E ine
„Busch“-
fa k to rei.
Vertreters eines Kaufhauses aus einer deutschen Hahsastadt, einer
englischen City draufsen an Afrikas Westküste.
Wie die Anlage dieser grofsen Hauptfaktoreien an den verschiedenen
Plätzen im grofsen und ganzen die gleiche is t, so auch das
rege, vielseitige Leben und Treiben in ihnen. Signale und Glockenzeichen
ertönen von früh bis spät, Dienst und Ruhezeit, Essenspausen
und Arbeit zu regeln. Bald nach Tagesanbruch findet Antreten der
gesamten „Besatzung“ s ta tt, die Arbeiten werden verteilt und gleich
darauf setzen sich die einzelnen Abteilungen unter, ihren Aufsehern an
die verschiedenen Arbeitsplätze in Bewegung. Dort geht ein Trupp
stämmiger Kruleute an den Strand, schwere Kisten und Fässer, die
die Pinasse gestern Abend noch hereingebracht Jiat, in die Lagerhäuser
zu schaffen, dort begiebt sich eine Schar Weiber an die Feldarbeit,
während eine andere sich verteilt, die grofsen Plätze zu fegen, hier
hauen und hämmern schon die Schmiede und Zimmerleute aus Akkrah
und dort rüstet eine kleine Karawane Weijungen, eine ein paar
Tagemärsche im Innern gelegene „Busch“faktorei mit neuen Tauschwaren
zu versehen.
Erhaben über dieses emsige Getriebe erscheinen nur die persönlichen
Diener der Europäer, die „boys“, sowie der schwarze Koch mit
seinen Gehülfen ^Mwichtige Persönlichkeiten im Lehen des Weifsen
da draufsen — die diese ihre Vertrauensstellungen selbstbewufst genug
zur Schau tragen. Aber ein Pfiff des Herrn und rasch fliegt einer
zum Bootshause: der „massa“ h a t seine Gig befohlen. Bald liegt das
schmucke, schlanke Fahrzeug an der Landungsbrücke.
Die Faktoreien, überhaupt die Wohnungen aller Europäer liegen
ja dem Strande entlang und so ist auch das allgemeine Verkehrsmittel
an der Küste das Boot.
Ein gewisser Stolz der Einzelnen, Beamten und Kaufleute, ist es,
wer die hübscheste, schnellste Gig besitzt, wessen Bootsjungen die
kräftigsten, gewandtesten, geschmackvollst gekleideten sind (allerdings
beschränkt sich letzteres meist n u r auf Stoff und Farbe der zwischen
den Beinen durchgezogenen Lendentücher). Dauert die F ah rt länger,
so schützt ein Sonnensegel vor den Strahlen der Sonne, eine reichlich
mit Konserven und Flaschen ausgestattete Proviantkiste fehlt nicht und
eine weitere, mit Sand gefüllt, dient als Herd, um sogar warme Speisen
zubereiten zu können, ohne die F ah rt zu unterbrechen.
Unendlich einfacher, ärmlicher und entsagungsvoller ist Anlage
und Leben auf den kleinen Zweigfaktoreien im Innern oder an
den Krieks der Flüsse, die wie Fühlhörner überall hin vorgestreckt
werden. Ein paarmal im Jahre von der Mutterfäktorei mit Tauschwaren
versehen, häufen sie die eingehandelten Erzeugnisse auf und
warten auf die seltenen Dampfer, sie abzugeben. Die ganz entlegenen
Faktoreien liefern selbst mittels Boot oder Trägern an die Hauptfaktorei
ab.
Laufen wir eine dieser weltabgeschiedenen, einsamen Niederlassungen
an einem Kriek an, um Leben und Handel auch auf ihnen
kennen zu lernen.
Vorsichtig und nur bei Tage geht der Hochseedampfer in die
Flufsmündung hinein. Es ist ein eigenartiges B ild : der mächtige
Schiffskolofs, ausgestattet mit allem Luxus der Civilisation, getrieben
durch eine der gewaltigsten in den Dienst der Kultur gebannten Naturkräfte,
dringt in den afrikanischen Urwald ein. Kein Laut in der Naturwelt
der W ild n is^H d ie arbeitende Maschine, die mächtig wühlenden
Flügel der Schraube haben alles Lebende verscheucht. In dem Kriek,
in den wir je tz t vom Flufslauf aus eindringen, fliegt das Lot ununterbrochen
vom Bug aus in die Wellen, die Tiefe des Fahrwassers, zu
untersuchen. „Fiften Foden und ken Grond“ , „ten Foden und ken
Grond“ verkündigt die Stimme des plattdeutschen Matrosen das E rgebnis
des Lötens. Trotzdem fährt man ab und zu einmal auf; ein
Ruck geht durch den ganzen Schiffskörper, aber sofort heifst es „ganze
Kraft“, und glückt’s: is t man bald wieder flott.
Endlich ist die Faktorei in Sicht. „Ocht Foden“ tönt’s von vorn;
„Fall Anker“ ergeht das Kommando. Noch k lirrt die Kette und schon
hebt der Kran die bereits angeheizte Dampfpinasse über Bord, die,
kaum im Wasser liegend, an Land eilt.
Auch wir wollen mal hinüber. Freundlich und freudig werden
wir empfangen: „Good-bye captain“. („Captain“ ist die allgemein
übliche Anredeform an der westafrikanischen Küste einem Fremden
gegenüber.)
Die so weitläufig ausgedehnte Anlage einer grofsen Faktorei in
einem Handelsplatz an der Küste schrumpft hier auf zwei bis drei
Gebäude zusammen. Immer ist es eine gewisse Üppigkeit, wenn
wenigstens das eigentliche Wohnhaus aus europäischen Baustoffen,
worunter Wellblech eine hervorragende Rolle spielt, hergestellt ist.
Küche, Schuppen u. s. w. sind natürlich, nur aus einheimischem
Material erbaut. Gar oft besteht die ganze Anlage nur aus einem
einzigen Bau und dann sind oben Wohn- und Schlafgelafs, unten der
Lagerraum für Tauschwaren und eingehandelte Erzeugnisse.
Die Boote und Leichter füllen sich mit Ladung, die Pinasse
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