Ich fahre in der geschichtlichen Entwickelung fort.
2 5 » Die ersten in die eigentlichen Graslandgebiete weichenden Adamaua-
iLdemBali' Bewohner sind jedenfalls schon auf Hintersassen, Ureinwohner, getroffen,
die später folgenden auf solche u n d auf ihre früheren Landgenossen;
und so sehen wir hier in den B a l i l ä n d e r n dasselbe Geschiebe
vor sich gehen, wie vordem in A d am a u a : auch hier E inw a n d e r e r
und früher A n g e s e s s e n e . Der gleiche Kampf entspann sich. Die
ursprüngliche Bevölkerung der eigentlichen Grasländer, wenigstens in
den nachmals von den Eindringenden in unmittelbaren Besitz genommenen
Landstrecken, ist stark gelichtet worden, soweit sie nicht
gutwillig Raum gab, oder sich unterwarf.
Das e ig e n t li c h e G r a s la n d i s t demnach d a s s ü d lic h e u n d
s ü d w e s tlic h e G r e n z g e b ie t von A d am a u a ; die in ihm hausenden
Stämme Grenzvölker gegen die Adamauastaaten, deren nächstliegender
im Norden das Sultanat Takum, im Osten das von Bamum ist.
Letzteres dürfte wohl gleichbedeutend mit dem unter dem Namen
„Banyo“ bekannten sein. (Das geht aus der Entfernung hervor, aus
der ganzen Schilderung der Völkerwanderung der Bali und schliefs-
lich auch aus dem Umstande, dafs öfters Gerüchte zu uns drangen
von Kriegen, bei welchen ein östlich sitzender Teil des Balistammes
aufs neue in grofse Bedrängnis geraten sei: eben wieder nach Westen
ausgedehnte Sklavenraubzüge des Herrschers von Banyo.)
schaden ¡n Aus dieser geschichtlichen Entwickelung geht ferner hervor, dafs
u S w " — eben auf g e s c h i c h tl ic h e r Grundlage — von V ö lk e r s c h e id e n im
e ig e n t li c h e n G r a s la n d gesprochen werden mufs; nur können wir
solche nicht, wie im Waldland, in räumlicher A u f e in a n d e r fo lg e festlegen,
sondern sie sind d u rch e in an d e rg ew o rfen . Die ihnen zu
Grunde liegenden Begriffe heifsen hier wie in Adamaua: U r e inw o h n e r
und E in w a n d e r e r . (Eine weitere Komplikation fand hier zu Lande
insofern sta tt, als die Einwanderer zu verschiedenen Zeiten ins Land
kamen.) Erstere sind, gleichfalls wie dort, entweder geblieben und
haben sich freiwillig unterworfen, oder sind unterjocht worden, oder
sind gewichen, oder endlich: waren imstande, sich ihre Unabhängigkeit
mehr oder weniger zu erhalten. Denjenigen T e il'd e r Urbevölkerung,
der vor den Hereinströmenden ausgewichen ist und der sich auf diese
Weise seine Selbständigkeit, wenigstens vorerst, zu bewahren gewufst
h a t, finden wir in den kleineren Bergvölkern am Südrande des Hochlandes
und an seinen Hängen und Vorbergen: in den B a b e u. s. w.,
sowie in den nach Osten zu ausgewichenen B an zo a . Von einer Aufzählung
der verschiedenen Stämme im eigentlichen Grasland und
Angabe der Völkerscheiden sehe ich im Text ab, und verweise auf
die Völkerkarte (auf Kartenbeilage 2).
Das jüngst eingewanderte und. menschenreichste Volk sind die HW«™« des Dali-
B a li, bei deren einem Stamm wir die Station Baliburg angelegt hatten. stammeB-
Ihr Zug, eine Völkerwanderung im kleinen, ist noch frisch im Gedächtnisse
des Volkes; sind doch noch gar manche am Leben, die
ihn mitgemacht haben. Annähernd gleiche Schicksale haben wohl
auch die anderen aus Norden gekommenen Stämme erlebt.
„Vor etwa 60 Jahren“ (so lange mochte es sein; denn der mir
die Geschichte berichtende Balihäuptling Garega zählte wohl sicher
seine 60 bis 70 Jahre und war bei diesem Exodos ein ganz kleiner
Knabe) „sind sie, die Bali, in ihren damals innegehabten Wohnsitzen
in »N’Yong-Puri« in der Nähe von »Balimudi«, wo ihre Väter und Grofs-
väter schon gesessen“ (also Ureinwohner) — dabei deutete Garega nach
Norden — „von den Haussa auf Pferden bekriegt, viele von ihnen gefangen
und der ganze Stamm vertrieben worden. Dann sind sie der
Gegend zugezogen, wo die Sonne aufgeht; hatten aber viel zu kämpfen
gehabt; waren endlich wieder umgekehrt und hatten sich nach Süd westen
gewandt. Dabei überschritten sie einen grofsen Flufs, den »Bamum«“
(Mbam?) „und kamen nach vier Monden in die Gegend, wo sie je tz t sefs-
haft sind. Da wollten sie sich niederlassen und hatten mit dem an dem
Platze ihres jetzigen Dorfes damals gesessenen Stamm, den »Batanka«
gekriegt; wurden aber besiegt, und wichen nun nach Süden aus bis
an den Rand der Hochebene. Dort trafen sie einen Stamm, der in
alten Zeiten in ihren alten Wohnsitzen ih r Nachbar gewesen, die
»Bamesson«; und mit diesen vereint streiften sie hinunter ins Waldland.
Dort unten aber ist bald ein grofses Sterben über sie gekommen,
und nun stiegen sie wieder ins Grasland hinauf, kämpften
aufs neue gegen die Batanka und besiegten sie. Dann tr a t eine
Trennung des Stammes infolge des Todes des Häuptlings (Garegas
Vater) ein. Der Teil, bei dem wir die Station Baliburg erbauten, blieb
unter einem der drei Söhne, eben unter Garega, dem sein Vater auch“
(wie er oft erzählte) „die Fahne des Stammes übergab.“ (Die Graslandstämme
führen Fahnen: grofse viereckige Stücke weifsen, einheimischen
Gewebes an langem Lanzenschaft.) „Er nennt sich »Bali-N’Yong«.
Die beiden anderen Teile, »Bali-Bagam«!) und »Bali-N’Kunbat«2), unter
den beiden anderen Söhnen des gemeinsamen Häuptlings, zogen wieder
') Gewöhnlich kurzweg „Bagam“ genannt.
) Gewöhnlich abgekürzt „Ba N’Kunbat“ genannt.