Weiber und Katzen und Affen durch- und übereinander. Den Gipfelpunkt
der Lust bildet es aber, wenn Zintgraff die altehrwürdige
Expeditionsdrehorgel, pardon Symphonium, die noch von seinem früheren
Zug hier herauf Garega auf bewahrt hatte, hervorholt und aufzieht.
Am meisten imponiert der Radetzkymarsch. Und gestern, anläfslich
einer solchen Abendunterhaltung, tr a t etwas ein, das den seligen Ben
Akiba sicher Lügen straft: wir lehrten die Weiber oberbayrische
Schnadahüpfeln und hach »der schönen hlauen Donau« Walzer
tanzen1 .............“
Um 900, wenn mein meteorologisches Gewissen sich regte, ging’s
auseinander. Dann safs jeder von uns noch gar manche Stunde allein
in seinem Hause und nach dem Scherz kam wieder der Ernst: wissenschaftliche
Aufzeichnungen der verschiedensten Art, nicht zum letzten
manche Sprachbereicherung, bei einem solchergestalt verlaufenen
lustigen Abend gewonnen; Eintrag des Tagebuches, Berichte- und Briefeschreiben.
!
Der Beleuchtung bei all diesen vielseitigen Abendbeschäftigungen
mufs ich auch Erwähnung thun: ein leeres Blechgefäfs, das .einst
kondensierte Milch enthalten, darauf ein viereckiges Stück Blech einer
Blechdose fü r corned beef als Deckel. In diesem war in der Mitte
eine runde Öffnung gemacht, darin eine abgeschossene Patronenhülse
mit ausgestofsenem Boden als Dochthalter. Der Docht' bestand aus
zerfaserten und zusammengedrehten Zeugstreifen oder noch besser aus
alter, verdorbener Verbandwatte. Palmöl vertrat die Stelle des Petroleums,
und eine alte Pincette war Lichtputzschere. Das waren unsere
Lampen.
Kerzen gehörten nicht selten ein paar Monate lang der Sage a n ;
kamen wieder einmal einige Blechbüchsen mit solchen, so wurden sie
sofort zum eisernen Bestand übergeführt fü r Marsch- und Alarmzwecke,
und fü r die meteorologische L a te rn e .--------
Wie auf dem Marsch die schönen Tage zu zählen sind, -so auch
im Stationsleben die ungetrübten Zeiten. Ich habe mit den vorgeschilderten
Abenden nur einiger L ic h ts e ite n des Aufenthaltes auf
Baliburg gedacht Zur rechten Zeit lag der eine oder andere von
uns am Fieber oder von quälenden Hautkrankheiten gepeinigt in seiner
Hütte,- oder schwere Palaver liefsen den ganzen Ernst dort oben an
Stelle gemütlicher Unterhaltungen treten. Am 5. Mai 1892 stieg Zintgraff
ins Waldland hinunter; und fortan hatten fü r mich, solange ich
noch auf Baliburg safs (bis zu meinem Abmarsch im Jan u a r 1893), die
abendlichen Zusammenkünfte und Plauderstunden ein Ende.
Die Gleichmäfsigkeit des Tageslaufes in ruhigen Zeiten wird nicht Emtonig-
selten, wie allerorten, zur Gleichförmigkeit und Eintönigkeit. D a kdt'
schaltete ich dann ab und zu gröfsere Felddienstübungen mit meinen
Soldaten ein oder die ganze Stationsbesatzung ward fortgeschickt, um
Bambus (die riesigen Blattrippen der Weinpälme; nicht zu verwechseln
mit dem indischen Bambus!) zu Hausbauten u. s. w. zu hauen und auf
die Station zu schleppen. In letzterem Fall, oder wenn drüben im Dorfe
die grofsen Tänze gefeiert wurden, wozu wir unsere Soldaten beurlaubten,
konnte ich mich fü r einen oder mehrere Tage als dienstfrei betrachten.
Da h a t sich dann das Jägerblut in mir geregt. Mein trefflicher
Doktor machte fü r mich den Laubfrosch und ich nahm Jagdurlaub.:-n-
Ich lade den Leser ein, mich auf meiner ersten Elefantenjagd im
Grasland zu begleiten, die aufserdem eines tragikomischen Anstriches
nicht entbehrte.
„Heute früh der alte, biedere Büffeljäger Kunyam“ (ein Bali) ™-.m.«.-
„gekommen: er hätte nicht weit von der Station die frische Fährte eines
Elefanten entdeckt; ob der »fuon ssissa« ihn nicht schieisen gehen wolle.
Ich konnte mich frei machen und zog los mit Mbarra dem Koch, Sullu
und Baioko, drei Weijungen, die ganz passable Elefantenjäger waren
und denen man schon ein Gewehr/88 in die schwarze Pfote drücken
konnte. Zwei Stunden östlich der Station bereits auf die Spur ge-
stofsen, sie führte quer über den Weg zur Königsfarm; ihr nach-
Voraus Kunyam mit einer gewaltigen Steinschlofsflinte, dann ich, hinter
mir die drei Weijungen und mein kleiner Balidiener Banting. Die
Fährte ging m eine Raphianiederung, den Lieblingsaufenthalt der
Tiere. Der Führer, vielleicht sieben, acht Schritte voraus, war gerade
um eine Windung gebogen, so dafs ich ihn einen Augenblick aus den
Augen verloren: da kracht ein Schufs unmittelbar vor mir, und bevor ich
recht wufste, was eigentlich los, sehe ich schon auf dem ausgetrampelten
Pfade einen Elefanten mit Rüssel hoch In seinem schwerfälligen Galopp
ankommen. Gerade noch Zeit zu einem Satz seitwärts ins Gras; braust
er schon vorbei an mir. Rückwärts blickend, sehe ich die Kerls hinter
mir,; ebenso überrascht wie ich, rechts und links in’s Gras hüpfen
wie Frosche m den Teich. Dann erhoben wir uns, rieben die respek-
tiven Körperstellen und sahen uns an. Auch Freund Kunyam kam
beduckt zurück; natürlich der Kerl h a t die Geschichte verpatzt.
E r stiefs ganz plötzlich auf' das gemütlich fressende Tier und in der
Verblüffung brannte er seine Schlüsselbüchse auf einen höchst unweidmännischen
Körperteil desselben ab. Der Elefant, sehr ungehalten ob
dieser Störung seiner Mahlzeit, machte kurz k ehrt-und entfernte sich
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