Erreichung
der Südgrenze
W e st-A d a -
mauas
12. I. 1889.
Aber diesmal mufste Zintgraff auf ein weiteres Vordringen verzichten
und sich zum Rückzüge entschliefsen, „allerdings mit der festen
Absicht, sobald als möglich wiederzukehren und das unterbrochene
Unternehmen mit frischen Kräften einem glücklichen Ende entgegenzuführen“.
Schon am 19. Dezember 1888 tr a t der unermüdliche Reisende mit
175 Mann aufs neue von der Barombistation aus den Vormarsch an.
Leutnant Zeuner blieb zurück und klärte in kleineren Streifen
im Westen gegen die Stromschnellen des Calabar, im Osten gegen die
Bafaramaniberge auf.
Am 1. Jan u a r 1889 war Zintgraff wieder in Ntok Difang. Die
Banyang waren friedlichen Unterhandlungen abgeneigt und so mufste
in mehrtägigen Gefechten der Durchmarsch durch das Land erzwungen
werden. Am 12. Jan u a r erstieg der Forscher — der erste
Weifse, der je diese Gegenden betreten h a t — den Steilabfall der
westinnerafrikanischen Hochebene. „Endlich“ , schildert er diesen
bedeutsamen Augenblick, „schon haben wir die ersten wahrhaftigen
Grasbüschel des Hochlandes mit unseren Händen erfafst, die ersten
Blumen, bienenumsummte Blumen des Graslandes gesehen und gepflückt,
und um l l 40 V. stehen wir oben, 1400m hoch! Das fraXarw,
ftä la tza der Xenophontischen Scharen kann nicht froher erklungen
sein als das »grass, grass, massa« meiner Träger.“ Der Südrand der
Südgrenzgebiete von West-Adamaua war erreicht.
Nach einem weiteren Tagemarsch gelangte Zintgraff zu einem
der mächtigsten der diese Grenzdistrikte bevölkernden, menschenreichen
Stämme, den Bali und wurde von ihrem Häuptling Garega freundlich
aufgenommen. Nur zu freundlich. Wie bei den Banyang, so fand der
Reisende auch hier Schwierigkeiten bezüglich des Weitermarsches.
„Ernste Gedanken waren es“, lautet eine Stelle seines Tagebuches,
„unter denen ich einschlief. Garega, der bei grofser Macht ein Ansehen
über seine Leute besafs, wie ich es vorher noch nirgends gesehen
h a tte u n d , mit dem verglichen, die Häuptlinge in Kamerun als
ärmliche Dorfschulzen erschienen, war augenscheinlich ein Mann, der
hoch über den Negern der Küste stand . . . '. Die veränderte Stimmung
meiner Schwarzen verriet ähnliche Gefühle auch bei ihnen und
alles schien darauf hinzudeuten, dafs hier ein neuer Abschnitt in
meinem afrikanischen Reiseleben beginnen würde.“ Und einige Tage
später: „ . . . . hier konnte ich voraussichtlich noch längere Zeit“ (als
bei den Banyang) „festliegen müssen. Da war Geduld und Ausbarren
Geschichte der Forschungsthätigkeit im Nordgebiet von Kamerun u. s. w. 13
zunächst das einzig Richtige und der Gedanke an Gründung einer Station
■gewann festere Gestalt in mir.
Ich befand mich unter einer zahlreichen und aufgeweckten Bevölkerung
mit einem ebenso klugen, wie zäh seine Pläne verfolgenden
Häuptling an der Spitze, der sich einer fast schrankenlosen Gewalt
über seine Unterthanen erfreute. Dabei waren Volk und Herrscher
von einem tadellosen Verhalten mir und meinen Leuten gegenüber,
nur dafs sie uns zunächst nicht fortlassen wollten. Das Land selbst,
an 1300m hoch gelegen, schien gesund, fruchtbar und schön, auch
waren hier in der Nähe die eigentlichen Elfenbeingegenden. Wenn also
eine Station in diesen Gegenden angelegt wurde — und dafs dies
eines Tages der Fall sein mufste, unterlag keinem Zweifel 4 - so war
Bali der geeignetste Ort.
Eine auch nur wenige Tagereisen weiter ins Innere vorgeschobene
Station würde immer mit dem Neid der übersprungenen Stämme zu
rechnen, jedenfalls im Anfänge mit diesen zu kämpfen gehabt haben.
Wohl aber war Aussicht vorhanden, wenn man dieses kriegerische Volk
der Bali zu Freunden zu gewinnen und ihre Interessen fest und
dauernd an die unserigen zu binden verstand, mit den ferner wohnenden
Stämmen ebenfalls freundschaftliche Beziehungen anknüpfen zu
können.
Dies waren die durch das Schwierige meiner Lage noch annehmb
arer gemachten Gründe, die mich auf den Vorschlag Garegas, erst
nach längerem Aufenthalte bei ihm ins Innere vorzudringen , einzugehen
bestimmten, und damit war die Anlage einer Station beschlossene
Sache.“
Am 6. Februar 1889 erhob sich das erste Haus derselben. Zin t- d«
graff gab dieser Station, die der am weitesten nach Norden ins Innere J g 1889
vorgeschobene Posten war und bleiben sollte, den Namen Baliburg.
Nun aber drängte er zum Weitermarsch. Garega suchte auch
je tz t noch, wohl zum grofsen Teil aus Mifstrauen in das Versprechen
des Weifsen, wiederzukommen, denselben zu verzögern. Endlich am
25. April stand die Expedition marschbereit. Zunächst ging der Marsch
in Nordwestrichtung über Bandeng und Bafut — zwei Orte, die später
der Expedition so verhängnisvoll werden sollten und von denen das
letztere un ter seinem Häuptling Gualem auch diesmal schon den Untergang
plante, dem Zintgraff n u r durch Gewaltmärsche entging. Am
8. Mai erreichte er nach Überschreitung des Oberlaufes des Katsena-
Allah, eines Nebenflusses des Benue, ein Grenzdorf des Sultanats
Takum und tr a t damit in das eigentliche Adamaua ein.