Begleiterscheinungen
des
Fiebers.
F o lg eerscheinung
en des
Fiebers.
Abgesehen natürlich von der thatsächlichen Lebensgefahr, die
jeder schwerere Fieberanfall in seinem Gefolge h a t, abgesehen von
den unmittelbaren Leiden wie Kopfschmerz, Schwindel, Erbrechen,
Schüttelfrost und den wohlbekannten schönen Dingen mehr, sind es die
Begleit- und Folgeerscheinungen, welche die Krankheit so qualvoll
machen.
Die charakteristischen Begleiterscheinungen sind die ganz au ß e rordentliche
Lähmung der Willenskraft und der bis zur gänzlichen Mutlosigkeit
und Verzagtheit heruntergedrückte Gemütszustand. Ich weiß es
aus n u r allzu häufiger eigener Erfahrung, dass man den letzten Rest
von Willenskraft zusammenraffen m u ß , vom Fieberfrost geschüttelt,
von rasendem Kopfschmerz gepeinigt, gequält von stetem Erbrechen
und Brechreiz, das in nächster Nähe befindliche Chinin zu nehmen
oder seinen Diener zu rufen, d a ß er es einem reiche. Dazu möge
man sich die Lage denken, in der man sich im Busch bei einem
FieberanfaU auf dem Marsche wohl meist befindet. In einer elenden
Negerhütte, deren Dach den Regen nur sehr mangelhaft abhält, oder
im Biwak, neben einem rauchenden qualmenden Feuer, an das man
sich des Frostes wegen mit seinem Feldbette möglichst nahe heranschmiegt
und dessen Rauch einem die Augen beizt und den Atem
benimmt; draußen auf der Dorfstraße oder im Lager bis in die späte
Nacht hinein Gesang, Getöse, Gebrüll der Neger, die sich den Teufel
um den kranken Weifsen kümmern; als einzige Gesellschaft die zahlreichen
Ratten, die einem über die Decken- laufen; in der Nähe hängt
vielleicht ein nicht mehr ganz frisches Stück der gestern geschlachteten
Ziege. Dazu die fieberhafte Ungeduld, hier liegen bleiben zu müssen,
wo man vorwärts möchte und sollte, in einem Augenblick; und im
nächsten tiefste Entmutigung und Hofihungslosigkeit!
Eine von uns häufig beobachtete Begleiterscheinung war auch Anschwellung
der Hand- und Fingergelenke.
Die tückischen Folgeerscheinungen sind nebst der unvermeidlichen
Entkräftung oft hochgradige Nervenschwäche und eine gewisse Gedächtnisabnahme.
„ . . . Die Nerven heute noch derart schwach“
(schrieb ich einmal au f Baliburg in einem Briefe an meine Angehörigen
nach einem Fieberanfall), „ d a ß , als ich mit einer Abteilung
meiner Soldaten Scheiben schoß, ich buchstäblich bei jedem Schuß
zusammengefahren bin: ja wer schlechte Nerven haben will, der muß
nach Afrika gehen! Bei Dr.“ (nämlich Zintgraff) „ist es in bedeutend
höherem Maße b e re its; der kann, solange geschossen wird, nicht mehr
ruhig sitzen. Wenn Post ankommt, sind wir beide stets in fieberhafter
Nervenaufregung und können den ganzen Tag nichts essen.
Auch ist ganz merkwürdig ein gewisses Nachlassen des Gedächtnisses,
wohl eine Folge des verdünnten und darum schlechteren Blutes; auch
ich habe bereits darüber zu klagen, z. B. Ortsnamen, Namen von guten
Bekannten sind mir einfach entfallen; bei Dr. fällt es mir geradezu
oft a u f . . . .“
Ohne darauf näher einzugehen, wann und in welchen Gaben man ohmm
das Allheilmittel gegen Fieber, das Chinin, nehmen soll, möchte ich
nur noch zu der umstrittenen Wirkung des vorbeugenden Chiningebrauches
Stellung nehmen. I c h glaube daran, rate aber trotzdem
oder gerade deswegen vom ständigen Chininessen dringend ab. Denn
damit m u fs sich ja der Körper an das Mittel gewöhnen und die
schützende Wirkung geht verloren. Muß man durch bekannt ungesunde
Landstriche marschieren oder stehen ungewöhnlich große Strapazen
bevor, dann nehme man Chinin auch bei augenblicklichem voll-
ommenen Wohlbefinden; sonst nur, wenn die Vorboten des Fiebers
oder dieses selbst sich einstellt, im letzteren Fall gleich in gehörigen
Mengen.
Die zweite, den westafrikanischen Tropen eigene Krankheitsform, ny8eaterie.
die Dysenterie, Ruhr, ist stets eine bedenkliche, ernst zu nehmende
Erkrankung, sowohl an sich schon, als weil- sich zu ih r dann nicht
selten ein Fieberanfall gesellt oder auch umgekehrt. Auch un ter den
Negern herrscht sie und nimmt des öfteren eine epidemische Form an
Wahrend meines Aufenthaltes au f Baliburg wütete Februar und März
1892 diese. Seuche verheerend im Balistamm, und es fielen ih r über
600 Leute zum Opfer; von da zog sie nach Norden, gottlob zu unseren
Gegnern, und soll auch bei ihnen die Reihen gelichtet haben.
Die Hautkrankheiten schließlich, die nach Zahl und Häufigkeit Hauttaank-
lhres Auftretens fast die erste Stelle unter den typischen Krankheiten h61t“ '
im Inneren Nord-Kameruns einnehmen, sind anfänglich ja wohl weit
weniger gefährlich als Fieber und Ruhr, aber fast noch peinigender als
diese und können schließlich bei ihrer Hartnäckigkeit, bei der durch
sie hervorgerufenen Schlaflosigkeit und Nervosität immerhin leicht
Geneigtheit für schwerere Erkrankungen schaffen.
Schon aus der reichlichen Zahl von Mitteln, die ich in meine
ärztliche Ausrüstung gegen diese gefürchteten Erscheinungen aufgenommen
habe, kann man ersehen, ein welch häufiger, vielseitiger
und qualvoller Gast sie sind. Besonders auf der Station in der
Regenzeit hatte ich schier unerträglich darunter zu leiden und verspüre
mir darum mein Klagelied auf den nächsten Abschnitt. Hier