Absehnitt VI.
Das Grasland und seine Bevölkerung.
Gliederung des Graslandes: Adamaua — Die Baliländer oder das eigentliche Grasland.
Das eigentliche Grasland: I. Das Gelände: a) allgemeine; b) orographische 5 c) hydrographische;
d) topographische Gestaltung. — II. Die Menschen: a) Völkerscheiden und
-Verschiebungen; b) anthropologische; c) ethische; d) statistische Angaben; e) politische;
f) sociale; g) Wehr-Verhältnisse und Kriegführung; h) Märkte; i) Wegeanlagen; k) Ansiedelungen;
1) Die Familie (im engeren und weiteren Sinn); m) rechtliche Verhältnisse;
n) Lebensweise; 0) Ackerbau und Viehzucht; p) Gewerbe; q) Sitten und Gebräuche; r) ärzt-
, liehe Kenntnisse; s) religiöse Verhältnisse.
Gliederung des Graslandes: Adamaua — Die Baliländer oder
das eigentliche Grasland.
„Zwei verschiedene Welten liegen vor den Augen des Forschers,
wenn er, auf den Höhen hinter Bamesson Halt machend, den Blick nach
Norden und Süden wendet. Rückwärts gegen Süden stürzen die Hänge
steil ab in Thäler und Schluchten, und Berg reih t sich an Berg, mit
Oelpalmen überdeckt, aus Tiefen von 500 und 1000 m rauschen die
Wasser herauf, bis hinaus in die fernsten Weiten schweift der Blick
über das ganze durchschrittene Urwaldgebiet da unten; vorwärts nach
Norden, Osten und Westen Hügelwelle auf Hügelwelle, dazwischen
weite Thäler, und wie grüne Wogen schwanken in ungemessenen
Flächen die hohen Schilfgräser darüber hin. Fern am Horizont grenzen
in blauer Luft verschwimmende Bergketten das weite Landschaftsbild
ab. Dieses windgepeitschte Grasmeer mit seinen 2, 3 m hohen Halmen,
mit seinen nebelumwallten Höhen, mit seinen Hirsefarmen giebt die
frohe Gewifsheit, die Süd Grenzgebiete West-Adamauas erreicht, betreten
zu haben.“ Zum erstenmal am 25. August 1891 selbst auf
diesen Höhen stehend, habe ich diese Worte in mein Tagebuch geschrieben.
Und in der That; hiermit ist der gewaltige Bergriegel erstiegen,
der sich zwischen Waldland und Grasland lagert; oder vielmehr hier
ist der Absturz eines West-Innerafrikanischen Hochplateaus. Gen
Süden liegt das Tiefland, nach Norden das Hochland Nord-Kameruns.
Ein Stück Weges von der Nordgrenze des Waldlandes bis hier-
herauf — und ein recht schwieriges dazu — habe ich übersprungen,
um von diesen Höhen aus überblickende Umschau über Wald- u n d
Grasland bieten zu können.
Um einen Uebersichtspunkt über das G r a s l a n d a l l e i n zu gewinnen,
mufs ich einen weiteren Sprung von etwa.80 km Länge machen,
und stelle mich auf den nördlichsten von mir erreichten Punkt, 15 km
nördlich von Bamungu, auf etwa 1600 m Meereshöhe1) gelegen.
Anläfslich des dem vorigen Abschnitte vorangestellten Gesamtüber- ^grapM-
blickes habe ich gesagt, dafs das Gebiet zwischen dem Südrand des gl j p L
Hochlandes und dem Benue zwar im G a n z e n als e in e g e o g r a p h is c h e ZweiteUlII1|?'
Zone angesprochen werden mufs, dabei aber bereits angedeutet, dafs
eine U n te r t e i lu n g in zw e i R e g io n e n unverkennbar ist. Ferner
sagte ich an gleicher Stelle, dafs das Grasland als drittes geographisches
Gebiet die zw e ite u n d d r i t t e e th n o g r a p h is c h e Z o n e enthält.
Die Mittelgrenze dieser e th n o g r a p h is c h e n H a u p tzw e ite ilu n g des
Graslandes deckt sich fast mit der der g e o g r a p h i s c h e n U n t e r zw
e ite ilu n g .
Von genanntem Punkte aus nun vermag ich. am anschaulichsten
diese Zweiteilung des ganzen Graslandes nach Gelände und Bewohnern
zu beschreiben. Wir stehen auf einem etwa 10 km breiten, in der
Richtung Nordwest-Südost streichenden, langgezogenen Höhenrücken.
Gegen Süden, genauer gegen Südwesten — ic h g lie d e r e d a s L a n d
j a s t e t s n u r in B e z ie h u n g zu m e in e r M a r s c h r ic h tu n g — liegt
vor uns die erste geographische Stufe des Graslandes; gegen Norden,
etwa 25 km von unserem Standpunkt ab, beginnt die Abdachung des
Geländes gegen den Benue zu, also die zweite geographische Stufe; und
um eben diese Strecke weiter nördlich läuft scharf ausgeprägt die
Nord-Süd Völker scheide.
Es ergiebt sich demnach folgende G lie d e r u n g d e s G r a s la n d e s :
E r s t e g e o g r a p h is c h e S tu fe : vom Südrand des Hochlandes (nebst
seinen Südhängen) bis zum Nordfufse des nördlich von Ba-
*) Leider konnte ich bei meinen zweimaligen Streifzügen in dieser Richtung
keine Siedepunktbestimmuogen machen, da das Instrument beschädigt war. Die
Höhenangaben, auf dem Aneroid fufsend, sind also n u r Näherungswerte.