Einteilung
der Träger.
Träger- und
Lastenverzeichnis.
sich während des Marsches ganz und yoII der Bethätigung der wissen-
schaftlichen Aufgaben bingeben; durch die disciplinierte, kleine Truppe
werden im Quartier Reibungen und Schwierigkeiten der verschiedensten
Art gänzlich ausgeschaltet oder wenigstens gemindert und gemildert.
Mir war während meiner ganzen Expeditionsthätigkeit dies nicht
beschieden. Auf Märschen war ich stets der einzige Weifse; beim
Beginn meines Vordringens ins Innere von Barombi aus hatte ich
zwar Träger (und diese mehr als knapp bemessen), aber keine Soldaten;
später, nachdem ich mir auf Baliburg eine Truppe herangebildet hatte,
verfugte ich auf meinen Zügen über Soldaten, hatte aber keine oder
fast keine ausgebildeten Träger mehr.
Ich mufs vorausschicken, dafs ich in Folgendem nur von Verhältnis-
mäfsig schwachen Expeditionen spreche, indem die meinen nie mehr
als 150 bis 200 Mann zählten.
F ü r sich selbst, oder vielmehr zum Tragen der für die persönliche
Ausrüstung benötigten Lasten (s. S. 79, Ziffer 3 bis einschl. 7, 9 und 10),
wählt man die verlässigsten und kräftigsten Leute und stellt sie unter
die Aufsicht eines schwarzen Aufsehers (in Westafrika „headman“ genannt).
Diese Träger befinden sich in möglichster Nähe des Führers,
jedenfalls nicht am Ende der Kolonne und stets geschlossen unter
ihrem Aufseher. Diesem Trupp wird noch eingefügt ein Träger mit
einer Last Tauschwaren und zwar solchen, welche in der betreffenden
Gegend als Kleingeld gehen: also gewissermafsen ein wandelnder,
lebendiger Geldbeutel.
Das sind also mindestens acht (bezw. neun) Mann und ein Aufseher.
Unmittelbar beim Führer marschieren der oder die wegeweisenden
Eingeborenen, der Dolmetscher und der persönliche Diener. Man
nehme nie mehr als e i n e n solchen; je mehr Dienerschaft, desto
schlechter die Bedienung, ganz abgesehen von dem unnötigen Trofs.
Die zweite, also gröfsere Hälfte der Trägerkarawane steht gleichfalls
un ter einem schwarzen Oberaufseher (welcher event. einem weifsen
Unterführer zur Unterstützung beigegeben ist) und ist wieder in Abteilungen
gegliedert mit schwarzen Unteraufsehern an ihrer Spitze.
Sämtliche Träger erhalten kleine Messingschilde mit Nummern;
denn sich ihre Namen und Gesichter zu merken, dauert eine geraume
Zeit, und Namensänderungen mit ziemlich unlauteren Hintergedanken
sind sehr beliebt. Jeder Träger behält grundsätzlich die ihm einmal
zugewiesene Last. Ein genaues Lasten- und Träger (Nummern)-Verzeichnis
mufs natürlich angelegt und stets auf dem laufenden erhalten
werden.
Unbedingt notwendig ist die Aufstellung von „Kriegsartikeln“.
Dieselben müssen den Anschauungen und Sitten der Neger Rechnung
tragen und man th u t zu diesem Behuf g u t, sie zuerst mit den
schwarzen Aufsehern durchzusprechen. Wie die Kriegsartikel in der
Heimat der Truppe von Zeit zu Zeit wieder vorgelesen werden, müssen
auch diese Expeditionsbestimmungen in den schwarzen Schädeln ab
und zu aufgefrischt werden. Als Hauptpunkte haben sie zu enthalten:
1. Genaue Festlegung der Löhne der Aufseher und Träger. 2. Den
Grundsatz, dafs für jedes Vergehen eines Einzelnen bis zu einem
gewissen Grade die Gesamtheit mit verantwortlich ist. 3. Einzelstrafbestimmungen
für Vergehen des Raubes, der Plünderung, der
Vergewaltigung, begangen an den Eingeborenen; des Diebstahls, selbstverschuldeten
Verlustes einer Last, Ungehorsams, Entlaufens, eigenmäch-
tigen Zurückbleibens, dem Führer gegenüber.
Nächst körperlichen Strafen wirkt gänzlicher oder teilweiser Lohnabzug,
Lösung des Vertrages mit Verlust des ganzen Verdienstes
Trotz der Empfindlichkeit dieser Strafe kann gerade diese widerspruchlos
stets in die Artikel aufgenommen werden. Zum Teil sind die
Leute von den weifsen Arbeitgebern an der Küste bereits daran gewohnt,
zum gut Teil versteht sich der Neger leicht dazu infolge seiner
grofsartigen Sorglosigkeit: „to day be to day“ ; die Zukunft kümmert
ihn nicht. —
Am 27. Ju n i 1891 abends war alles zum Abmarsch für den nächsten
Tag bereit: die Karawane zusammengestellt, die mitzuführenden
Gegenstände in Lasten gepackt, die Leute mit ihrer Ausrüstung versehen,
die Kriegsartikel nochmals bekannt gegeben.
Mit dem ersten Morgengrauen des 28. Ju n i war auf Barombi-
station alles lebendig. Die Träger flochten ihre Lasten in die
Traggeruste, „kingar“ genannt, ein. Es sind dies aus gedrehten
Palmenblattern gefertigte Geflechte, in die die Last eingebunden und
etwa wie ein Korb oder Tornister nach dem jeweiligen Belieben auf
nopf oder Rücken getragen wird.
Die festgesetzte Abmarschstunde konnte natürlich schon am ersten
age nicht eingehalten werden. Damit zu rechnen, gewöhnt man sich
bald an; ich glaube, es waren, alle meine Märsche mit T r ä g e r karawanen
zusammengerechnet, keine zehn Marschtage, wo nicht durch
die Kerle eine Verzögerung des Beginns um eine halbe Stunde und
noch mehr statthatte.
„All ready, Sir“, meldet Baitabe, der Oberaufseher, mit ernster
Miene; ein letzter Grufs hinauf zum alten Stationshaus: auf Wieder-
Kriegsartikel.