Tauschwaren.
genug trieben Schiffe auf den Strand, und was die Wellen verschmähten,
ward sichere Beute der Schwarzen. Überfall der Schiffe durch Kanuflottillen
waren stets zu gewärtigen und Empörungen der eingesperrten
Neger hatten mitunter Erfolg und führten Vernichtung der ganzen
Bemannung und Verlust des Schiffes nach sich. Beim Handel an
Bord liefs man nie mehr als 8 bis 10 Schwarze an Deck und Matrosen
mit gespannten Gewehren beobachteten unterdessen die Kanus.
Diese unsicheren und den Handel erschwerenden Umstände führten
mit der Zeit, im 17. und 18. Jahrhundert dazu, an geeignet erscheinenden
Punkten an der Küste festen Fufs zu fassen. Vorerst
wurden nur Befestigungen angelegt, von friedlichen Handelsniederlassungen
war noch keine Rede. So sind die längst in Trümmer zerfallenen
Vesten E l Mina, Christiansborg, Augustenburg, Fredens-
borg, Ajuda (das heutige Whydah) und andere entstanden.
Als Tauschwaren gingen namentlich -9 damals wie heute noch —
Zeuge, Pulver, Gewehre, Tabak, Branntwein und Salz nebst allerlei
Kleinigkeiten, als Spiegel, Glasperlen u. s. w. Wie Nettelbeck berichtet,
wurden diese Tauschwaren zu seiner Zeit, also in der zweiten Hälfte
des 18. Jah rh u n d e rts, mit einem Zuschlag von 2-5 Proz. auf den
höchsten Einkaufspreis angerechnet, wobei „ein tüchtiger Sklave etwa
100 Gulden galt, während Negerinnen, die noch nicht Mutter gewesen
und deren Busen noch von jugendlicher Fülle und Straffheit war, bis
zu 140 Gulden kamen“.
Hatte nun ein Schiff seine Ladung, die bis zu einem halben
Tausend, ja noch mehr bei einzelnen ging, so wandte es, quer durch
den Atlantischen Ocean, seinen Lauf nach den amerikanischen Sklavenmärkten.
Zwei bis drei Monate währte durchschnittlich die Fahrt.
Der mit dieser schwarzen lebenden Ware erzielte Gewinn war ein
ganz aufserordentlicher; aber ganz aufserordentlich hoch sind auch die
Zahlen bei dieser gewaltsamen afrikanischen Völkerwanderung. Wohl
fehlen Ausfuhrlisten; doch mufs man die Zahl der Weggeschleppten
auf viele Millionen annehmen Ifgieinige Quellen sprechen von 17! —
und gelegentliche Ziffernangaben in den Schiffsbüchern und Papieren
der damaligen Supercargos (wie die sklavenhandelnden Schiffer hiefsen)
lassen diese Berechnungen fast noch als zu niedrig geschätzt erscheinen.
Wie ausschliefslich das schwarze Elfenbein in den Vordergrund
des Handels t r a t, zeigt uns eine Stelle aus den Aufzeichnungen eines
dieser Händler, Degrandpre: „Wenn auf den Märschen aus dem
Innern zur Küste der auch noch mit Elfenbein beladene Sklave zu
schwach wurde, warf man eher das Elfenbein fo rt, als dafs man den
Sklaven zurückgelassen hätte, der, einmal bis an Bord gebracht, immer
noch mehr Vorteil abwarf als das Elfenbein.“
Durch diese Erzählung wird, nebenbei bemerkt, eine Behauptung Eietantan-
über den Elefanten, dafs nämlich diese Tiere bestimmte Stätten zur M 6
letzten Ruhe aufsuchten, bedenklich erschüttert. Die Thatsache, dafs
an manchen Stellen in Afrika viel altes Elfenbein gefunden wird,
läfst sich wohl leichter und ungezwungener aus oben Mitgeteiltem erklären
als aus der gefühlvollen Annahme von „Elefantenfriedhöfen“.
Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts währte dieses einträgliche
Geschäft. Und geraume Zeit verstrich dann noch, trotzdem
alle civilisierten Nationen gegen dieses schmachvolle Handwerk einschritten,
bis es gänzlich unterdrückt war.
Von alten Sklavenhändlern kann man noch heute Erzählungen
hören, die mehr auf kühne Seeräuber als auf einen friedlichen Kaufmann
passen. Und mehrfach ist es vorgekommen, dafs man lieber
Schiff und Ladung und damit Hunderte von Menschen an den Riffen
und Barren der Küste zu Grunde gehen liefs, als den nach Sklavenschiffen
fahndenden Kreuzern sich ergab.
Der Sklavenhandel, durch Weifse betrieben, hatte aufgehört. —
Naturgemäfs wandten die Kaufleute anderen Produkten des Drittes
dunkeln Erdteils ihre Aufmerksamkeit zu. Elfenbein und die ver- SSuSVon
schiedenartigsten Bodenerzeugnisse wurden nun die Ausfuhrgegenstände, 5!%hS
Die veränderte Ware ha tte selbstredend eine Umgestaltung des zur Q-egen-
ganzen Handelsbetriebes zur Folge. Es begannen die Ansiedelungen
an der Küste zu entstehen, Faktoreien. Ihre Vorläufer waren die
sogenannten Hulks.
Die schwarze Menschenfracht h a tte in verhältnismäfsig kurzer
Zeit die Schiffe gefüllt. Nun mufsten sie aber sehr viel länger an der
Küste liegen, ehe sie die nötige Ladung beisammen hatten. Auch das
Geschäft ward je tz t weit friedlicher, demzufolge war auch der Verkehr
mit den Eingeborenen friedlicher; wohlverstanden nur im Vergleich
gegen die durch den Sklavenhandel heraufbeschworenen gegenseitigen
Grausamkeiten.
So entwickelte sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts der Brauch, Hniüantiei.
mit den Segelschiffen an geeigneten Plätzen vor Anker zu gehen und
sie für die Dauer des auf ein halbes J a h r und länger berechneten
Aufenthaltes abzutakeln. Diese abgetakelten Fahrzeuge, Hulks genannt,
waren also nichts anderes als schwimmende, aber verankerte
Faktoreien.