Nahrung.
Busch bestehend peinlich beachtet. Man mufs auch draußen stets so
zu erscheinen suchen, d aß man geselßchaftsfähig wäre; natürlich lä ß t
sich das nicht den Anzug, wohl aber den Körper anlangend durchführen.
In dieser Hinsicht kann man vom Engländer lernen. An der
Küste z. B. habe ich ausnahmslos die Beobachtung gemacht, d a ß der
Brite wohl den ganzen Tag schmutzig und schweißbedeckt, nur mit
Hemd und Hose bekleidet in seinen Warenlagern oder auf seiner
Pflanzung thätig ist; kommt aber die Tageshauptmahlzeit, so kennt
man denselben Mann nicht wieder: gewaschen, frisiert, pomadisiert, in
tadellosem Gesellschaftsanzug, in Lackschuhen, Seidenstrümpfen, weißer
Krawatte, schneeweißer Wäsche erscheint er.
Vertreter anderer Nationen haben meist leider diesen Zug nicht.
In der „Wildnis“ schon gleich gar mu ß man möglichst martialisch
erscheinen, d. h. auf gut deutsch möglichst verwildert, verwahrlost und
schmutzig herumlaufen. Die Sucht, möglichst „wild“ auszusehen,
bringt mir ein Bild von einem deutschen Faktoristen in Erinnerung;
der sich folgendermaßen von einem Negerphotographen an der Küste
hatte verewigen lassen. Doch ich m u ß den Helden zuerst schildern:
ein Männchen klein und sanft wie eine Tauhe und furchtsam wie ein
Hase; ward er doch einmal von Genossen dadurch, dafs sie nachts
dünne Äste auf das Wellblechdach seines Hauses warfen und ihm
weismachten, Schlangen tummelten sich auf dem Dache herum, so in
Angst gejagt, d a ß er nächtelang nicht mehr zu schlafen wagte.
Dieser Tapfere also (auch er liegt schon auf dem Europäerfriedhof
h in te r der Jossplatte) steht auf dem Bilde da mit einem langen
Gewehr, fast so lang als er selbst, was allerdings nicht viel besagen
will, im Anschlag auf einen unsichtbaren Gegner; in seinem
Gürtel steckt ein Revolver und ein langes Buschmesser und zu seinen
Fü ß en liegen in malerischer Unordnung — fünf gebleichte Negerschädel
! —
Weiter verlangt der Körper bekömmliche, kräftigende Nahrungszufuhr.
Damit sind wir beim „chop palaver“ angekommen, bei der
Frage: was und wann sollen wir essen?
Der Appetit des gesunden Reisenden ist sehr rege, weil die Verdunstung
eine sehr starke ist. Zu Hause braucht nur ein kleiner
Prozentsatz Nahrung in Wärme umgesetzt zu werden, draußen weit
mehr; also müssen wir auch mehr Wärmeerzeuger einführen, um den
Ansprüchen der Mehrausgabe zu genügen. Der gelehrten Rede einfacher
Sinn ist der: wir haben d rau ß en , wenn uns das Fieber nicht
schüttelt, einen recht gesegneten Appetit.
Schon oben bei Besprechung des Inhalts des Proviantkoffers deutete
ich eine fü r den Reisenden im Busch äuß e rst wichtige Regel an- als
Rohstoffe muß er so weit als möglich die einheimischen Landeserzeug- v ™ .
msse m Tie r- und Pflanzenreich nehmen; dieselben aber bei der Zu- Ö S «
bereitung durch Verwertung heimatlicher Kochkunst und ihrer ein- SS-T
fachsten Zuthaten, die er auch großenteils dem Lande entnehmen
kann, schmackhaft und dem europäischen Magen zuträglich machen
Wo der Neger lebt, kann auch der Weiße leben. Das Land bietet
an Fleisch, Früchten und zu Gemüse verwendbaren Pflanzen so viel,
daß der einigermaßen praktische Reisende über die R a t- und Brotlosigkeit
(das Wort in seiner weitesten und engsten Bedeutung) so
vieler Europäer, sobald sie von ihren Konservenbüchsen getrennt sind
sich nicht genug wundern kann. Ich, der ich früher mich gerade
keiner besonderen Kochanlagen rühmen durfte, habe mich, von meinem
unerreichbar praktischen Führer, Dr. Zintgraff, mit einigen Winken in
dieser Beziehung versehen, bald und ganz gut in einen brauchbaren
Buschkoch verwandelt. Allerdings vermindert sich dieses Verdienst
etwas, wenn man erwägt, dafs einerseits auf Märschen die Ansprüche
auf Zübereitung und Abwechslung im Speisezettel nicht gerade g roß
sind und anderseits der Neger selbst Talent zum Kochen hat. Eine
Hausfrau würde freilich seiner Hantierung entsetzt zusehen, nicht
zum letzten wegen seiner noch größeren Anlage zum Schmutzfinken
Dagegen kämpft wohl jeder Weiße, aber auch jeder erlahmt in diesem
Kampfe und ergiebt sich in den unvermeidlichen D r— uck der Verhältnisse.
Die Hauptmahlzeit, stets abends, d. h. nach Beendigung des Tagesmarsches
eingenommen, bestand meist aus demselben Gericht, das ich
immer mit dem gleichen Appetit verspeiste und das von uns Busch-
suppe genannt wurde. supp..
Ich will das Geheimnis der Zubereitung verraten: Stücke Schaf-,
Ziegen-, Schweine-, eventuell auch Elefantenfleisch, Hühner, klein
geschnittene Jams- und Kokoknollen, Reis, Koko- und Kürbishlätter,
Kresse und sonstiges einheimisches Grünzeug (womöglich während des
Marsches bereits abgerupft und im Feldkochgeschirr verwahrt), dazu
Negerpfeffer und Salz wird zu einem Brei zusammengekocht Je
mannigfaltiger das „Suppengrün“ , desto pikanter das ganze Gericht
Eine solche Buschsuppe besitzt, au f die Tafel gebracht, mehr innere
als äußere Vorzüge; und namentlich bei Zuthat eines von mir sehr
beliebten Bestandteiles, der Früchte der Okropflanze, wird der Neuling
einen Augenblick zögern, bevor er tapfer zugreift: die zerkochten