Abschnitt IV.
Auf einer Station im Innern.
Bedeutung, und Aufgaben einer Station. — Anlage und Bau. — Leben, Lebenswei.se und
Ausrüstung. — Aus Tagebüchern und Briefen auf Baliburg. — Anhang: Meine Balitruppe.
Bedeutung und Aufgaben einer Station.
Dem Schiffe auf hoher See, das vorwärts strebend mit seinem
Kiel die Wellen durchschneidet, gleicht die vorwärts strebende, marschierende
Forschungsexpedition. Da und dort geht das Fahrzeug vor
Anker, da und dort füllt es mit neuen Schätzen und Waren die
Ladungsräume — und weiter geht die Fahrt. Das Kielwasser zeigt
noch seine Bahn eine Weile lang; dann glätten sich darüber die Fluten
und jede Spur seiner Anwesenheit ist verwischt.
Da und dort h ä lt der Forscher stu n d en -, ta g e -, wochenlang;
wissenschaftliche Ausbeute jeglicher Art festet der Stift in Wort und
Bild in der Schreibtafel; Pflanzen und Tiere bereichern die Sammlungen;
Geräte und Waffen jeglicher A rt, Zeugen der kulturellen
Stufe, des Lehens und Treibens der fernen Völker werden aufgespeichert.
Aber weiter geht wieder der Marsch, und über kurz oder
lang ist die Karawane in den grünen Laubmassen des Urwaldes untergetaucht,
das wogende Halmenmeer schlägt über ihr zusammen.
Geraume Zeit noch ist der Weifse mit seinem rätselhaften Gebaren
und seinen noch rätselhafteren Instrumenten, mit seinen Waffen und
begehrten Schätzen Gegenstand des Gespräches der Stämme, die er
durchzogen; dann legt sich allmählich die Erregung und schliefslich
lebt die Kunde von dem Erscheinen des weifsen Mannes als Sage fort,
von den Alten den Jungen erzählt.
Der Wissenschaft ist das durchwanderte Gebiet, oberflächlich
wenigstens, erschlossen; für die Praxis is t es lediglich ein geographischer,
ethnographischer Begriff.
Das ist mit einem Schlage anders, wenn eine Station sich im
Lande erhebt.
Der Forschungsmärsch wirft einen Lichtstrahl nur hinein in das
Dunkel unbekannter Länder, ungekannter Völker; eine Station bedeutet
.vom w is s e n s c h a f t lic h e n S ta n d p u n k t aus die Errichtung e in e rwi8BOn-
. . . j . T • i a n • n ^ ' schaftliche
ständigen Lichtquelle, m deren Bereichungssektor (als Artillerist weifs ^ “^bSLu-
ich keine treffendere Bezeichnung) allmählich volle Klarheit und Helle tung'
über alles verbreitet werden mufs; je gröfser der Badius, desto besser. ■
Vom r e a l e n S ta n d p u n k t aus bedeutet die Anlage einer Station PraktiiiClifi
Besitzergreifung; den Entschlufs, festen Fufs im Lande zu fassen. Wo Bed®"tuil8'
das Klima es n u r erlaubt, soll eine Station Anschliefsungspunkt für
Ansiedlungen werden; in militärischer Beziehung ist sie Stützpunkt,
Operationsbasis.
Das haben die alten Römer gewufst, drum sangen ihre Legionen:
„Und nach dem Sieg das Schwert gesenkt,
Und Pflug geführt und Spaten:
Das Land, das römisch Blut getränkt,
Ist römischer Penaten.
Am Euphrat und am Donaustrom
Blüht heil’ger Dienst der Laren,
Und rings ersteht ein kleines Rom
Zum Staunen der Barbaren.
Der Sumpf versiegt, der Urwald fällt,
Nah’n sich des Liktors Stäbe.
Wir bringen eine schön’re Welt:
Den Olbaum und die Rebe.
Wir bauen Strafsen von Granit,
Die noch in fernsten Tagen
Den eh’rnen Schritt, den Siegesschritt
Der Schlachtkohorten tragen.“
Aii ihren „Strafsen von Granit“ — Anlage von Verkehrsverbin-
dungen, Strafsen hängt ja aufs innigste mit der von Stützpunkten, von
Stationen zusammen — erhoben sich Kastelle; und diese erst machten
ihnen das durchzogene Land zu eigen. Das wulste die Hansa, das
wufste der Deutschritter-Orden, dessen Burgen und Festen sich überall
im eroberten Preufsenlande erhoben. Die Wälder Nordamerikas und
seine Prairieen sind nicht erschlossen worden durch den nomadisierenden
Lederstrumpf, sie wurden gelichtet und u rb a r gemacht durch die Blockhäuser
der Hinterwäldler. So wird auch Afrika wissenschaftlich nicht
und praktisch erst recht nicht in Besitz genommen durch Expeditionen
(so hohen Wert auch sie vom F o rs c h u n g s s ta n d p u n k t aus haben),
sondern allein durch Stationen.
Von einem dritten Standpunkt aus mufs schliefslich die Anlage
von Stationen betrachtet werden: vom e th is c h e n . Daraus ergiebt