Beim Weibe wird der Ehebruch schwer, oft mit dem Tode bestraft.
Im letzteren Falle wird dasselbe an einen Pfahl gebunden, und die
Sippe des beleidigten Mannes — dieser an der Spitze «— tanzt um
das Opfer herum, diesem- so lange mit dem breiten Haumesser Hiebe
auf den Schädel versetzend, bis der Tod eingetreten ist. Der Verführer
wird gleichfalls, aber nicht m it'd em Tode bestraft; die Strafe
besteht in Zahlung einer mehr oder weniger schweren Bufse.
5. Die Kinder Unverheirateter bleiben in der Familie des Mädchens
bis zu deren Verheiratung. In die Ehe werden sie dann mitgebracht,
und haben in ih r die Stellung der Kinder von Sklavinnen.
Ist der Vater aber der spätere Ehemann, so geniefsen sie die Hechte
legitimer Spröfslinge.
5) E r b r e c h t . In dieser Hinsicht konnte ich nur in Erfahrung
bringen •
1. Der legitime Sohn ist der Haupterbe. Inwieweit das dem Neger
in anderen Gebieten eigentümliche Erbrecht des Bruders des Verstorbenen
bezw. seines Neffen in den Baliländern zur Gültigkeit besteht,
weifs ich nicht; wohl aber, dafs mangels eines legitimen männlichen
Erben nicht die Frau, sondern die eben bezeichnten Persönlichkeiten
Haupterben sind. Inwieweit Abfindung der Frau s ta tth a t, ist
mir unbekannt.
2. Beim Tode von Sklaven ist der alleinige Erbe (auch der Frau
und Kinder) der Besitzer.
3. Erbe in der Häuptlingswürde ist der älteste legitime Sohn.
i?) S a c h e n - u n d B o d e n r e c h t . 1 Der Diebstahl wird sehr
streng bestraft. Es herrscht der Grundsatz der Ersatzleistung.
2. Zur Erpressung derselben finden die Strafen des Peitschens
und Einsperrens statt. Auch wird zu gleichem Zwecke bisweilen die
Mutter des Diebes festgenommen, gepeitscht und eingesperrt.
3. Kann Ersatz in anderer Weise nicht beschafft werden, so wird
der Schuldige als Sklave verkauft, event. auch Familienangehörige:
also Haftung der Sippe.
4. Nicht bebautes Land is t herrenlos und gehört dem, der es
zuerst bebaut bezw. in Besitz nimmt.
Gerade in Bezug auf Bodenrecht und Bodenbesitz (insbesondere
in den Raphiahainen) giebt es unaufhörliche Streitigkeiten (Grenzstreitigkeiten
u. s. w.), und ähnelt der Grasländer au fs Haar unseren
prozefssüchtigen Bauern.
■ff) P e r s o n e n r e c h t . 1. Mord und Vergiftung wird meist mit
dem Tode, sicher aber mit Verkauf in die Sklaverei bestraft. Uebrigens
spielt namentlich die Vergiftung bereits in das abergläubische Gebiet
hinüber.
2. Die mit Sklavinnen erzeugten Kinder sind vollkommen rechtlos;
desgleichen die mit in die Ehe gebrachten, von einem anderen
Vater abstammenden.
3. Ob und wie weit die Weiber rechtlos sind, weifs ich nicht;
sicher ist, dafs der „pater familias“ sie vor Gericht vertritt.
4. Der Sklave ist rechtlos; der Besitzer ist sein „patronus“.
War bisher die Vielheit (vom ganzen Stamm bis herunter zur
Vereinigung von Mann und Frau in der Ehe) in ihren verschieden-
gestaltigen, gegenseitigen Beziehungen, die Art und Weise, wie dieselben,
die Stätten, in denen sie sich abspielen, Gegenstand der niedergelegten
Beobachtungen, so wende ich mich nunmehr zum Einzelnen; zum
kulturellen Innenleben der Bevölkerung der Baliländer. In seinem
Gehöft und seinen Farmen, bei seinen Lebensgewohnheiten, bei seiner
Thätigkeit suchen wir jetzt den Hochlandbewohner auf, in Streifzügen
in sein engeres K u l tu r - u n d S it te n le b e n . Dies und jenes davon
da und dort bereits vorweg zu nehmen, war unvermeidlich, sollte die
Beschreibung über eine reine, zusammenhanglose und damit tötlich
langweilige Aufzählung aU der zahlreichen Punkte sich erheben; der
gleiche Grund läfst mich auch im Folgenden von einer rein gegenstandsweisen
Aneinanderreihung der eingeheimsten ethnographischen
Forschungen absehen. Da habe ich mich im Waldland mit meiner
spärlicheren Ausbeute leichter gethan; hier erschwert die Fülle übersichtliche
und zugleich Eintönigkeit vermeidende Anordnung des
Stoffes. Manches auch hier Einschlägige habe ich mich entschlossen
in Abschnitt VIII zu übertragen, oder genauer: der ganze Abschnitt VH1
„Sprachliche Beobachtungen“, ist eigentlich nur ein weiteres Kapitel
des Kultur- und Sittenlebens.
Eine weitere Schwierigkeit wird uns von nun an öfter entgegentreten;
die bisher besprochenen Verhältnisse zeigten im allgemeinen ein
so gleichartiges Gepräge, dafs die zu Anfang aufgestellte Völkerscheide:
U re inw o h n e r und E in w a n d e r e r , fast ganz in den: Hintergrund
trat. Je tz t wird sie uns wieder öfters da und dort an ih r Vorhandensein
mahnen, indem wir auf unzweifelhafte ethnographische Verschiedenheiten
treffen werden; zugleich aber uns vor die: meist schwer mit
Bestimmtheit zu entscheidende Frage stellen, inwieweit wir diese
Thatsacben mit volklichen .Verschiedenheiten in Verbindung bringen