die Bäche, tiefeingeschnitten (stets mufs . man hinabklettern zum
Wasser und drüben wieder 2 und 3 m hinauf), in einer Menge von
Wasserfällen stürzen , sie in das nächste. Etwa Stunde vor Bali
biegt man um einen Hügel, geht etwas zu Thal und siehe: rechts
stürzt eine mächtige Kaskade wohl 50 m hoch ihre Wasserströme
herab. Wenn man eine Stunde nur marschiert is t, sind Gesicht und
Hände durch das scharfe, starke Gras d e ra rt zerschnitten, dafs
man faktisch voll Blut ist; recht angenehm das. In mächtigen Sätzen
springen die Bali an. einem vorüber, gleich Tigerkatzen; wie überhaupt
die, Kerls ein Tempo haben, dafs man schon auch so lange Beine
braucht wie ich oder einen so afrikanisch abgehärteten Körper wie
der kleine »Dr. Busch« (so heifst Zintgraff bei den Negern), um-mitkommen
zu können. Es geht aber ganz gut; gesund bin ich vorläufig
noch ganz und gar, und hier herrscht eine prächtige Luft.
Auf der Hälfte des Weges passiert man ein Dorf, d. h. es
liegt etwa, J/3 Stunde seitab, dessen Bewohner als Wegelagerer berüchtigt
sind.“ (Es war Bapigni, das Baubnest, mit dessen Kriegern
ich am Weihnachtsabend des gleichen Jahres noch einen tüchtigen
Zusammenstofs hatte.) „Die Bali erwarteten sicher einen Überfall,
fafsten ihre Speere fester, wir unsere Karabiner; und so passierten
wir, eng aufgeschlossen, die gewöhnliche Stelle ihrer Überfälle: ein
Thal mit schlechtem Bachübergang, morastigem Boden und hohem
Buschgras“ (an eben dieser Stelle ward ich an jenem Abend angegriffen),
„doch es zeigte sich nichts. Die zwei Weifsen, die Kunde von den
vielen Gewehren und die 300 Bali mochten ihnen eine Attacke doch
nicht recht rätlich erscheinen lassen.
Um 1200 a. p. zogen wir, u n te r wahnsinnigem Regengufs, nachdem
es den ganzen Vormittag schön gewesen, in Balidorf ein.“ —
Zwei Regen-, zwei Trockenzeiten habe ich da oben im Graslande
gesehen, bald auf dieser, bald auf jener Streife habe ich es wandernd
durchzogen — und stets, wenn ich morgens aus meinem Hause
auf Baliburg, aus dem Ssongo (Grashütte) auf dem Marsche hinaustrat
in die Na tu r, h a t sich das gleiche Gefühl der Heimatserinnerung in
mir geregt wie damals am ersten Tage. Namentlich in der Trockenzeit,
wenn taufrisch die mafslosen Flächen, ein unendliches, rauschendes,
grünes Meer, glitzern im Frühsonnenschein, leichte Nebelstreifen wogen
und wallen, die kühle Morgenluft Brust und Lungen weitet.
Auf diesen Höhen ist’s auch ein ander Marschieren! Mögen in
den Sommermonaten die Regenwolken tief herniederhängend ihre Wasser
Tag für Tag herunterschütten, mag auch der Südwest über das windgepeitschte
Grasmeer dahinbrausen und die Halme blutende Furchen
über Gesicht und Hände ziehen lassen, mag der Harmattan in der
Trockenzeit ausdörrend Staubwolken aufwirbeln oder die Flammenmeere
und Rauchsäulen der gewaltigen Grasbrände vor sich herjagen
und die Marschkolonne zu etwas beschleunigtem Tempo treiben: was
will all das besagen gegen die morastigen, dumpfen Niederungen des
Urwaldes! Stets ist der Untergrund fest und hart, nicht selten steinig
und rau h ; keine hemmenden Wasserläufe stellen Geduldproben an den
Reisenden, die klaren frischen Bäche werden anstandslos durchschritten,
höchstens dafs man die Steilufer hinab- und hinaufklettern mufs. Die
weichen, welligen Formen der Hügel sind spielend zu überwinden im
Verhältnis zu den schroffen Steigungen der letzten Marschstrecke im
Waldlande. Und schlägt auch das Grasmeer über dem Fufsgänger,
ja über dem Reiter zusammen, so vermag doch das Auge bald wieder
frei über das Land zu schweifen, wenn man einen d e r nicht seltenen
felsig nackten Hügel ersteigt.
' Was u n t e r den grünen Wogen vorgeht, entzieht sich freilich dem Günstige«
Blick. Zum gedeckten Heranschleichen und überraschendem Überfall ^«ÄUen!
ist das Gelände sehr günstig. Mir ist noch recht gut in Erinnerung
ein Rückmarsch zur Station am 1. Mai 1892. Ich hatte gegen das
stets feindliche Bagangu im Osten der Station eine Erkundung unternommen
und war mit nur 30 Mann bis an die Farmen des Dorfes
gekommen. Der Weg führte zurück an einem steilen Hang entlang.
Allenthalben hörten wir über und hinter uns Hornsignale der selbst
gänzlich unsichtbaren Gegner: ein Beweis, dafs wir entdeckt und umschwärmt
waren. Die Baganguleute hätten nur von den Höhen Felsstücke
herunterzurollen brauchen und wir wären in den tief unten brausenden
Wildbach geworfen worden, ohne einen Schufs abgeben zu können.
Gegen eben diese Bagangu, später im Dezember gleichen Jahres,
von der verhüllenden Grasdecke besseren Gebrauch machend als sie
damals gegen uns, gelang uns ein Handstreich vollkommen.
Auch dem Elefanten steh t man in diesem Gelände mit dieser
Bedeckung oft recht plötzlich und unerwartet und recht ungemütlich
nah geg en ü b er.--------
Ich habe, in Vervollständigung dieses Abschnittes, noch einige,
zu afrikanischen Märschen einschlägige Momente zu besprechen. Die
Tagebuchaufzeichnungen einer meiner Streifen. geben mir hierzu die
beste Gelegenheit: es is t mein Zug ins Waldland hinunter im Ju n i
und Ju li 1892 (siehe Abschnitt I, S. 24).
„Bamesson, 13. VI. 92. 620 a. m. Abmarsch mit 50 Mann, Baioko