der Verderb derselben einen ordentlich reute; und jedesmal quittierte
der afrikanische Magen mit einem mehr oder minder leichten Unwohlsein.
Schliefslich hahe ich thatsächlich alles, was an europäischen
Genüssen sich herauffand (viel war’s ja so nie und oft tr a t der
F all auch nicht ein), aufser den genannten fünf Dingen unberührt
gelassen und nach Auffrischung des eisernen Bestandes wieder an die
Waldlandstationen zurückgegeben.
Und als einmal auch Kakao, Zucker und Milch ausgingen und
ein p a a r Monate lang n u r mehr der Sage nach auf Balihurg bekannt
waren, „begann“, so schreibe ich in meinem Tagebuch, „eine* neue
Ara: die des Honigpappes. Jeden Morgen wird in der Stationsküche
eine grofse Pfanne voll Maismehlbrei angerührt und einige Löffel
Honig hinein gethan. Davon ein p a a r dampfende Teller voll schmeckt
prächtig. Auch in die Theetasse ein Löffelchen Honig th u t die gleichen
Dienste wie Zucker; so dafs wir also aufser Thee und Salz gar nichts
Europäisches mehr verwenden“.
Diese beiden Dinge mangelten glücklicherweise nie , und so ver-
mifste ich eigentlich n u r Brot und gute Eier. Letztere kennt der
Neger als Lehensmittel n ich t, und man erhält selten frische. Wenn
ich schliefslich auch in dieser Hinsicht meine Anforderungen herunterschraubte,
so war es doch ein freudiges Ereignis, als ich endlich meinen
Geflügelpark auf eine solche Zähl gebracht h atte, dafs ich nicht nur
fü r den täglichen Bedarf Eier bekam, sondern mir auch einen Vorrat
anlegen konnte.
Ein paarmal war der Hühnerstall in grofser Gefahr.
Eines schönen Tages entstand auf der Station am hellen Mittag
ein entsetzliches Angstgegacker und einer meiner Leute kam hereingestürzt:
„massa, come quick for outside, one lapard catch all' the fowls.“
Als ich mit rasch ergriffenem Gewehr aus dem Hause e ilte , sah ich
gerade noch den frechen, gelbpelzigen Räuber im höhen Gras verschwinden.
Zum Schufs war’s zu spät. Auf dem freien Platz vor der
Station lagen zwei zerfleischte Hühner, eines fehlte, und die ändern
kreischend in alle Windrichtungen zerstoben. Noch ein zweites Mal
h a t eine solche Katze einen Plünderungsversuch gemacht, nachts.
Schlimmeren Ausgang, auch fü r mich, nahm die Gefährdung des
Hühnerhofes durch weit kleineres, aber auch weit gefürchteteres Viehzeug:
durch Ameisen. „Baliburg, 19. IX. 92. . . . . Heute Nacht durch
ganz eigenen Lärm im Hühnerstall (besitze seit drei Tagen 28 Hühner)
geweckt. Erhebe mich mühsam und hinke hinaus (hin ja seit Wochen
gepeinigt von unaufhörlichem Hautausschlag am ganzen Körper); sehe
aber anfänglich nichts Verdächtiges. Plötzlich fühle ich am ganzen
Körper ein Beifsen: die Ameisen! Sie waren in den Hühnerstall geraten,
und nun auch über mich. Den rechten Arm bewegungslos eingebunden,
überall sonst verpappt und verbunden infolge dieser Pustelflechte oder
was es ist; und nun auch noch von hunderten von Ameisen überdeckt
und zerbissen. Natürlich alles herunierreifsen, auch die klebenden
Verbände, und die Ameisen abstreifen. Scheufslich zerbissen, mufste
ich mich dann von neuem verbinden. Das th a t wohl auf die offenen,
wunden Flächen der Haut! Eine mehrstündige, angenehme nächtliche
Beschäftigung. ,— Die Hühner liefs ich frei; die armen Tiere fuhren
wie verrückt heraus. Aber elf Stück lagen bereits tot, erstickt und
zerbissen am Boden; nur mehr schwarze, unförmliche Klumpen, so
dicht waren sie von Ameisen bedeckt.“
Köstlich naiv war die Logik der Bali beim Verkauf der Eier,
nachdem sie sehr schnell die Liebhaberei des Weifsen fü r diese Lebensmittelart
erfafst hatten. Es währte nicht lange, so verlangten sie fü r
ein Ei so viel wie fü r ein Huhn, und begründeten das damit, dafs aus
dem Ei ja doch auch einmal ein Huhn würde.
Brot war, wie gesagt, der zweite Gegenstand, dem ich hier und da
in sehnsüchtigen Gedanken nachhing. Das selbstgebackene Maisbrot
besafs ja nur eine sehr, sehr entfernte Ähnlichkeit. Da war denn
grofser Jubel, als sich endlich einmal eine Büchse Backpulver nach
Baliburg verirrte, und steigerte sich aufs höchste, als sogar etwas
Weizenmehl in der Proviantlast sich fand. Nun ging’s ans Backen.
Fünf Brotlaibe gab’s; und e in e n Tag afs ich g ar nichts anderes als nur
Brot; den würzigen Geruch sog ich, dabei mit wahrer Andacht ein,
jedes zu Boden gefallene Krümchen ward sorgsam wieder aufgehoben
und verspeist. Auch das Maisbrot, mit Backpulver s ta tt saurem Palmwein
angemacht, bekam nun ein ganz anderes Aussehen.
Mein trefflicher Koch Mbarra und Baioko, mein Diener lernten Zubereibei
ihrem dem Neger überhaupt eigenen Geschick zum Kochen s c h n e lltung*
die doch vielgestaltige Art und Weise der europäischen Zubereitung
einheimischer Rohstoffe. Zusehen durfte man ihnen allerdings in ihrer
Hexenküche nicht allzu lange, sollte sich der Appetit nicht vermindern;
abgesehen von ihrer Liebhaberei, die Hühner meist bei lebendigem
Leibe zu rupfen. Auch gegen so etwas kämpft man vergebens an;
in Gegenwart seines Herrn unterläfst der Neger das dann wohl,
hinter seinem Rücken geht aües nach wie vor. Mitleid mit Tieren ist
dem Schwarzen ein unbekanntes Gefühl. —
Ich bin fest überzeugt, dafs wir dieser Lebensweise, die uns aufser-
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