
 
		Der eine abgesplitterte Stamm (siehe  S. 323) nennt sich  „Bali-N’Kunbat“ ;  
 —  „ku“  =   der  Schenkel,  „nbat“  =   klettern;  also  die  „wegemüden  
 Schenkelkletterer“ :  lokale Anspielung  auf  die  Gegend,  in  der  sie  nunmehr  
 sitzen,  die  nach  Aussage  unserer Bali  sehr  gebirgig  ist.  Ein  ähnlicher  
 Zusammenhang  besteht  sicher  auch  zwischen  dem  Namen  eines  
 östlich  von  Baliburg  liegenden Dorfes:  „Bawadju“  und  dem  Namen  des  
 Höhenzuges,  auf dessen  südöstlichem Teil  der Stamm sitzt:  die  „Wadjo“-  
 berge.  Ueber Bedeutung  der  beiden Namen  finde  ich  in  meinem  Tagebuch  
 leider  keine  Aufzeichnung. 
 (Siehe  zu  diesem  Kapitel  Namengebung  auch  Abschnitt  VIII.) 
 Die  ö f f e n tlic h e n   F e s t e   lassen  sich  einteilen  in  regelmäfsig  
 wiederkehrende,  und  solche,  die  anläfslich  einer  besondern  Gelegenheit: 
   nach  einem  glücklichen  Kriegszuge,  zu  Ehren  des  Weifsen  oder  
 fremder Gesandtschaften,  nach Verkündigung wichtiger Staatsbeschlüsse,  
 wie  Abschlufs  von  Verträgen,  Blutsfreundschaften  u.  s.  w.  veranstaltet  
 werden.  Die  ersteren  sind  stets  Kultakte  oder  genauer,  der  Kern  ist  
 stets  ein  religiöses  Moment;  nach  ihrer  allgemeinen  Bedeutung  kann  
 man  sie  als Waffen-  oder Ackerbaufeste  bezeichnen.  Die  letzteren  sind  
 überwiegend  lediglich  eben,Feste.  
 sühn»kte.  Ein  Sühnfest  mit  religiösem  Grundgedanken  habe  ich  einmal  beobachtet. 
   Genau  9  Mondmonate  nach  dem  Strafzug  gegen  die  verräterischen  
 Vasallendörfer  (13./14.X. 1891;  siehe  Abschnitt  I,  S. 20)  feierten  
 die  Bali  einen  grofsen  Tanz.  Wie  mir  Garega  sagte,  „fände  er  sta tt  
 für  die  damals  gefallenen  Vornehmen“.  Fonte  verdolmetschte  mir  des  
 weitern:  „es  geschehe,  um  das Dorf  zu  »waschen«;  wenn  sie  den  Tanz  
 nicht  hielten  und  zögen wieder  zu Feld,  so würden  die  Feinde  viele  von  
 ihnen  töten  können;  wäre  aber  das  Fest  richtig  abgehalten  und  sie  
 gingen  wieder  in  den  Krieg,  so  vermöchten  die  Gegner  keinen  Mann  
 zu  tö ten “.  Also  gewissermafsen  ein  Sühnfest  für  die  Geister  der  
 Gefallenen.  Uebrigens  habe  ich  auch  eine  Art  Sühnung  p r i v a t e n   
 Gepräges  kennen  gelernt:  auf  der  Station  hatte  eines  Tages  der  Blitz  
 in  ein  Haus  geschlagen,  in  dem  gerade  mehrere  Soldaten  und Weiher  
 sich  auf hielten.  E r   richtete  keinen  Schaden  an.  Sogleich  aber  eilten  
 die  Betreffenden  zu  mir,  und  baten  ins Dorf  gehen  zu  dürfen,  um  sich  
 vom  Häuptling  „waschen“  zu  lassen,  
 verlauf und  Der  ä u f s e r e   Verlauf  ist  bei  beiden  Arten  gleich:  ein  grofser,  
 Feste! der  mehrere  Tage  lang  dauernder  Tanz  des  ganzen  Stammes  nebst  Gelage  
 auf  dem  Volksversammlungsplatz.  Befreundete  Stämme  erscheinen  
 bezw.  sind  durch  starke  Abordnungen  vertreten.  Die  mit  der  erstgenannten  
 Art  verbundenen  K u lta k t e ,  zum  Teil  vom  Häuptling  ausgeführt  
 oder  geleitet,  spielen  sich  vor Beginn  oder während  des Ganges  
 des  Ganzen  ab.  Die  wiederkehrenden  Feste  regeln  sich  nach  dem  
 Monde  (vergleiche  damit  unser  Osterfest),  insofern  als  der  Beginn  des  
 jeweiligen  Festes  —  nach  Ablauf  der  bestimmten  Zeit  vom  letzten  ab  
 bezw.  auch  von  Erntezeit,  Jahreszeit  u.  dergl.  abhängig —  stets  auf den  
 ersten „Balisonntag“ (unsern Freitag) fällt, der dem Tage folgt, an welchem  
 der  Häuptling  zum  erstenmal  wieder  den  „jungen  Mond“  sehen  kann. 
