E r s te s Gefe
ch t der
Balitruppe.
Die Post brachte die Nachricht von Gravenreuths Tod. Zwei seiner
Offiziere gestorben, einer verwundet; Rückzug. Hier vor einem Jah r
vier Europäer gefallen, droben bei unsern Gegnern regt sich’s aufs
neue, schon sind wir drei Nächte nicht aus den Kleidern gekommen;
je tz t gerade, wie wir in die Landschaft schauen, knattern Schüsse im
Norden, bei den Bamignie, vielleicht in den Farmen, wo gestern
bereits die Bandeng sich gezeigt haben. Noch fehlt ein gut Teil der
Munition; kommt’s zum Losschlagen, stehen wir mit 5000 Bali gegen
doppelte und dreifache Übermacht; meine 30 Männlein Truppe, die
ich bis je tz t ausgebildet habe: in diesem Fall dann doch n u r eine
Handvoll, und werden sie im Feuer parieren? — Ernste Vergangenheit,
ernste Gegenwart, ernste Zukunft.“
„Baliburg, 23. XII. 91 . . . Endlich ein Teil der grofsen, längst
sehnlichst erwarteten Karawane mit Munition; auch ein Maximgeschütz;
Herrgott, wie schaut aber das aus. Zugleich Kunde von eigentümlichem
Vorgang in Bamesson: Der Häuptling eines Dorfes zwischen
hier und Bamesson (?) war beim Durchmarsch der Karawane zugegen
und h a tte die paar Faden Zeug, die ihm der Expeditionsmeister
schenken wollte, verächtlich zurückgewiesen. . . . Nachmittags plötzlich
die Kunde, Mbarra der Koch und ein paar Wei seien bei Bamesson
von Buschleuten angeschossen worden. Bald kam Mbarra selbst: er
habe 13 Elefanten gesehen, auf 1 geschossen; da seien plötzlich viele
Buschleute gekommen und hätten sie verjagt. Aufserdem läfst der
Bamessonhäuptling sagen, bei ihm sei der von Bamungu“ (westlich
von Bamesson gelegen) „im Dorfe und habe ihn aufgefordert, gegen
den Weifsen Bündnis zu schliefsen. Auf das hin beschlossen, heute
Nacht dorthin zu marschieren und den Fomungu aufzuheben.“
„Baliburg, 24. XH. 91. 3 3« a. m., sobald der Mond aufgegangen,
auf, angetreten, jeder Mann 50 Patronen und mit den 30 Mann abmarschiert.
Fonte und T itu a t, die zwei Vertrauten Garegas, und
10 Balikrieger mit, wahre Hünen. In den taufrischen Morgen hinein;
also heut’ hoffentlich erste Feuerprobe für meinen Zug. Noch lag alles
in Dämmerung, als ich auf einem (neuen) stark nach Westen ausbiegenden
Weg zuerst über gewaltige Felsblöcke in ein schönes, weites
Thal voll Farmen hinabstieg. Nach zweistündigem Marsch rötete sich
der Horizont und die ersten Strahlen der Sonne fielen auf einen massigen
Berg mit kahlen, schroffen Wänden; glühend ro t leuchtete seine
breite Steinfläche im Westen meines Weges. 10so hinter einem Hügel,
etwa eine halbe Stunde von Bamesson entfernt, gelagert. Hier unter
T ituat die 10 Bali gelassen, ich mit den Soldaten und Fonte durchs
hohe Gras querfeldein fast im Laufschritt hinüber an den Weg
Bamesson—Bamungu. Hier mich in Hinterhalt gelegt. Fonte und noch
zwei meiner Soldaten legten Waffen und Ausrüstung ab und zogen
als Kundschafter, friedlichen Marktwanderem gleich, mit grofsen
Säcken voll Mais und Kalebassen ins Dorf.
Gegen 1°° p.m. Fonte zurück mit der Meldung, der Fomungu sei
bereits heute in aller Frühe wieder in sein Dorf zurück. Nun zog
ich mit beiden Abteilungen in Bamesson ein ¡ .a lle s abgesucht: der
Vogel war uns entwischt. Gegen Bamungu, ein grofses Dorf mit über
2000 Kriegern war mit der Handvoll Leute heute nichts zu machen;
also Rückmarsch nach Bali. Der alte Fomesson warnte mich noch
»vor im Grase lauernden Leoparden«.
An einem versumpften Bachübergang; ein Baumstamm war die
Brücke in dichter Raphianiederung: plötzlich flog ein Hagel von
Speeren mit dem mir vom Oktober her noch sehr wohlbekannten
sausendem Zischen in und üher die Marschkolonne. (Wie man sich da
artig verbeugt!) Dann kam nichts mehr. Einer-meiner Soldaten fiel;
aber die ändern keinen Schufs abgegeben! Die Balikrieger nur knallten
drauf los. Im Laufschritt hinauf auf die nächste Höhe durchs Rauchmeer
der bereits den ganzen Tag über weithin qualmenden Grasbrände.
Droben angelangt, sahen wir auch schon unten in der nächsten
Mulde zahlreiche, an ein paar Hundert Bapigni (denn dieses
Raubgesindel war es) heraufstürmen mit ihrem Kriegsgeheul. .Mochten
wohl nicht erwartet haben, dafs wir so rasch die Höhe erreichten,
bevor sie ihrem Vortrab, der am Bach versteckt uns -angeschossen,
zu Hülfe kommen konnten. »Marschiert auf — Marsch, marsch! —
Fertig! — Legt an! — Feuer!« Und zu meiner unbeschreiblichen
Freude: prächtig folgte der junge Zug. Viermal stürmten die Bapigni
noch an, fünf Salven krachten und die Gegner suchten nun das Weite.
Auf 40, 50 m waren sie jedesmal herangekommen, gut sichtbar auf
den abgebrannten Flächen. Je tz t freilich war kein Halten mehr; die
Köpfe mufsten geholt werden. Grofse Freude war noch, als ich
selbst auf 200 m den Fliehenden nachfeuernd, zwei weitere niederstreckte.
»fuon-nakang, fuon-nakang« (d.i. Herr des Gewehres), schrieen
alle ganz aufgeregt. Mit den Trophäen, 13 Köpfen, ging’s nun weiter.
Je tz t erst wieder daran gedacht, dafs heute ja Christabend war! . . .
Ringsum knatterten die Grasbrände, und die Rauchwolken verdüsterten
den Himmel. Angegriffen wurden wir nicht mehr. Weiter ging’s
bergauf, bergab, die Nacht brach finster ein, und todmüde schleppte
ich mich weiter, seit 300 a.m. auf den Beinen.