lagerei gegen Bagangu heim un ter Freudengeknall, und präsentierten
ein paar frisch abgeschnittene Schädel und 5, rechte Mannshände (zum
Beweis, dafs sie wirklich 5 getötet). Man gewöhnt sich fast, mufs ich
leider sagen, an so etwas, so. dafs man so einen Kopf, ohne was besonderes
daran zu finden, anschaut, o b .e s auch der eines Mannes ist
(Zähne vorn, spitz zugefeilt, während die Weiber sie ausgebrochen
haben). F ü r jeden Bandeng- und Baganguschädel .(männliche) erhalten
die Bali einen Faden Zeug. Jeder Feind weniger ist Verstärkung für
uns. Ich seh’ Euch den Kopf schütteln; es ist h a rt, das ist wahr;
aber das ist eben vorerst noch Afrika. An afrikanische Kriegführung
d a r f man nicht europäischen Mafsstab legen. Hier gilt das Gesetz
der Wildnis: Aug’ um Auge, Zahn um Zahn.. Dem G e g n e r ist
je d e s Mittel re ch t, so mufs man selbst je d e s anwenden, will man
nicht im Nachteil sein . . .“
„Baliburg, 15. V. 92. Hoffte heute bereits Nachricht von Dr. zu
erhalten, wie’s unten ausschaut, und es Garega mitzuteilen, gelegentlich
meines sonntäglichen Abendschoppens bei dem alten Herrn.. Da könnt
Ih r mich jeden Sonntag aufsuchen in Gedanken. In seinem kleinen
Palmweinhause, vor uns ein grofser Topf Palmwein brodelnd und wir
beide fleifsig den Becher leerend. Frau Fe kredenzt mit der holdseligsten
Miene, ein paar vom Rate kauern da und rauchen, und der
Leutnant Hutter raucht auch aus der Balipfeife und trin k t aus dem
Balihorn trotz einem Eingeborenen. Meinen Stammplatz habe ich auch
da; der gleiche Schemel wird flugs, wenn ich erscheine, an den gleichen
Platz stets hereingeschleppt. Da plaudern wir, ich in Schlafhose, Hemd
und Strohkäppchen und Garega in seinem Hausrock,, einer weiten
dunkeln Tobe, eine gestrickte Mütze wie eine Zipfelkappe auf, gemütlich
über alles Mögliche. Die ernsten palaver sind stets nachts in
verschlossener, abgesonderter Hütte oder auf der Station. Jetzt sind
wir ohne Amt und Würden: zwei gute Bekannte bei Palmwein und —
Rettichen, die Garega leidenschaftlich gern verspeist; als Zeichen besonderer
Huld nur ab und zu ’mal einem des Rates ein Stück oder
den abgebissenen Rettichschwanz zuwerfend. Ich lustwandle, meist
auf Umwegen durch das Dorf schlendernd, hinüber. Alles grülst ehrfurchtsvollst;
begegne ich einem Soldaten, steht er stramm still und
folgt mir nach, so dafs ich fast stets mit einem kleinen Gefolge im
Königsgehöft anlange. Nicht selten grüfsen auch Nichtsoldaten durch
flottes Frontmachen, nicht selten klingt aus einem Gehöft ein deutsches
Kommando ans Ohr, mehr oder weniger verkauderwelscht: »Stillstand«,
»Vorwärts moming«; auch kräftigere Exerzierplatzausdrücke sind schon
erfreulicherweise in die Volkssprache übergegangen; »Sakrament« und
»heiliges Gewitter« tönt’s anheimelnd da und dort! Auch sonst ist
deutsches Soldatenleben zu bemerken; beim Exerzieren umsteht den
Platz oft eine ganze Zahl neugierig guckender Mägdelein und Kinder
— wie zu Hause das zweierlei Tuch magnetisch fesche Kindsmädchen
mit ihren Wägelchen ans Kasernengitter b a n n t“
„Baliburg, 28. VII. 92. Garega h a t heute auf meinen Wunsch zur
Volksversammlung blasen lassen. Mit den Soldaten hinüber. Ringsum
kauerte die tausendköpfige Menge, rauschend und brausend wie ein
ferner Wasserfall. Rede vom hohen Stein.“ (In der Mitte des weiten
Marktplatzes ist ein Steinhaufen um zwei geweihte Baumstrünke aufgetürmt,
von wo aus zum Volke gesprochen wird.) „Nach Rücksprache
mit Garega das Gesetz verkündet, dafs kein Bali ohne schriftlichen
Erlauhniszettel ins Waldland hinunter dürfe. Gab eine Salve ab, dann
auf den Stein gestiegen. Plötzliche Ruhe in der tosenden Masse,
Totenstille. »Wer das thäte, dessen Haus in Bali würde niedergerissen,
und der Schuldige und seine Hausgenossen als Sklaven verkauft.«
Zum Schlufs wieder eine Salve.
Wenn ich so auf dem Königsplatz stehe, vor mir meine blind
ergebenen Soldaten; der einzige Weifse inmitten dieser tausende un- Hochgefühl,
gebändigter, raublustiger Schwarzen, die meinen Worten lauschen und
zu mir aufblicken, der ich durch nichts als meine Persönlichkeit diese
Macht mir geschaffen habe: da wallt in meiner Brust ein so freudiges
Hochgefühl des Stolzes, dafs ich mich höher recke und was vom
Herrscher in mir verspüre! Und heimisch, hergehörig in dies mein
selbstgeschaffenes Reich fühle ich mich zugleich , . .
Abends noch kamen 28 Bali und baten um Urlaub. Schrieb Ab-
meldezettel wie ein Bezirksfeldwebel . . ,“
„Baliburg, .11. VIII. 92. Wetter einen Tag scheufslicher als den
ändern: Regen, Sturm, nafs, feucbt, k a lt, Nebel; h a lt Regenzeit, Ich
kann mich heuer gar nicht erwärmen, rolle mich in der Hütte in
meine zwei Decken ein; h ä tt’ ich beim Exerzieren nur meinen Mantel
hier. Die Kälte in Afrika setzt mir weit mehr zu als die Hitze. Wenn
ich ’mal heimkomme, kauft n u r gleich ein paar Pelzmäntel; lafst den
Wagen heizen und mit Wärmflaschen auspolstern. . . . In drei Tagen ist’s
doch schon ein Monat, dafs ich von meiner Tintostreife zurück bin,
und noch immer erinnert mich die schmerzende Stelle am Fufs an
den verdammten Kerl mit seiner Knallbüchse . . .“
„Baliburg, 7. IX. 92 . . . Wie rasch vergeht doch die Zeit, meine
Lieben. Noch drei Monate; und auch das Ja h r 92 ist zu Ende. Frei-
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