Zündholz
der Wildnis.
bracht worden; die Stümpfe, 2 und 3m , bleiben stehen: das nennen
die Kerle roden! Wo der Boden frei ist, wird regellos angepflanzt au f
kleinen zusammengekratzten Maulwurfhügeln, die jetzt in der Regenzeit,
von den Güssen zusammengepatscht, ebensoviel halbkugelige,
schlüpfrige, lehmige Rutschpartieen vorstellen. Die Stämme u. s. w.
liegen kreuz und quer, auf 100m nicht selten 10 und 20 und fortgesetzt
tan z t man hinauf und hinunter und wieder hinauf und hinu
n te r . . .
Zu allem Überflufs ward mir heute der Ha lt, den ich unterm
Schutz von ein paar alten halbverfallenen Hütten einschalten wollte,
auch noch verleidet: als ich die wackelige Thüre einer Hütte aufstofse,
schlägt mir scheufslicher Verwesungsgeruch entgegen — in einer Ecke
lag die halbverfaulte Leiche eines Negers mit abgeschnittenem K o p f... —
Einen erwünschten Zuschufs zu meinem spärlichen Gabelfrühstück
gaben mir einige Kokosnüsse. Eine kleine Gruppe von 4 oder 5 Stück
stand auf der Lichtung und habe ich mir mit ein paar Schüssen einige
heruntergeholt . . .“
„Nguti 24. VH. 91 abds. Endlich an der Banyanggrenze.
Kurz vor Konfi folgt der letzte lehmige Steilhang, die für Batoms
Hügelland so charakteristisch sind. Hier mufs ein Elefant abgestürzt
sein. Der am Hang führende Pfad an einer Stelle ganz ausgebrochen,
in das dichte Unterholz ist eine gewaltige Gasse gerissen, geknickte,
schenkeldicke Bäume, abgerindete Aste, festgeschlitterter Boden, niedergedrücktes
Unterholz au f breiter Bahn den Hang hinunter. Die förmlich
geschälten, stehengebliebenen Baumstümpfe und Stammtrümmer
sind vom Rüssel so bearbeitet, mit dem der stürzende Kolofs sich wohl
noch vergeblich zu halten versucht haben mochte. Gut 30 m ging
diese Rutschpartie hinab: mufs eine flotte Thalfahrt gewesen sein von
dieser vierbeinigen Lawine. — Vorgestern in Mabesse ein Weib gesehen
mit ganz zerfressenen Brüsten, die eine eine grofse eiternde Fläche,
die andere hing in Fetzen herunter, scheufslich.
Weil’s mir gerade einfällt: Je tz t sind wir doch die 4 Marschwochen
Tag für Tag von früh bis abend in unaufhörlich strömendem
Regen marschiert und ich weifs kaum 1 Tag, wo es meinen Trägern
n icht gelungen wäre, ein glimmendes Holzstück mitzuschleppen.
Während des Marsches kam es bald da bald dort in der Kolonne zum
Vorscbein, die unvermeidliche Pfeife in Brand zu setzen (nebenbei:
so eine Pfeife ist eine Art Aktieneigentum und wandert von einem
zum anderen); im Biwak taucht es auf. Und da habe ich jedesmal die
Gewandtheit u nd auch unsägliche Geduld bewundert, womit es den
Negern gelang, Feuer anzumachen. Laub, winzige Holzstückchen werden
gesammelt, ein oder das andere Trockene findet sich doch darunter.
Und ist doch der mitgeführte „göttliche Funken“ ausgegangen, so wird
mit Feuerstein, Stahl und Zunder oder mittels Pulver, auf der Pfanne
d er Steinschlofsgewehre abgebrannt, eine Stichflamme erzeugt und bald
brennt wenigstens e in Feuer, durch Laub- oder Grasdach geschützt.
Die Art, wie die „Wilden“ Feuer zu machen pflegen, indem man in
unsern Lesebüchern die Armen stundenlang zwei Holzstücke gegeneinander
reiben läfst, oder ihnen eine ähnliche, kurzweilige Beschäftigung
aufoktroyiert, habe ic h nie gesehen. Das Zündholz der Wildnis
is t das glimmende Holzscheit. . . .“
„Nguti 25. VII. 91. Gestern spät abends noch ein komisches
Intermezzo: Ich lag bequem auf meinem Feldbett und schlürfte meinen
Thee, in der Dorfstrafse flackerten die Feuer und Eingeborene und
Träger vergnügten sich zusammen; Nguti mit seinem gutmütigen
Häuptling gleichen Namens war stets der Expedition ergeben gesinnt.
Plötzlich ertönte vom unteren Ende des Dorfes ein Heidenlärm und
Geschrei, dazwischen hinein klägliches Gemecker. Ein dichter, schwarzer
Knäuel wälzte sich auf meine Hütte zu. Hier löste er sich auf
und es ergab sich folgendes Bild: An 1 Ziege zerrten 3 Parteien;
am Kopf zogen Dorfbewohner, an den Vorderbeinen eine Anzahl
meiner Träger, an den Hinterfüfsen die Deputation eines Nachbardorfes,
welche mich zu begrüfsen gekommen war. Die 3 Gruppen
wollten jede allein mir die Ziege bringen; in rührender Selbstlosigkeit
natürlich 1? Das arme Thier bot den deutlichsten Beweis, dafs das
Sprichwort „duobus certantibus tertius gaudet“ in der Vierzahl nicht
mehr s tim m t. . v g Die Neugierde des gutmütigen Völkchens hier geht
ziemlich weit. Nicht genug, beim „Lever“ eine ganz stattliche Zuschauerzahl
gehabt zu haben, geht der Wissensdrang, die Körperbeschaffenheit
des Europäers, seine Kleider, die weifse Haut u. s. w. nicht blofs zu
begucken, sondern auch zu befühlen, namentlich seitens des schönen
Geschlechts so weit, dafs man Einhalt thun mufs. — Unter den Damen
befindet sich übrigens auch eine alte Negerin mit einer Deformation der
Brüste, wie ich sie in diesem Grade noch nicht gesehen“ (Ich schalte
ein, ich habe auch später derartiges nicht mehr zu Gesicht bekommen.)
„Die Frauen welken ja sehr rasch und damit geht die Elasticität der
Formen bald verloren; dieses Weib aber ha tte die beiden Brüste derart
schlaff, dafs die linke bis zur Scham, die rechte bis über den Nabel
herunterhing; jede Brust eine lange Hautfalte und unten daran kugelförmig
noch aufgetrieben mit auffallend langer Warze, scheufslich. . . “ —