ostwärts und eroberten sich Wohnsitze.“ — Offenbar ging die Trennung
nicht friedlich vor sich, „denn vor etwa 20 Jahren seien sie, die Bali-
N Yong, ganz plötzlich von den Bali-N’Kunbat überfallen worden. Die
letzteren schienen bereits, Sieger zu werden, da liefs Garega sich
einen Stuhl mitten auf das Blachfeld, wo der Kampf wütete“ (es war
der flache Höhenzug, auf dem unsere Station stand) „stellen, setzte
sich darauf und erklärte, hier fallen zu wollen. Das habe seine Leute
so ergriffen, dafs sie au fs neue, seinen ältesten Sohn .Tita N’Yi an
der Spitze, vordrangen und ihre einstigen Stammesbrüder zurückschlugen“.
Die Geschichte dieser kleinen Völkerwanderung fand ihre Bestätigung
durch den Sultan von Takum, und damit ward zugleich der
ursprüngliche Sitz der Balistämme festgestellt. Wir haben oben geh
ö rt, dafs sie als solchen das Land „N’Yong-Puri“ , und, genauer,
„Balimudi“ angaben. Der Sultan erzählte nun, dafs Takum bei den
Ureinwohnern Adamauas „Balimudi“ heifse. „N’Yong“ ist wohl Landbezeichnung
(?); sicherlich ist es d e r e in e alte Stammesname (daher
B a li-N ’Yong). „Puri“ ist eine Verstümmelung aus Pulli = Pullo.
Garegas \ ater und der des Häuptlings von Takum waren Blutsbrüder,
und der Sultan erinnerte sich noch gut, dafs ersterer — er nannte
ihn „fo-N’Yong“ (Fon’yong), d. i. Herr der „N’Yong“ („fo“, „fon“ abgeschliffen
aus „fuon“ = Herr); und so nennen die Bali-N’Yong heute
noch ihren Herrscher — vor den Sklavenjagden der Fulla nach Süden
gewichen s e i (Vergleiche mit diesem alten Stammesnamen „N’Yong“
[oder „Banyong“ ; siehe S. 427) die Bezeichnung der Sklaven im Waldland:
„Bayong“ [S. 259]!' Offenbar dasselbe Work)
ner Mbara? Den „grofsen Flufs Bamum“, den der Stamm bei seiner Wanderung
überschritten h a t, als den Mbam anzusprechen (siehe übrigens
auch oben S. 309), begründe ich mit einer zoologischen Kenntnis der
Bali. Das Flufspferd nämlich ist ihnen bekannt, gut bekannt sogar;
sie haben dafür eine eigene Bezeichnung „ninguatt“, und ein. geflügeltes
Wort knüpft sich daran: „ntchen, ninguatt, nyatt fantu ite t ab u titi“
(der Elefant, das Flufspferd und der Büffel sind drei schlimme
Brüder). Auch werden wir später bei Besprechung der Gewerbethätig-
keit hören, dafs sie Stücke Flufspferdhaut von Osten her bekommen.
Im eigentlichen Grasland bis östlich zum Bamum giebt es keine
Flufspferde; im Mbam kommen aber, wie wir aus anderen Berichten
wissen, diese Dickhäuter vor.
gefangener Auch an den Namen eines Volkes, das in dieser Wandergeschichte
Stammes- der Bali eine Rolle spielt, mufs ich eine aufklärende bezw. vermutende
Bemerkung knüpfen. Den ureingesessenen Stamm, mit dem die Bali-
N’Yong um ihren derzeitigen Sitz kämpften, nannten sie „Batanka“.
Die Ueberreste desselben, die in verstreuten kleineren Dörfern im
Halbkreis nördlich von Bali - N’Yong sich wieder angesiedelt haben,
belegen sie aber mit dem Namen „Batankoan“. Nun erinnere man
sich daran, dafs im nördlichen Waldland die Sklavendörfer „batä“
oder „batan“ heifsen; ferner sei, aus dem Abschnitt VIH vorweggenommen,
bemerkt, dafs in der Balisprache „kuan“ = Sklave heifst,
sowie, dafs .sie nicht selten einem Worte die Silbe „ka“ als sprachlichen
Schnörkel anhängen. Das alles zusammengehalten, komme ich
zu dem Schlufs, dafs wir es bei-den Stammesbezeichnungen: „Batanka“
und „Batankoan“ gar nicht mit dem eigentlichen Namen des hier
gesessenen Urvolkes zu thun haben. Dieser ist untergegangen; und
die Bali nannten und nennen die einstigen Herren ihres Gebietes
mit der Bezeichnung, die den Begriff „Sklave“ hat. „Batankoan“
ist dann einerseits Verquickung zweier gleichbedeutender Worte „bata“
und „küan“, und andererseits mundgerechte Abschleifung der Zusammensetzung:
„b a ta -k u an “. Die weiteren sprachlichen Schlufsfolge-
rungen daraus gehören nicht mehr hierher, sondern in den mehr-
genannten Abschnitt VHI. Oder hiefs der Urstamm thatsächlich
„Bata“ oder „Batanka“, und ist sein Name — ursprünglich Eigenname
eines unterjochten Volkes —-i Gattungsname fü r „Sklave“ geworden,
und mit Verschleppung der Sklaven bis ins Waldland gedrungen??
Man sieht, der Sprachforschung harren viele Aufgaben, deren Lösung
Licht auf volkliche Rätsel wirft. —
Ich habe oben gesagt, dafs die beiden Völkerklassen, die derzeit
im eigentlichen Grasland sitzen: die Ureinwohner und die Eingewanderten,
bei geschichtlicher Verschiedenheit doch ein ziemlich
gleichartiges Gepräge besitzen. E th n o g r a p h i s c h einmal sicher. Das
ist fü r Begründung von Völkerunterschieden auf d ie s e r Basis sehr
erschwerend. Man wird sehen, dafs es trotz peinlicher Sorgfalt und
Sichtung nicht immer möglich ist, zu unterscheiden, was in dieser Beziehung
unverfälschte Stammeseigenart ist, was die Ureinwohner von
den Einwanderern angenommen oder umgekehrt. Dazu kommt noch,
dafs naturgemäfs die Einwanderer, also die ursprünglichen Ureinwohner
Adamauas, ihrerseits gar manches aus dem socialen und kulturellen
Leben ihrer Verdränger , der mohammedanischen Fulla und Haussa,
angenommen, und mit in die neuen Wohnsitze gebracht und verpflanzt
haben.