desNhübus Beim Empfang solcher Gesandtschaften, aber auch seinem v e r s
am m e lte n Volke gegenüber pflegt sich ein Graslandfürst nie sehr lange
zu zeigen. Sobald in ersterem Falle der Zweck erreicht bezw. die Absichten
und Wünsche ihm vorgetragen worden sind, sobald er im anderen
Falle sich eine Zeitlang seinem Volke gezeigt, wohl auch an den Tänzen
sich etwas beteiligt h a t, zieht er sich in das Innere seines Königshofes
wieder zurück. Die Persönlichkeit des Herrschers würde zu viel von
ihrem Nimbus, ihrer Majestät verlieren, wenn sie allzu sehr und allzu
oft sich den Blicken des Volkes preisgeben und Gleichheit menschlicher
Gefühle mit ihm an den Tag legte: in' diesem Sinne etwa läfst
sich der dortlands hierfür angegebene Grund verdolmetschen. Unbestreitbar
bekundet der in dieser Anschauung zum Ausdruck kommende
Gedanke auf tiefer Menschenkenntnis beruhende Herrschereinsicht.
„Empfangs- : Anders ist es, wenn der Häuptling mit seinem Bat beisammen
sitzt. Anders auch bei Anlafs der regelmäfsigen kleineren Zusammenkünfte,
die, soviel ich erfahren, nur der Balihäuptling anzustellen die
Gepflogenheit hat. E r h a t alle fü n f Tage seinen sogenannten „ntchu
n’ta n “ (abgeschliffen s t a t t . eigentlich:: „ntchu ita n “ d. h. fünf Tage);
also einen Empfangstag fü r die Vornehmen und Freien seines Stammes,
an welchem er von früh bis abends in der Palmweinhalle, seines
Hofes offenes Haus hält. Diese Zusammenkünfte tragen einen ganz
ungezwungenen Charakter, jeder kann kommen und gehen, wie es ihm
beliebt, und freier Meinungsaustausch auch dem Herrscher gegenüber
is t gestattet. Der Zweck, mit allen Angelegenheiten u. s. w. seines
Stammes auf dem Laufenden zu bleiben, ist unverkennbar; und hier,
wie im eigentlichen Bat, weilte Garega oft halbe Tage lang, sich eifrig
am Gespräch beteiligend. Der Becher wird fleifsig dabei geschwungen.
Auch die Unterhäuptlinge haben derartige „parlamentarische Abende“.
Aujfgangß. Wohl mit der Grund, sich der V o lk sm a sse gegenüber nicht zu
häufig zu zeigen, mag es auch sein, warum der Häuptling bei Tage
ziemlich selten über Königsgehöft und -Platz sich hinausbegiebt; eigentlich
fast nur zur gelegentlichen Besichtigung seiner Farmen. Sein Schemel,
ein paar Kalebassen. (Abb. 44) mit Palmwein und ein Sack Kolanüsse
sind auch bei diesen Ausflügen unzertrennliche Begleiter. Desgleichen
ein mehr oder weniger starkes Gefolge, darunter der oder die „Sprecher“,
die hierbei eine weitere Pflicht ihres Hofamtes zu üben haben. Sie
machen den Herrscher fortgesetzt au f alles Mögliche und Unmögliche
aufmerksam: „Gieb acht, o H err“ ; „ein Stein, o Herr“ ; „ein Maisfeld,
o Herrscher“ ; und so geht es ununterbrochen fort. Die gleiche Sitte fand
übrigens auch, wenn ich mich recht erinnere, Nachtigal bei den Heiden-
Stämmen Baghirmis, sowie Bohlfs in der Landschaft Uandula. Das
übrige Gefolge überbietet sich in sonstigen Aufmerksamkeiten: mit der
wichtigsten Miene von der Welt wird geschäftig alles aus dem Wege
geräumt, die kleinsten Grashalme weggekehrt, der Boden mit den
Händen geglättet, ein paar neugierige Kinder fliegen rechts und links
ins Gras, dann zupft wieder
einer am Gewand des Herrschers
ein nicht vorhandenes
Stäubchen weg u. s. w. Auch
dem Weifsen werden gleiche
Aufmerksamkeiten erwiesen.
Ich hatte nie lange das
Dorf betreten, so turnte ein
solcher sich überbietender
Schweif vor und hinter mir
her. Endlich werden stets
bei allen Ausgängen dem
Häuptling zwei Speerbündel
(Abb. 45, a. f. - S.) vorangetragen.
Die Spitzen sind
mit einer Art Kappe aus
ungegerbtem Leder verhüllt,
und daran flattern lange
Lederbänder und Haar- (bei
manchen Stämmen) Bofs-
haarschweife. Unwillkürlich
denkt man an die Beilbündel
der römischen Liktoren.
Damit komme ich zur
Stellung des Häuptlings als
B i c h t e r . Bechtsanschau-
ungen und -Grundsätze bespreche
ich später; hier
nur SO viel davon, als zur Kalebasse mit Henkelgriff und Flechtwerkver-
Charakteristik der Häupt- zicruTIg (*n einen nicht mit dem Gefäls ver-
m 1 ,, . .. t T ■ bundenen serviettenringartig geflochtenen Unter- lingsstellung m dieser Hin- satz ge8teUt) in deQ BaUlä; | ern ys „ at. Gr_
sicht einschlägig ist. Einmal
steht ihm das Becht über Leben und Tod s ä m t l i c h e r Stammesangehörigen
zu. Dann ist e r, abgesehen von seiner Stellung als
„patronus“ seiner Gefolgschaft (S. 352 davon ausführlicher), die