 Der  Mond  spielt  überhaupt  eine  Rolle;  doch  glaube  ich  nicht, Der Mona,  
 dafs  er  eine  ausgesprochene  Verehrung  oder  Anbetung  geniefst.  Auf  
 die  Ernten  wird  ihm  grofser  Einflufs  zugeschrieben;  nach  Mondmonaten  
 scheint  gerechnet  zu  werden:  vergleiche  oben  das  Sühnfest. 
 Bei der Mondfinsternis,  die  am  15. XI. 1891  ein tra t  und  bei  der  wir  uns  
 beinahe  blamiert  hätten  (ich  habe  das  bereits  in  Abschnitt  IV,  S. 204  
 geschildert), herrschte grofse Aufregung,  und gleich den Kelten  und Germanen  
 kamen  sie  dem Mond mit  Geschrei  und  Lärm  und  Schiefsen  zu  
 Hülfe.  Gleich diesen beachten sie ihn bei kriegerischen Unternehmungen:  
 wenn  nur  irgend möglich,  ziehen  sie  erst  nach  dem Vollmond  ins Feld. 
 („Vor  dem Neumond  gewähren  die  Götter  keinen  Sieg“,  verkündeten  
 andererseits  die weifssagenden Frauen dem Ariovist.)  Auch in Bornu fand  
 Nachtigal,  dafs  diesem  Gestirn  grofse  Bedeutung  zugeschrieben  wird. 
 Um  wieder  auf  die  regelmäfsigen  Feste  zurückzukommen,  konnte  
 ich  im  Verlauf meines  18monatlichen Aufenthaltes  in  den  Baliländern  
 folgende  Zeiten  feststellen:  saat- 
 1.  Mitte  J a n u a r1)  ein  Erntefest:  „Ndänga“  genannt.  Anfang  wSä"fe“t8.  
 Februar  beginnt  die  Getreideernte,  und  so  ist  der  religiöse  Hintergedanke  
 dieser  Feier  höchst  wahrscheinlich  der,  gutes  Einbringen  derselben  
 von  der  Gottheit  zu  erflehen  und  zu  er  —  tanzen. 
 2.  Ueber  den  Mitte  Oktober1)  stattfindenden  Festtanz:  „Mandet“,  
 bin  ich  mir  nicht  klar  geworden.  Jedenfalls  h a t  auch  er  friedliches  
 Gepräge.  Er  ist  von  kürzerer  Dauer  als  die  übrigen. 
 Die  gröfsten  und  feierlichsten  Feste  sind  die  beiden  folgenden: 
 3.  „Woma“,  ein  Saatfest  Mitte  November1)  und 
 4.  „Ledä“,  ein  Waffentanz  Mitte  Dezember1). 
 Bei  diesen  beiden  habe  ich  auch  die  zahlreichsten  religiösen  Cere-  
 monieen  beobachtet. 
 Der Womatanz  ist  ein  Saatfest:  Mitte November  fängt  die  Trocken-  dm 
 „Woma“- 
 zeit  an,  und  damit  beginnt  die  Saat  mächtig  zu  spriefsen.  Aber  f a s t featl) 
   Zufolge  der  vorgeschilderten Mondrechnung  sind  diese  Zeitangaben  nur  
 Mittelwerte,  und  es  können  deshalb  Schwankungen  nach vor  und zurück  bis  über  
 einen  ganzen Mondmonat  Vorkommen.