lieh, die Direktion, setze mich auf den überhängenden Äst eines Baumes
und fange an zu kommandieren, so lau t ich: schreien kann, unterstützt
durch einen langen Balispeer, mit dem ich zum grofsen Gaudium aller
und selbst lachend, in die Bande hineinleuchte. Buschrobs werden
gekappt; nach vielen, verunglückten Versuchen Kopf und ein Bein ge-
fafst, in Schlingen gelegt und der Schädel wenigstens so weit aufser
Wasser gehoben, dafs er mit Beilhieben vom Körper getrennt und
ans Land gezerrt werden kann. Den Wedel, die Jagdtrophäe, hat
natürlich schon längst einer un ter Wasser abgeschnitten. und mir als
dem, der dem Tier die ersten und vielleicht auch schwersten Schüsse
beigebracht h a t, überreicht. Ich benutze ihn gleich als Fächer gegen
die Fliegen. Nun beginnt mittels Beiles das Herausmeifseln der Stofs-
zähne. Unterdessen h a t sich der ganze Schwarm über den an vielen
Lianen hängenden, bald sich hebenden, bald senkenden Riesenleib gemacht
und die Bilder und Scenen, die sich da beim Zerwirken unter
so schwierigen Verhältnissen abspielten, spotten aller Beschreibung.
Am meisten mufste ich über zwei Kerle lachen, die, auf dem Körper
mühsam festen Fufs fassend, gleich mit ihren Messern anfingen, sich
ein p a a r Brocken Fleisch: herauszuschneiden. Der eine, scheint es,
h a t ein gröfseres Stück erwischt als der andere: darob Zwist und:®*
kurz entschlossen, reifst der letztere dem ersteren den ganzen Brocken
blutenden Fleisches aus der Hand und feuert ihn auf kürzeste Distanz
dem anderen m itten ins Gesicht, dafs dieser von seinem wackeligen Standpunkt
kopfüber rückwärts ins Wasser schiefst; aber auch der Sieger verlie
rt das Gleichgewicht und fä llt auf der anderen Seite des Elefanten
ins Wasser. . Ein donnerndes »ayilato«') aus hundert Kehlen begrüfst
das unerwartete. Ende dieses Zweikampfes.
Ich überlasse nun den Elefantenleichnam seinem Schicksal und
tre te mit den inzwischen aus dem zertrümmerten Schädel heraus-
gemeifselten Zähnen und dem Elefantenwedel den Rückmarsch nach
Bali an. Unterwegs gerieten wir noch in ein tüchtiges Hagelwetter
und klappernd vor Frost und patschnafs, aber nichtsdestoweniger
vergnügt und stolz, und mit Freudengeschrei begrüfst, halte ich: spät
abends mit Zähnen, Schwanz und dem »Toten«, der grinsend den
Spaten träg t, mit dem ich ihn. eingraben wollte, den Einzug in Dorf
und Station.“ .-—-
Das sind erfrischende Tage und Zwischenfälle, an denen man dann
wieder im gleichförmigen Stationsleben zehren k a n n . --------
!) Freudenruf der Bali; ==• das ist lustig, da mufs mau lachen.
Der wissenschaftlichen Thätigkeit kann der Forscher eigentlich
erst auf der Station, überhaupt bei einem länger dauernden Aufenthalte,
in umfassenderer und eingehenderer Form gerecht werden. Auf
dem Marsch kommt naturgemäfs hauptsächlich die geographische
Forschung, und davon insbesondere die Wegeaufnahme auf ihre Rechnung;
die anderen Aufgaben können nur flüchtiger behandelt werden.
Im Vorbeigehen nur vermag der marschierende Reisende meteorologische,
ethnographische, topographische, zoologische, sprachliche u. s. w. Notizen
ins Tagebuch einzutragen; vielfach n u r auf Grund von Erzählungen und
Ausfragen der Eingeborenen, ohne sie durch persönliche Beobachtungen
und Vergleichungen auf ihren Wert und Unwert prüfen zu können. Nur
was ihm in die Augen fällt, was ohne weiteres vor ihm liegt, kann, er
sammeln; gründliche, und damit richtige Einblicke in ethnographische,
kulturelle, sociale, sprachliche Verhältnisse, in Tier- und Pflanzenwelt
u. dergl. m. bekommt man erst nach Monaten und Jahren.
Weil ich das aus eigener Erfahrung weifs — und jeder gewissenhafte
Forscher wird es mir bestätigen —, bin ich immer entrüstet,
wenn mir in dickleibigen Bänden, die noch dazu Anspruch auf wissenschaftliche
Beachtung machen, die Unverfrorenheit manches Reisenden
entgegentritt, der nach einem Streifzug von wenigen Wochen, höchstens
ein paar Monaten, noch dazu in dem Ton unbedingtester Unfehlbarkeit,
eine derartige Fülle gerade von solchen Momenten zu bringen die
Stirne hat, von denen jeder einzelne nur in monatelanger Beobachtung,
erst nach vollständigem Vertrautsein mit Land und Leuten erkannt
und richtig beurteilt werden kann.
Die in Abschnitt HI, S. 127 u. f., niedergeschriebenen Grundsätze
bei Bethätigung wissenschaftlicher Forschung gelten in ihrem vollen
Umfang natürlich auch fü r die wissenschaftliche Arbeit auf einer
Station.
Insbesondere nach e i n e r Richtung kann nur eine solche gründliche
Ergebnisse liefern:, fü r die Meteorologie. Mir ist sie eine Lieblingsbeschäftigung
geworden. Dank der Einführung in sie durch Herrn
von Danckelman, unseren bekannten Meteorologen; und ich benutze
mit Vergnügen die Gelegenheit, ihm fü r die Bearbeitung meiner Beobachtungen
und die Anerkennung, die er ihnen zu schenken die Liebenswürdigkeit
hatte, meinen Dank auszusprechen.
Für ein nicht zu unterschätzendes Hülfsmittel wissenschaftlicher
Arbeit liegen gleichfalls die Verhältnisse auf einer Station weit günstiger,
als sie das Marschleben gewähren kann: fü r photographische Aufnahmen.
Wissenschaftliche
Thätigkeit.