gestellte Hängebrücke. 10«'». nL in Fomum angelangt. 6so p. m. Ankunft
in Sabi. Marschzeit: 12 Stunden.
Herrgott, das war ein heifser Tag in jed e r Beziehung! In aller
Frühe ging’s schon an. Nachts nicht viel geschlafen, um Bewachung der
Brücke und des Brückenbaues öfters zu kontrollieren. Wie ich gegen
1 1 00p.m. von der Brückenstelle dem Orte wieder mich nähere: Geschrei,
Gekreisch, schliefslich Heidenspektakel! Das Gekreisch erkannte ich
bald als das eines Weibes und nun ahnte ich schon, was es sei. Und
richtig, die verdammte Weibersucht eines der Träger , natürlich ein
Weijunge war’s wieder, h a t mir ein bei der gegenwärtigen Stimmung
im Lande' mehr als überflüssiges palaver eingebrockt. Aus dem
Durcheinandergeschrei der aufgeregten Parteien schäle ich mir den
Sachverhalt heraus: Ein Dörfler hatte an Ja lla (das war der Attentä
te r) für einiges Zeug und Tabaksbündel seine Gättenrechte für
diese Nacht verschachert. Als Jalla sie nun antreten wollte, war
entweder die Schöne anderer Ansicht als ihr Herr Gemahl oder diesen
mochte der Handel reuen oder der Gauner h a t ihn geprellt, was
weifs ich: der Wei blieb Sieger und nun war dies palaver fertig.
Hätte ich biwakiert, so wäre diese dumme Geschichte nicht vorge-
kommen. Ich habe aber absichtlich mir vorgenommen, auf diesem
Marsch stets in den Dörfern über Nacht zu bleiben, um den Banyang
zu zeigen, dafs ich sie nicht fürchte, und vielleicht im ruhigen palaver
die Sachen beizulegen. Nun mufs mir der Teufel diesen Streich
spielen. Den Kerl liefs ich verhauen, die Gegenpartei wurde einiger-
mafsen mit dash abgefunden.
Mit Tägesgrauen an der Brücke weiter gearbeitet. 700ä . m. konnte
ich drüber. Erfahren, dafs es aufser unserer Heerstrafse noch einige
andere Wege nach Sabi giebt; einen dieser neuen eingeschlagen, mich
au f ihm von der Haltung eines anderen Teils von Banyang zu überzeugen.
Keine Zeit und Lust heute zu s t e te n Ablesungen. Führer
ziemlich wider ihren Willen mitgenommen . . . Weg ziemlich gut, zahlreiche
Dörfer und Farmen; nicht belästigt. Am alten-Weg h a t man
keine Ahnung von all dem; neuer Beweis für die dichte Bevölkerung
und verhältnismäfsig hohe Kultur des Bodens. Dörfer meist ganz frisch
verlassen, acht oder'neun Orte passiert . . . Bis i 000a.m. fast nur durch
Farmen. Dann wieder Busch, welliges Terrain. 1 0 « a.m. gröfseres
Dorf aufgetaucht, an 100 Hütten geschätzt, gegen Ende zu sich auf
einer Anhöhe erhebend. Auffallend viel Männer im Kriegsschmuck, ein
p a a r Hundert. Wo kommen die her? Schöne breite Dorfstrafse, wie in
allen Banyangdörfern. Ort hiefs Fomum. In Zugsbreiten durch bis
auf die Anhöhe. Hier h a lt gemacht, Palmwein und Lebensmittel
gefordert. Widerwillig brachten einige Bewohner nach einiger Zeit
eine Kalebasse an und boten mir, auf einmal dienstwillig geworden,
eine Schale voll davon. Durch diesen Wechsel schon stutzig, noch
mehr, dafs sie nicht davon kosteten“ (es ist eine aus dem gegenseitigen
Mifstrauen allmählich zur Sitte gewordene Gewohnheit, dafs stets der
fertiges Essen oder Trunk Anbietende zuerst davon nimmt), „fordere ich
sie auf, zuerst zu trinken. Auf das hin liefsen sie Schale und
Kalebasse fallen und liefen davon. Unterdessen hatte sich die Bevölkerung
in Haufen auf der Dorfstrafse, 50, 60 m entfernt, zusammengerottet.
Baioko macht mich darauf aufmerksam: »war palaver lieve
for come« meinte er. Ich reifse einem Soldaten neben mir das
Gewehr aus der Hand und feuere. Einer stürzt. Je tz t schiefsen auch
die drüben ihre Schlüsselbüchsen los; meinen Leuten zum erstenmal
ihre Feuerdisciplin durchgegangen und schon ro llt ein wahnsinniges
Schützenfeuer. Drüben fallen viele und der Rest zerstiebt nach allen
Seiten. Mit Pfeifen und Schreien bekomme ich das Feuer wieder
in die Hand. Nun den Schaden besehen. Von uns war keiner verwundet.
Drüben lagen an 15 oder 16. Dem Kerl, der mir den
offenbar vergifteten Palmwein angeboten, ich hatte ihn ins Bein getroffen,
lasse ich in der ersten Erbitterung eine Schale voll seines
Giftzeugs eingielsen. Dorf truppweise absuchen lassen, da und dort
Schüsse; also haben die Soldaten doch noch einzelne versteckt gefunden.
Ich sah dann bei den gefallenen Gegnern nach, da hatten die
Bali schon wieder ihre Arbeit gethan und ihnen die Köpfe abgeschnitten.
Und wie ich zu meinem Standort zurückkehre, streckt mir
Sabi, mein reehter Flügelmann, grinsend den Schädel des von mir Verwundeten
entgegen: »bush people abutiti, abutiti, e n itam fuon-nakangc.
(Die Buschleute sind ganz schlecht, sie wollten den Herrn des Gewehres
töten.) Da war nichts mehr zu machen, vielleicht ganz g u t, denn
meine erste Übereilung hatte mich schon gereut. Die Trupps kamen
wieder zurück mit ihren unvermeidlichen Trophäen; Dorf und nächste
Umgebung war gesäubert. Ich lasse noch die Hütten in Brand
stecken.
Aber nun waren wir für den Weitermarsch ohne Führer, denn die
beiden anfänglich mitgenommenen hatten den Zwischenfall in Fomum
benutzt, sich aus dem Staub zu machen. Sehr weit konnte Sabi nicht
mehr sein, waren wir doch schon an sechs Stunden unterwegs und die
alte Strecke Mi- Yimbi — Sabi betrug etwa acht Marschstunden. Einen
dem Kompafs nach die Richtung darauf einschlagenden Pfad gewählt;
H u tte r, "Wanderungen in Kamerun.