mufste ich ihrer, der Vollständigkeit halber, Erwähnung thun. — Das
aber habe ich auch au f dem M a rs c h zur Genüge erfahren, wie
schwer selbst unbedeutende Verletzungen heilen; Eine ganz leichte
Fleischwunde z. B., die ich einmal gelegentlich eines der Zusammen-
stöfse mit den Eingeborenen empfangen, machte mir trotz steter antiseptischer
Behandlung wochenlang zu schaffen; andere, schwerere Verletzungen
heilten natürlich noch weit langsamer und un ter reichlicher
Eiterabsonderung. Und gerade ich erfreute mich in der Heimat stets
einer auffallend raschen und schönen Wundheilung; ein Pferdeschlag,
au f der Jagd empfangene Schufs- und Schnittwunden waren g la tt und
ohne jede Vereiterung geheilt.
sohiiuttei. Was mir übrigens gegen eine besonders hartnäckige Hautkrankheit
auf der Station, es war ein flechtenartiger Ausschlag über beide
Arme, Bücken und Gesäfs verbreitet, der mich fast zur Verzweiflung
brachte, schliefslich half, war keines der zahlreichen Mittel meiner
Apotheke, sondern S ein Mittel der Eingeborenen! Woraus es bestand,
aus welcher Hexenküche es stammte: ich hatte keine Ahnung. Genug,
es half.
fioa- Das Krankheitsbild Nord - Kameruns wäre nicht erschöpfend
geschildert, liefse ich eine Landplage, die der Schrecken aller West-
afnkafahrer ist, unerwähnt. Wer einmal draufsen war, ahnt schon,
was je tz t kommt. Es ist der Sandfloh (pulex penetrans). Er soll, ein
Gastgeschenk Amerikas, erst Anfang der 70er Jahre, durch ein Schiff
an der afrikanischen Westküste eingeschleppt worden sein. Jedenfalls
i s t er da und macht seine Gegenwart in der unangenehmsten Weise
bemerkbar. Hier mufs diese winzige Bestie genannt werden, weil sie
vom ganzen grofsen und kleinen Viehzeug da draufsen die einzige ist, die
_ — ich sehe natürlich von Unglücksfällen und schweren Verletzungen
durch andere Tiere ab — geradezu ein Krankheitserreger wird, bösartige
Entzündungen hervorrufend und den Menschen auf Wochen
vollkommen marschunfähig machend. Das schönere Geschlecht dieses
Lebewesens ist es, das durch seine Zutraulichkeit in solche Zustände
versetzt Gelingt es bei den täglich vorzunehmenden Untersuchungen
der Füfse nicht, das Weibchen rechtzeitig oder seinen Eiersack unverletzt
mittelst eines zugespitzten Holzstäbchens aus den Zehen zu entfernen,
so ist eine eiternde Verletzung auch schon da und damit in
Bälde die marschhemmende Entzündung. Bei den Negern führen
derartige Fälle infolge Vernachlässigung und falscher Behandlung
nicht selten zur Verstümmelung, ja Verlust der Zehe, des Fingers und
des ganzen Gliedes; denn auch an den oberen Gliedmafsen, sogar im
Gesiebt bohren sieb die Tiere ein. Am häufigsten finden sich diese
Qualgeister in den Hütten der Eingeborenen und an verlassenen
Lagerplätzen. Der Neger, achtlos wie er is t, begnügt sich mit der
Entfernung des Eiersackes aus der Wunde, den er wegwirft- Unschädlichmachung
desselben fällt ihm nicht ein; und so sind die
genannten Orte wahre Brutstätten für dieses verwünschte Ungeziefer.
Man ist so ziemlich wehrlos dagegen; tägliches Absuchen und sorgfältiges
Auslösen ist noch der beste Schutz. Von Herrn Dr. Mense
m Kassel habe ich übrigens erst jüngst erfahren, dafs er am Kongo
Chinin, in Palmöl u. dergL gelöst, als vorbeugendes Mittel mit Erfolg
angewendet h a t Ich möchte nicht verfehlen, dies hier anzuführen,
denn der Entdecker eines Mittels gegen diese Tropenplage wäre des
wärmsten Dankes aller Afrikafahrer sicher.
Der Marsch.
„Als die Sonne sank, war ich allein, allein mit meinen Gedanken
und Gefühlen, meiner Erinnerung und meiner Hoffnung inmitten einer
fremden Welt. Schweigend, von den mannigfaltigsten Gefühlen den
ungeordnetsten Gedanken bestürmt und aufgeregt, wandelte ich vor
meinem Zelte noch lange hin und her. Still war die Nacht, welche
einer noch stilleren und einsameren Zukunft vorherging. . . . Em st zog
ich am frühen Morgen des anderen Tages in die sandige Ebene hinaus
mit wehmütiger Erinnerung an das, was ich verlassen, an die, welche
ich liebte und ehrte J j der Heimat und die ich so lange entbehren,
vielleicht nimmer Wiedersehen sollte, aber aueb mit freudiger Hoffnung
auf eine glückliche Heimkehr und dem festen Vorsatz, meinem Unternehmen
physische, intellektuelle und moralische Kraft, soviel mir zu
Gebote stand, zu widmen.4*
Dieser Worte Nachtigals gedachte ich, das Gleiche gelobte ich
mir m dem ungleich bescheideneren Kahmen meiner Aufgabe, als ich
m Abend vor meinem Aufbruch ins Innere am Ufer des Kamerün-
flusses stand - allein. Nach Norden richtete sich mein Blick- dort
iL t X ’ Uo SS!fa * 5 ! “ o' 8 ,n dm •*» b°m“
Am 13. Ju n i 1891 mittags war der Dampfer, der mich nach
Kamerun gebracht, vor der Jofsplatte vor Anker gegangen. Zwei Tage
ausrustung der Expedition, 2000 Gewehre, 80000 Patronen meisten
H u t t e r , Wanderungen in Kamerun. m U l S t e n