Instrumente.
Werkzeuge
n . s. w.
meine heimatlichen Lazaretkenntnisse zu Hülfe, und glaubte nach Erweiterung
der Wunde die Speerspitze herausziehen zu dürfen. Ein
Blutstrom aber aus dem Munde des Verwundeten übergofs mein zu
ihm herabgebeugtes Gesicht und alles war vorbei. Die Speerspitze
habe ich zum Andenken an diese erste Operation mir aufgehoben und
ein zufälliger Blick auf sie vom Schreibtisch h a t mir die Erinnerung
wachgerufen. Doch habe ich immerhin manch armem Teufel Hülfe bringen
können und das Vertrauen meiner Bali ging schliefslich sogar so weit,
dafs eines schönen Tages ein hochschwangeres Weib in meiner Hütte
erschien: „ich solle ih r helfen“ ! Geburtshelfer: darauf hatte ich zu Hause
mich doch nicht vorbereitet. Ich sagte ih r auch, dafs ich da nichts
verstände; aber sie bat, in meinem Hause bleiben zu dürfen. Meinetwegen;
und so ging die Geschichte vor sich unter meiner sehr passiven
Assistenz, was wohl das Beste war.
Dafs ich während meines 20 monatlichen ununterbrochenen Aufenthaltes
in der Wildnis keinen Arzt zur Seite h atte, glaube ich schon
einmal gesagt zu haben.
Viel mehr als bisher sollten unsere jungen Herren Mediziner nach
beendigten Studien sich bei Expeditionen und auf Stationen in Afrika
ihre ersten Sporen verdienen. Abgesehen von humaner und rein
medizinischer Thätigkeit kann gerade der Arzt vermöge seiner natu rwissenschaftlichen
Vorstudien reiche wissenschaftliche Ausbeute bringen.
Durch derartige ausgedehnte Inanspruchnahme schmolz unsere an
sich nicht bedeutende ärztliche Ausrüstung bedenklich zusammen, so
dafs ich schliefslich sogar ob eines Büchschens mit hypermangansaurem
Kali als aseptischen Mittels froh war, das ursprünglich zu meinem
Waschzeug gehörte.
Kann die Apotheke nicht grofs genug sein, so empfiehlt sich bei
einem anderen Ausrüstungsgegenstand eher Sparsamkeit: bei den
photographischen Platten (und wohl auch Films), wegen der beschränkten
Haltbarkeit
‘Die bei der Marschausrüstung (Abschnitt II I, S. 96 u. f.) aufgeführten
Instrumente genügen der Zahl und Art nach auch für
stationäre Arbeit in den bezüglichen Wissenschaften.
Neu treten hinzu gewisse Werkzeuge: und zwar die einfachsten
Ackerbau- und Handwerkergerätschaften, wie Pflugschar, Hacken,
Schreiner- und Zimmermannsgeräte. Auch die Mitnahme von einigen
Rädern halte ich auf Grund eigener Erfahrung fü r höchst angezeigt,
wenn man nicht in der Lage ist, gleich ganze Karren zerlegt mitzuführen.
Das übrige Wagengestell und -kästen kann man sich dann
schon selbst zimmern. An der Herstellung von Rädern (ich wollte
Schubkarren herstellen) scheiterte meine ganze aufgebotene Kunst
trotz meiner artilleristischen Kenntnisse in den Handhabungs- und
Herstellungsarbeiten. Erst als ein sächsischer Artillerieunteroffizier,
Knetschke, ein sehr tüchtiger, verwendbarer Mann (gelernter Wagner),
als Expeditionsmeister eintraf/gelang das Kunststück.
Nicht vergessen darf man schliefslich die Mitnahme von europäischen
Sämereien zur Anlage der Gemüsegärten.
• Der im vorigen Abschnitt S. 85 beschriebene Lageranzug wird
nunmehr zum Stationsanzug; solange man so schöne Sachen besitzt
Der Stationschef, das Mädchen fü r alles, wird nicht selten zum
Schneider und Schuster und ich bin oft dagesessen, tief in Gedanken
über irgend ein schwieriges Hosen - oder Stiefelproblem. „ . . . . Mufs
Euch doch' meine gestrige Ostersonntagsbeschäftigung schildern“ ¿.«L
schreibe ich in einem vom 18. IV. 92 an meine Angehörigen datierten
Briefe —, „damit Ih r seht, was ein königlich bayrischer Leutnant
alles kann. Ich konnte die schon längst dringend notwendig gewordene
Putz- und Flickstunde nicht mehr länger hinausschiehen.
Dr. liegt an einem kleinen Fieberchen und so entschlofs ich mich
gestern Nachmittag dazu. Zuerst kamen die Stiefel dran. Bald
waren sie mit frischen Sohlen versehen und ein paar Absatzflecke aufgeschraubt.
Das Ding kannte ich schon von den Märschen. -Entschieden
verwickelter war die Herstellung eines gebrauchsfähigen Beinbekleidungsstückes
aus zwei alten gänzlich zerrissenen Schlafhosen
fürs Tägliche Dasein zur möglichsten Schonung meiner einzigen noch
passabeln Marschhose. Als Flickmaterial verfügte ich über ein aus
der Hinterlassenschaft des armen Spangenberg“ (gefallen 31. L 91 bei
Bandeng) „erstandenes tadelloses Damenhemd. Weifs übrigens der
Himmel, was der mit dem Dinge da draufsen vorhatte! Ich entwarf
nun folgenden Kriegsplan: die vier Hosenbeine zusammen gaben voraussichtlich
zwei ganze, neue; aber eine bedenkliche Blöfse klaffte dann
immerhin noch. Diese mufs das Hemd ausfüllen helfen. Auch dessen
Überschiefsende Teile finden ihre Verwendung. Das Vorderteil kommt
also auf die Hose. Was dann noch überbleibt und das Rückenblatt
giebt willkommenes Verbandzeug, und damit Ihr seht, wie alles ausgenutzt
wird und ein Leutnant auch hierin Bescheid weifs: die seitlich
eingesetzten langen, schmalen Zwickel, wegen der Nähte als Verbandzeug
nicht geeignet, sowie der Spitzeneinsatz (was er wohl fü r einen reizenden
Busen einst bedeckt haben mochte?) werden aufbewahrt und finden nach
und nach ihre Verwendung als Docht in der Palmöllampe __
Sämereien.
Stationsanzug.