Handelsprodukte.
und 8000 Kisten Genevre! Ich denke, diese eine Angabe genügt.
Von der Küste, deren Bevölkerung im ganzen Westen Afrikas bereits
von dieser europäischen Kulturgabe durchseucht is t, sickert das entnervende
Gift tie f hinein bis zu den Binnenstämmen.
Gegen diesen Fluch der Civilisation, womit wir die Neger vertie
ren , sollte gepredigt, aber auch rücksichtslos eingeschritten werden,
weit mehr ais gegen das Sklavenhaltern Weniger verhängnisvoll für
die schwarze Rasse ist letzteres als dieses Laster, das wir, die Weifsen,
sie lehren. —
Weiter. In grofsen Kisten liegen Feuersteingewehre, ein sehr
begehrter Tauschartikel; wie nicht minder Pulver, .das in eigenen
Pulverschuppen in Tonnen lagert. Eisenwaren, und zwar namentlich
Hacken und Messer (sogenannte Cutlass), Vorhängschlösser, Eisen- und
Messingringe, Rasiermesser folgen sodann.
Viel verlangt ist auch Tabak, sowie Salz. Soweit ersterer zu
Handelszwecken eingeführt wird, ist es langblättriger Kentuckytabak.
Je länger das Blatt und je würziger und süfslicher der Geruch, desto
beliebter ist diese Ware. Und zwar wird er nicht als Rauch-, sondern
zu Schnupftabak verwendet. Deshalb dürfen unter den Tauschwaren
auch Schnupftabaksdosen nicht fehlen. Es h a t sich für diese bereits
eine ganz bestimmte Form eingebürgert: kleine, runde Blechdosen,
ähnlich unseren Salbendosen, deren Deckel aber den Kopf der Königin
Victoria zeigen mufs.
Weitere gangbare Gegenstände sind: Emailgeschirre, kleine Spiegel
und Nägel mit breiten, hohen Köpfen (Tapeziernägel). Letztere dienen
zur Verzierung der Messergriffe, Messerscheiden, von. Stöcken u. s. w.
Erwähne ich schliefslich noch Glasperlen der verschiedensten
Farben und Gröfsen, sowie falsche Schmuckgegenstände, so sind die
Tauschwaren ziemlich erschöpfend aufgeführt. Letztgenannte Gegenstände
finden bei dem Neger, der andererseits recht wohl weifs, was
fü r sein Leben thatsächlichen Wert ha t, dennoch gleichfalls Anklang,
aber n u r deshalb, weil er mit ihrem Einkauf den realen Hintergedanken
verbindet, sich damit die Huld des schönen Geschlechts erwerben zu
können. Also ungefähr — wie bei uns?? —
Und nun die Landeserzeugnisse, die fü r diese Tauschwaren eingehandelt
werden, also jene einheimischen Produkte, die der Eingeborene
dem weifsen Händler zum Verkauf, d. i. Eintausch bringt
oder umgekehrt der weifse Händler zum Eingeborenen zu gewinnen
geht: reine Handelsprodukte. Es sind demnach die Erzeugnisse der von
Europäern angelegten und geleiteten Pflanzungen hier nicht genannt.
Handel, Verkehr und Europäerleben u. s. w. 57
In erster Linie stehen Palmöl, Palmkerne, Gummi und Elfenbein;
in zweiter verschiedene Arten Nutzhölzer, Piassava, Erdnüsse, Kolanüsse
und Kopal; schliefslich noch einige weniger in Betracht kommende,
wie Kopra u. a. m.
Die eingehaltene Reihenfolge entspricht auch im allgemeinen der
Bedeutung und Menge der von der westafrikanischen Küste in den
Handel gelangenden eingeborenen Landeserzeugnisse. Natürlich überwiegt
in einem Gebiet dieses, im anderen jenes Produkt.
Wenn man aber die genannten Erzeugnisse — und ich will mich
dabei auf die in erster Linie aufgeführten beschränken — in ihrer
geschichtlichen Reihenfolge, d. h. wie sie nacheinander in den Handel
gekommen sind, nennen soll, so ergiebt sich als Aufeinanderfolge:
Elfenbein, Palmöl und Palmkerne, Gummi.
Das Elfenbein kommt in den Handel teils als Bestand der
im Innern aufgestapelten Mengen, teils frisch gewonnen durch die
Jagd.
In demselben Mafse, wie durch Beseitigung des Zwischenhandels
und Eröffnung von Karawanenwegen aus dem und in das ferne Innere
ein leichterer Abflufs der aufgestapelten Güter — und das ist nur
Elfenbein — ermöglicht wird, wird dessen Menge abnehmen. An eine
entsprechende Ergänzung der geräumten Lager ist nicht zu denken.
Einmal sind die Elefantenjagden nicht so ertragsreich, dann wird aber
auch der Elefant selbst immer seltener und mehr und mehr ins innerste
Innere Afrikas zurückgedrängt werden. Nach einer Schätzung des
berufensten Elfenbeinhändlers und -kenners, Westendorp, sollen jä h rlich
an 60000 Elefanten ih r Leben lassen müssen bezw. müssen die
aufgestapelten Vorräte um so viel Elfenbein sich verringern, als dieser
Zahl lebender Tiere entspricht, um die europäische Nachfrage nach
diesem wertvollen Gegenstände zu decken.
Noch mehr Verwüstung als die Jagdzüge der Weifsen richten die
Eingeborenen selbst un ter den Dickhäutern an. Wahllos wird auf jede
nur mögliche Weise das Tier erlegt. Abgesehen von dem wenn auch
geringen, doch immerhin vorhandenen Gewinn bei Erbeutung kleiner
Zähne spielt eine grofse Rolle die leidenschaftliche Gier nach dem
Fleisch als Leckerbissen. Ja, dieses ist selbst wieder begehrter Handelsartikel
bei Stämmen, die des Vorzugs eines Elefantenbratens entbehren.
Übrigens findet auch das Elfenbein vielseitigste Verwendung
bei den Negern selbst: die Zähne werden zu Kriegshörnern und
Pfeifen für Tanz und Spiel verarbeitet, Arm- und Beinringe daraus
gefertigt u. a. m.