60 Wanderungen. — An der Küste.
Handel und grofse Strecken in hohem Mafse vorhanden ist, findet sich nicht minder Verkehr der
schuta°hen *n ^ er beschichte, der Entwickelung und dem ganzen Gang des westgebiete.
afrikanischen Handels ausgeprägt.
So ist denn in der allgemeinen Schilderung westafrikanischen
Handels und Verkehrs ü b e r h a u p t auch jener unserer deutschen
Schutzgebiete im Golf von Guinea voll und ganz enthalten.
Soweit die einzelnen Gebiete in den letzten zwei Jahrzehnten begonnen
haben ihre eigenen Wege zu gehen, beruhen diese Sonderentwickelungen
nicht so fast auf örtlichen Verschiedenheiten an der
Küste, sondern mehr in der verschiedenen Auffassung der Regierungen
zu H a u s e , hinsichtlich der Erfüllung der Obliegenheit eines modernen
Grofsstaates, für den Welthandel seiner Unterthanen einen politischen
Rahmen zu schaffen, und die Verwaltung der erworbenen Schutzgebiete
zu regeln.
Das Küstenenglisch.
Das Bild westafrikanischen Europäerlebens und -Verkehrs wäre
nicht vollständig, wenn ich nicht auch, nur kurz, der Sprache E rwähnung
th ä te , oder genauer der Sprachen, die da draufsen am Gestade
des Meerhusens von Guinea herrschen.
Von den Hunderten von Negersprachen sehe ich natürlich ah;
ich meine n u r jen e , in welchen der Verkehr der weifsen Rasse unter
sich und mit den Schwarzen stattfindet.
Scherzhaft gesprochen sind es drei, ernstlich n u r zwei.
Einmal die reine englische Sprache. Sodann ein ganz eigentümliches
Sprachgemengsel aus schlechtem Englisch und Portugiesisch;
Worte verschiedener Negersprachen mischen sich darein oder richtiger
mehr die den Negern eigenthümliche Auffassung und Ausdrucksform.
Es ist das sogenannte K ü s te n e n g l is c h ; das Volapük der Westküste
Afrikas.
E« Die dritte Sprache sprechen die deutschen Kaufleute und auch deutsche x
schwache. Beamten!
Der gute Deutsche mit seiner altüberlieferten Ehrfurcht vor allem
Fremden ist kaum ein p a a r Monate draufsen: so „handelt“ er nicht
mehr, sondern „macht trad e “ ; er läfst die Bäume um sein Haus nicht
„abholzen“ , er läfst sie „cutten“ ; seine Bootsjungen „rudern“ nicht,
sondern „pullen“ ; sein Koch „schlachtet“ keine Ziege mehr, er „killt“
sie; er „unterhandelt“ nicht und „führt Unterhandlungen zum Ab-
schlufs“, er „ ta lk t“ vielmehr und „settelt“ ein „palaver“. So könnte
ich ins Endlose fortführen.
Handel, Verkehr und Europäerleben u. s. w. — Das Küstenenglisch. 61
„So’n bifschen Französisch
Das ist doch ganz wunderschön.“
Und ich will auch nur an der komischen Seite dieser deutschen
Schwäche festhalten und keine ernsteren Betrachtungen über die in
ihr sich kundgebende thatsächliche Unselbständigkeit und Nachahmungssucht
und Anbetung alles Ausländischen anstellen.
Dem Engländer fä llt eine derartige Verquickung seiner Sprache
mit deutschen Wortwurzeln nicht ein.
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Doch zum Küstenenglisch. Es kommt mir nicht in den Sinn,
eine ganz aufser dem Rahmen meines Buches liegende Abhandlung
über dieses internationale Verständigungsmittel an der westafrikanischen
Küste zu schreiben — eine solche ist übrigens bereits von
anderer Seite ausführlich und eingehend vorhanden — ; ich beschränke
mich auf eine kleine grammatikalische Blütenlese.
Das Küstenenglisch kennt keine Abbeugungen weder von Haupt-
noch Zeitwörtern; hei ersteren ferner weder Einzahl noch Mehrzahl,
bei letzteren keinen Unterschied in betreff der Zeiten (zwei Ausnahmen
siehe unten).
Es gieht blofs zwei persönliche Fürwörter: „me“ für „ I“ u. s. w.,
und „he“; gleichgültig, ob damit ein Mann, ein Weib, eine Sache gemeint
ist. Nur eine weitere Form des englischen Fürwortes kommt
noch vor, die zur Verstärkung dienen soll; zu gröfserer Deutlichkeit trägt
sie gerade nicht bei: „me be him“ = ich hin es, lau te t die klare
Antwort z. B. auf den Anruf des Postens: „who th a t“ = wer da.
„Who“ und „what“ sind bald bezügliche,' bald fragende Fürwörter,
„that“ hinweisendes für alles.
Einen komparativen Sinn vermag das Küstenenglisch nicht in der
unmittelbar vergleichenden Weise, wie wir, auszudrücken. Der Neger
versteht nicht: „this king is greater th an another“ , sondern er umschreibt
das mit „to pass“ = übertreffen und' sagt: „ th a t king pass the
other“. Soll dann noch eine wesentliche Verschiedenheit hervorgehoben
werden, also = unserem „um vieles“ , „hei weitem“ u. s. w., so wird
noch „too much“ oder (noch stärker) „plenty too much“ hinzugefügt.
Es bilden diese beiden Redewendungen auch die Form des Superlativs
und fä llt damit vielfach der Begriff der Steigerung, den wir in den
Superlativ legen, weg; „dieser Ort ist der beste“ lautet nicht: „that
town is the best town“, sondern „that town be good too much“ ; nicht
„very much chop“, sondern, „chop plenty too much“ u. s. w.
„To pass“ in seiner eigentlichen Bedeutung = Vorbeigehen spielt
Das Küsten-
englisch.