eben der Freitag dem
christlichen Sonntag. Is t nun die Balisitte Zufall, oder aus ihrer
mohammedanischen Urheimat mitgebracht?
Aufser diesen gröfseren Märkten finden in jedem Graslandsdorfe
täglich an verschiedenen Plätzen des Ortes kleinere Märkte s ta tt, die
ganz das Gepräge unserer Wochenmärkte tragen, nur dafs hierbei
auch Gegenstände der Hausindustrie, wonach eben auch fast täglich
Nachfrage besteht, feilgeboten werden.
Gewöhnlich wird Ware gegen Ware ausgetauscht; doch h a t sich soheia«-
bereits auch eine Art Münze herausgebildet, die, gleich wie die Kaurimuschel
in Adamaua, für den Marktverkehr die Stelle des baren
Geldes vertritt. Es ist der „ntchang“, eine dünne, etwa bleistiftdicke
Eisen- oder Messingstange, armlang, die in einem mehrfach gewundenen
Ringe fest zusammengedreht ist. (Messing ist vom englischen Kalabar
her ein weit ins Innere bereits gedrungenes Metall, das die einheimischen
Schmiede sehr hübsch zu verarbeiten verstehen.) Der Wert
dieses „ntchang“ entspricht 1 Yard Zeug, d. i. etwa 25Pfg. nach unserem
Gelde. Dieser Reif wird auch als Armspange getragen: also zugleich
Geld und Schmuck (wie bei unseren Altvordern und noch je tz t -
beim Landvolke in Gestalt der als Knöpfe verwendeten Silbermünzen).
Der „ntchang“ ist aber nur Kleingeld; wertvollere Gegenstände, wie