Sonstiger
Aberglaube.
bei u n s e r e n diesbezüglichen Verhältnissen fü r den Forscher schon
oft recht schwer, die Grenzen ziehen zu können, um wie viel mehr bei
den Völkerstämmen im Innern Afrikas.
Herzlich lachen mufste ich einmal über solch einen schwarzen
Amulettenkrämer in Baliburg, Wir hatten Fonte, dem Schmied, ein
junges Kätzchen — welche Tiere vordem im Grasland unbekannt
waren — versprochen. Als er es nun abzuholen kam, war er mit
Täschchen, Hörnchen und derartigem Zeug behängt wie ein wandernder
Mausefallenhändler. „ So eine Katze sei ein bisher gänzlich fremdes
Wesen, und da könne man nicht wissen, was fü r Zauber notwendig
sei-“ Her Sicherheit halber hatte er nun alles angehängt und umgebunden,
was er an derartiger Schutzwehr nur besafs!
Während die B a li nur Gegenstände aus Tier- und Pflanzenreich
als Amulette verwenden, tragen die B a ta n k o a n überwiegend solche
in Gestalt kleiner Götzenfiguren aus Horn und Holz.
Ich finde in meinen Tagebüchern noch ein paar abergläubische
Anschauungen aufgezeichnet, die allerdings mit vorstehend angeführten
nicht Zusammenhängen; ich weifs sie aber sonst nirgends recht einzugliedern.
Sie sind harmlos gleich manchem Aberglauben, wie er auch
bei uns herrscht.
Um Regen herbeizuwünschen, wird ein Speer in den Boden gesteckt,
die Spitze nach der Himmelsrichtung zeigend, aus welcher in
der betreffenden Jahreszeit der Regen anzuziehen pflegt; auf die Spitze
wird ein Stück Rotholz gelegt; also ein afrikanischer „Wettersegen“MBWenn
der Häuptling bei einem Ausgang sich den Fufs an einem
Stein anstöfst, so bedeutet das Krieg. —
Ein Jägerglaube ist, dafs es Regen bringt, so man einem erlegten
Elefanten eines seiner Ohren aufklappt.
s) R e lig iö s e V e rh ä ltn is s e .
Ich habe an verschiedenen Orten bereits (u. a. erst oben S. 443)
die Schwierigkeit, j a Unmöglichkeit betont, hierüber hierzulande nur
einigermafsen klare Vorstellungen sich zu verschaffen. Infolgedessen
war es auch unmöglich, dieses Kapitel nur annähernd geschlossen zu
behandeln, und ich mufste die religiösen Verhältnisse bald da bald
dort berühren und schildern; so namentlich bei den Sitten und Gebräuchen,
und insbesondere bei Erörterung der ärztlichen Kenntnisse.
Es erübrigt mir demnach un ter obiger Aufschrift nur mehr, aus dem
Gewirr all der beobachteten und erfragten religiösen und abergläubischen
Gebräuche und Vorstellungen d ie V o r s t e l l u n g der
reinen Gottheit, aus dem mystischen Nebel d e n „Gott“b e g r i f f herauszuschälen
und zu klären. Das ist um so schwerer, als dies sicherlich
den Leuten selbst nichts weniger als klar ist; als materiellem
Genufsmenschen, ist es wohl noch keinem Neger eingefallen, ein
theologisch-philosophisches System auszubauen!
Das wenige Abstrakte, das sich aus dem berichteten konkreten
Wirrwarr mit Sicherheit ziehen läfst, ist etwa folgendes:
1. Ein höheres, übernatürliches Wesen giebt es; seine Vorstellung „numen“.
aber ist ganz und gar unklar: bald ist es „der böse Geist“, bald sind
es „die Verstorbenen“.
Daraus geht einmal hervor, dafs auch der Glaube an eine Fortdauer
nach dem Tode im Grunde genommen vorhanden i s t
Aus den verschiedenen Abwehrgebräuchen geht weiter hervor, dafs
dieses übernatürliche Etwas als böse, als feindlich gedacht wird.
Andererseits haben wir auch Ceremonieen kennen gelernt, wo von
diesem -h- wir wollen es „numen“ nennen — von diesem „numen“
auch Segen erfleht wird. Also: „der dualistische Rifs, welcher durch
die ganze physische und moralische Erscheinungswelt hindurchgeht -¡ö
Licht und Dunkel, Tag und Nacht^ Entstehen und Vergehen, Liebe
und Hafs, Wahrheit und Lüge, Recht und Unrecht —“ geht auch
durch das religiöse Bewufstsein dieser Völker. Beim höher stehenden
Menschen h a t er sich zu den Begriffen Gott und Teufel mit ihren
verschiedenen Eigenschaften und Attributen, Himmel und Hölle, Seligkeit
und Verdammnis entwickelt; bei dem auf Kindesstufe heilst er
lediglich: guter Geist und böser Geist. „Für diesen aber wie für
jenen h a t in beiden Fällen zum Modell gedient der Mensch“ : Gott
und guter Geist ist der verbesserte; Teufel und böser Geist is t der
verschlechterte Mensch, d. h. der Mensch mit übermenschlich gedachten
positiven bezw. negativen Kräften und Leidenschaften.
Dafs bei den Naturvölkern in den Hochlanden Nord-Kameruns
überwiegend das b ö s e Prinzip in der Vorstellung herrscht und der
Kult — soweit von einem solchen die Rede sein kann —- sich mit
Abwendung seiner schädigenden Emanation u. s. w. beschäftigt, ist
psychologisch gleichfalls aus ihrem kindlichen Begriffsvermögen erklärlich,
ja selbstverständlich. Seien wir ehrlich: unsere Fürbitten haben,
streng genommen, alle den unausgesprochenen, auch ungedachten
Nachsatz: „und verschone uns vor dem Uebel“.
2. Darstellungen dieses „numen“ oder (afrikanisch gesprochen) Eil(iliche
dieser Fetische finden sich bei den B a l i in keiner Form (die auf
H u t t e r , Wanderungen in Kamerun. 29