1 Va Tage Ruhe mufste ich hier meinen yon den anstrengenden
Märschen erschöpften Trägern gönnen. Ich meinerseits habe diese
beiden Rasttage zum Ordnen und Ergänzen meiner Aufzeichnungen ü. s. w.
benutzt.
Dann aber litt es mich nicht länger; stand ich doch an der
Grenze des Banyanggebietes (siehe Abschnitt I , S. 18). Nguti war
sicher, so besChlofs ich mit 100 Trägern am nächsten Morgen loszugehen.
Der Rest trabte nach Batomstation zurück, neue Lasten nach
Nguti zu schleppen. — —
SSSS8™® Zu Hause marschiert der Reisende nach der Karte, draufsen
Aufeahrnen marschiert er, um die Karte zu machen.
Die rein topographischen Aufnahmen und meteorologischen Beobachtungen
müssen in d e r s e lb e n Ze it, welche zum Zurücklegen der
betreffenden Wegstrecke nötig ist, ausgeführt werden und zwar erstere
w ä h r e n d des Marsches. Das ist nicht so schwer, als man anfänglich
glaubt; namentlich wenn man sich zum Grundsatz gemacht h a t, als
Beförderungsmittel n u r seine eigenen Füfse zu benutzen. Der richtige
Forscher darf n u r zu Fufse wandern. Dafs einer im Waldland von
Nord-Kamerun auf keine andere Art der Fortbewegung verfällt, dafür
sorgt allerdings das Gelände; aber auch wo diese vis major nicht
mehr wirkt, wie z. B. in Adamaua, darf man dem für einen Reiter ja
sehr verführerischen Gedanken, auf dem Rücken des Pferdes weiter zu
ziehen, aus Förschergründen nicht Raum gehen.
Marschgeschwindigkeit und Schrittmafs zu ermitteln, und zwar für
die verschiedenen Steigungsgrade, ist unbedingt nötig für die spätere
Konstruktion der Itinerare.
Der erste Eintrag ins Tagebuch bei jedem Marschtag ist Antrittszeit
des Marsches und Anfängsmarschrichtung in Graden. Und nun
soll der gewissenhafte Reisende von 10 zu 10 Minuten die Marschrichtung
in Graden aufzeichnen, aufserdem hei jeder stärkeren Wegbiegung
u n te r Vermerk der Zeit. Dazwischen hinein sind. Abgaben
je g l i c h e r Art: Marschverzögerungen, Halte, Namen der durchzogenen
Orte, deren Gröfse, Bauart, Bewohner, ethnographische, zoologische,
botanische Notizen, allgemeine topographische Beobachtungen, Bezeichnung
von Wasserläufen, Richtung derselben, Breite, Tiefe, Namen,
Peilungen von Bergen u. s. w., Thermometer- und Barometerablesungen,
Sprachliches u. s. w. einzutragen. Halte werden benutzt, flüchtige
Krokis zu entwerfen, Siedepunktsbestimmungen zu machen u. s. w.
Ortsbestimmungen und photographische Aufnahmen finden wohl meist
im Quartier und Biwak statt.
Ich wollte mit diesen paar Zeilen nur ein oberflächlichstes
Bild entwerfen von dem, w a s j e d e r F o rs c h u n g sre ise n d e beobachten
und bethätigen mufs. Bezüglich des W ie ? verweise ich auf die mehrerwähnten
Aufsätze von Dr. Neumayer und Baumann; hier führte es zu
weit. Aber niederschreiben möchte ich einmal einen Hauptgrundsatz Grundsätze
für Topographie und Meteorologie: n iem a ls , a u c h n ic h t e in e n T a g S H * “
n k n t T . . Thätlgkeit.
d a r f Auf n ä hm e u n d B e o b a c h tu n g u n te r b r o c h e n w e rd e n ; mühsam
.wochen- und monatelang gemachte Aufzeichnungen verlieren ganz
aufserordentlich, ja werden wertlos, wenn zu oft und zu lange Lücken
in den Zahlenreihen klaffen — und dann für alle wissenschaftlichen
Beobachtungen überhaupt: u n b e d in g t e s t e W a h r h e i t u n d R ic h t ig k
e i t i s t G ru n d b e d in g u n g . Es ist viel schlimmer, etwas unrichtig
zu berichten als nichts zu bringen. Nachtigäl h a t dies in die Formel
gekleidet: „Es verschlägt der Wissenschaft gar nichts, ob ein wissenschaftliches
Ergebnis heute oder erst in 50 Jahren bekannt wird,
wenn es nur überhaupt bekannt wird“ , und spricht bei dieser Gelegenheit
des. weiteren gutmütig spottend von „der bekannten Neigung
der Afrikaner, au f Grund vager, unzuverlässiger Erkundigungen und
Aufschlüsse der. Eingeborenen Stromverbindüngen zu erfinden und
phantastische Flufsnetze zu konstruieren“.
Man mufs sich der nüchternsten, kühlsten Beobachtung befleifsigen;
stets jede Erkundigung. von mehreren Seiten bestätigen lassen. Ich
habe mir z. B. bei Aüfzeichnungen in sprachlicher Beziehung e in Wort
zehn Mal und noch öfter und zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen
Leuten vorsagen lassen, bis ich es mit der Überzeugung
richtiger Wiedergabe niederzuschreiben wagte.
Von den zahlreichen Fehlerquellen, die drohen, führe ich nur einige
an, die vielfach unterschätzt oder ganz übersehen werden. Die meisten
Negersprachen kennen keine allgemein gültigen Benennungen für Flufs,
Berg, Vogel u. s. w., d. h. es fehlt das abstrakte Bezeichnungswort für eine
Gattung. Dörfer führen vielfach den Namen des gegenwärtigen Häuptlings
und wechseln ihn mit dem Wechsel des Herrschers. Das vorbei-
fliefsende Wasser, soweit es die Dorfgemarkung durchströmt, ein naheliegender
Berg oder vielleicht n u r dessen dem betreffenden Ort zugekehrte
Seite wird nach dem gleichen Grundsatz benannt. Im Burgfrieden
des Nachbarortes heifst der gleiche Flufslauf, die andere Seite des
gleichen Berges schon wieder anders. E in Flufs, e in Berg, e in
Dorf u. s. w. kann also zeitlich und räumlich eine ganze Anzahl verschiedener
Namen führen, die an sich alle richtig sind oder waren.
Dadurch entstehen aber in den Köpfen der Reisenden und nachher in