gekommenen Vertreter der schwarzen Rasse auf a ll e ihre, Angehörigen
zu schliefsen. Der dabei begangene Irrtum ist um so gründlicher, als
der besagte Vertreter meist einem Küstenstamme oder den amerikanischen
Negern angehört; beide haben mit dem tiefer im Innern des
dunkeln Erdteils lebenden vielfach nicht viel mehr gemein als die
Hautfarbe. Dann wird mit Vorliebe ein recht bäfsliclier Afrikaner mit
einem weifsen Apollo verglichen. Man betrachte sich einmal: einen
stumpfsinnigen Bauernbuben, ein Weib aus den unteren Schichten der
Bevölkerung g l nicht eine der „prächtigen Volkstypen“, wie sie meist
n u r in der Einbildungskraft der Maler Vorkommen — von oben bis
unten: ich weifs nicht, wer bei dem Vergleich schlechter wegkommt,
der oder die Schwarze oder Weifse. Und endlich frage ich,! wie einst
Pilatus frug „was ist Wahrheit?“ : „was ist Schönheit?“ Haben wir
allein die Berechtigung, ein Schönheitsideal aufzustellen und zu sagen:
„was nicht so is t, ist häfslich?“
Die Schädelbildung des Negers, überhaupt der Köpf mit seinen
so ganz anders gearteten Formen stöfst im Anfang, solange: wir noch
im Banne der kaukasisch-ästhetischen Schönheitsgesetze stehen, ab;
gewifs. Sehr bald aber lernen wir die hier eben anders zu formulierenden
Normalbegriffe, und finden dann unter den Schwarzen ebensogut
schöne und häfsliche Gesichter, wie wir das auch un ter unseren
weifsen Mitmenschen uns erlauben. Was aber die Körperformen anlangt:
da bewahrt uns zu Hause die verhüllende, nachhelfende Kleidung
oft vor recht unangenehmen Enttäuschungen; der Körper des Negers
zeigt sich unverhüllt mit seinen schönen Formen, mit seinen Gebrechen.
Gleiche Fehler werden begangen beim Vergleich geistiger Eigenschaften
und Fähigkeiten. Zu den nämlichen Vergleichen auf diesem
Gebiet mit den nämlichen Versuchsobjekten wie oben, fordere ich auch
hier auf: die Ergebnisse werden die nämliche, gleich fragwürdige Ueber-
legenheit der weifsen Gattung ergeben. Wir lachen über manchen
Aberglauben der Schwarzen, über ihre Fetische; wir brauchen gar nicht
bis nach Afrika zu gehen, um das alles in schönster Blüte zu finden!
Ich stehe nicht a n , geradezu zu behaupten: der vorurteilsfreie
Vergleich eines geistig und körperlich gut entwickelten Vertreters aus
dem Volke eines weifsen (kaukasischen) Stammes und eines geistig
und körperlich gut entwickelten Vertreters eines der Hochlandstämme
im Hinterland von Nord-Kamerun fä llt n ic h t zum Nachteil des letzteren
aus. Nehmen wir in den beiden Farben minderwertige Repräsentanten,
so komme ich zu dem nämlichen Ergebnis. Und solche Vergleiche
a l l e i n sind gerecht. —
An diese Bemerkungen a llg em e in e r A r t füge ich, an der süd-
liehen Grenze des Waldlandes — als der Völkerschwelle des Innern
— stehend, eine (in der Richtung meiner Marschstrafse) unverkennbar
in die Augen springende Beobachtung an. Einmal, je weiter ich in’s
Innere gekommen bin, desto mehr nahm die Bevölkerungsdichtigkeit zu.
Dann, fast in einem gewissen fortlaufenden Verhältnis mit dieser Zunahme
fand ich Steigerung der Kulturstufe (das Wort „Kultur“ im
weitfassendsten Sinne genommen), die die immer stärker werdenden
Stämme einnehmen. Und das ist e ig e n e , nicht dem Weifsen abgelernte
und abgeschaute Kultur.
Schliefslich betone ich, dafs ich bei diesen meinen ethnischen
Vergleichen und Beobachtungen die Küstenbevölkerung — in meinem
Fall die Duallä — als ausgeschaltet betrachte. Diese wenigstens sind
mir, in ih r e r g e g e n w ä r tig e n , e rw a c h s e n e n G e n e r a tio n ein Zerrbild,
geschaffen aus zwar gu t entwickelten, aber geistig verschlagene^
körperlich verweichlichten Naturanlagen und aufgepfropfter, unverstandener
und unverdauter europäischer Kultur. —
Nach dieser Abschweifung zurück zu unseren Waldlandstämmen.
Die Bewohner der vier aufgezählten Gebiete tragen also, wie gesagt,
den allgemeinen Negertypus. Um so auffallender erscheint darin
eine kleine andersgeartete Völkerinsel. Die Bewohner von B a d um a , Fremde B eim
Bakundugebiet, erinnern auffallend an die Fullani in Süd-Adamaua der Waid-
° . . landstämme.
(siehe den im nächsten Abschnitt VI, S. 328 m Abb. 40 wiedergegebenen
Typus). Ich habe mich dort zu vorübergehend aufgehalten,
um dieser Erscheinung auf den Grund kommen zu können, halte es
aber fü r ausgeschlossen, dafs wir hier Reste von früheren Ureinwohnern
oder gröfserer Einwanderermassen aus dem Norden vor uns haben, und
glaube eher, dafs es ehemalige Sklaven aus den nördlichen Gebieten
sind, die zu fä llig e rw e ise hier in gröfserer Zahl sich zusammehgefunden
haben. Sieht man übrigens genauer zu, so findet man bei den genannten
Waldlandstämmen (am deutlichsten bei den Banyang) immerhin einen
nicht zu verkennenden Unterschied im Körperbau und auch in der
Hautfarbe; nicht so fast zwischen den einzelnen Stämmen, als vielmehr
innerhalb der socialen Bestandteile eines jeden Stammes selbst, nämlich
zwischen den freien Stammesangehörigen (den Herren) und den
Sklaven. Auf die ersteren, als die naturgemäfs eigentlichen Vertreter
der genannten Stämme selbst, bezieht sich der weitere Verlauf dieses D ie Wald-
-r» i n i • landsklaven. Abschnittes; die Sklaven, der offenbar fremde Bestandteil, sollen hier
besprochen werden.
Im Banyangland nennen sie s ic h .B a y o n g , und sollen aus nörd-
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