Jag d auf
Sklaven-
karawanen.
Herrn v. Gravenreuth beschafft hatte. Die deutschen Vermittler aber
haben sich die Schwarzen vom König Behanzin von Dahome geholt.
Dieser trieb auf seinen Kriegszügen Tausende von Negern der im
Norden seines Landes wohnenden Stämme zusammen und schleppte
sie nach seiner Hauptstadt Abome. Dort wurden sie bei den grofsen
religiösen Festen hingeschlachtet; die minderwertigen, des Opfertodes
nicht würdig, als Sklaven verhandelt.
Nun mag die Absicht, solche Unglückliche zu kaufen und sie dann
als freie Träger oder Arbeiter ihre Ankaufssumme „abarbeiten“ zu
lassen, in der Theorie ganz schön und edel sich ausnehmen, aber nicht
in der rauhen Wirklichkeit. Denn— um bei unserem Fall zu bleiben^-
eine sehr naheliegende Thatsache ward unbegreiflicherweise ganz
aufser acht gelassen. Der König von Dahome f a n d Absatz für seine
Kriegsgefangenen. Dafs diese dann „Freie“ wurden, war ihm ganz
einerlei; ihm genügte es, seine Ware an den Mann zu bringen, und
er fing infolgedessen flott Sklaven weiter.
Es wird also durch dieses Mittel, Sklaven anzukaufen und dann
freizulassen, geradezu der Sklavenfang und -handel unterstützt und
aufgemuntert. Und eben diese beiden Thätigkeiten sind das Grausame
hei d e r Sklaverei, wahrlich nicht das S k lav en h a lten .
Intervention und Freilassung zu diesem Zweck angekaufter Sklaven
sind demnach wohl die unglücklichst gewählten Mittel, dem Unwesen
beizukommen; s ta tt es abzustellen, befördern sie es.
Scheinbar mehr Erfolg verspricht das Jagen und Abfangen der
Sklavenkarawanen. Und wenn es in der Nähe der überfallenen Landschaften
geschehen kann, wenn man die also Befreiten in ihre heimatlichen
Sitze wieder zu bringen vermag, u n d wenn fortan ihnen dort
dauernder Schutz in Gestalt vorgeschilderter Posten gewährt werden
kann: dann in der That. Haben sich aber die Sklavenzüge in wochen-, ja
monatelangen Märschen schon weit von der Heimat der Weggeschleppten
entfernt, dann h a t das Abfangen der Karawanen wohl den Erfolg, dafs
vielleicht auf einen Schlag an tausend der armen Geschöpfe den
Händen ihrer Räuber entrissen sind; aber nun entsteht die Frage:
Was mit den „Befreiten“ anfangen? Sie in ihre Heimat zurückschaffen?
Wo ist überhaupt das Heimatland der Einzelnen des aus allen Gebieten
Afrikas zusammengesetzt gewesenen grofsen Sklaventransportes? Ent-
blöfst von allem, von der Heimat durch Entfernungen getrennt, die
monatelange Märsche beanspruchen, was sollte das Los der Befreiten
werden? Glücklich der, welcher von neuem einem Sklavenjäger in die
Hände fiel; ha tte er doch dann Aussicht, endlich einmal einen Herrn
zu finden, der für ihn sorgen wollte. Wie soll man die Tausende
unterbringen und ernähren? Der beste Ausweg wäre noch der für
die armen Teufel, wenn die Regierung sie geradeswegs irgendwohin
in Sklaverei geben würde. Aber das geht wieder nicht an: zuerst
Sklaven befreien und sie dann neuerdings zu Sklaven machen!
Man kommt also wohl zu dem Ergebnis, dafs alle diese Mittel
nichts nützen, weil sie auf Verkennung des Kernpunktes der Sache
beruhen: dafs nicht das S k la v e n h a lte n , sondern die 'Sk lav en jag d und
der S k la v e n tra n sp o r t die abzustellenden Grausamkeiten sind. Und
das kann nur geschehen durch — ich wiederhole es — bewaffnetes Einschreiten
gegen die Händler selbst, b e v o r sie ihre Raubzüge antreten,
b e v o r sie die armen Geschöpfe in Karawanen zusammengestellt haben,
u n d durch dauernde Machtentfaltung in den Bezugsgebieten für
Sklaven.
Dafs ich für rücksichtslose Unterdrückung der Grausamkeiten
beim Sklavenhandel, Gegner des ganzen Sklavenwesens überhaupt bin,
wird mir nach dem Gesagten wohl jedermann zugestehen. Aber auch
auf die Gefahr hin, dafs man mich gefühllos nennt, k a n n ich die Bemerkung
nicht unterdrücken, dafs die Sorge für die Neger doch eben
nicht selten etwas zu weit geht und dafs diese ungebetene, übergrofse
Teilnahme für „die armen Heiden“ eine eigentümliche Beleuchtung
erhält, wenn man sich als schroffen Gegensatz zu dieser in die Weite
schweifenden Nächstenliebe an die schauerliche Not des vom Geschick
auf die tiefste Stufe der Armut und des Elends herabgeworfenen Pöbels
der grofsen Städte und Industriebezirke, an den schändlichen Menschenhandel,
der in der civilisirten Welt mit weifser Ware getrieben wird,
erinnert.
Da, mein’ ich, zuerst einzusetzen, th ä te b itte r not | § dann können
wir uns immerhin mit den schwarzen Brüdern und Schwestern beschäftigen
!!
Das Beschämendste aber für die weifse Rasse ist, dafs sie es war,
die in jene Gebiete, wohin der mohammedanische, der arabische '
Sklavenhändler nicht gedrungen ist, den Fluch des schmachvollen
Sklavenhandels getragen hat.
Handel, Verkehr und Europäerleben u. s. w.
(Fortsetzung von S. 34.)
Von Mitte des 16. Jahrhunderts bis fast in die zweite Hälfte des
19. hinein währte — und damit komme ich wieder au f den westDas
richtig
e Gegenmittel.