Jahres —
Arbeits-
verteilung.
Arbeitste
ilung zwischen
den
Geschlechtern.
dürfen, oder vielmehr: welcher der beiden Völkerklassen wir diese
oder jene ethnographische Eigentümlichkeit zusprechen sollen?
n) L e b e n s w e i s e .
Die Tagesbeschäftigung richtet sich nach der Jahreszeit, oder
genauer, nach dem Stande der Farmarbeiten. Die Graslandstämme sind
in erster Linie eine ackerbautreibende Bevölkerung, und so regelt die
Feldbestellung, als wichtigste Thätigkeit, die Arbeitseinteilung und
-Verteilung das ganze J a h r über. Wie bei uns der gröfsere Teil des
Jahres den Bauern auf’s Feld hinaus führt, in der Erntezeit die ganze
Dorfbewohnerschaft sich draufsen tummelt, und er nur die Wintermonate
ganz un ter Dach und Fach sitzend den verschiedenen häuslichen
Arbeiten widmet, genau so im Hochland Nord-Kameruns. Die
Trockenzeit ist Farmzeit; die Regenmonate bringt der Hochländer
gröfstenteils in seinem Gehöfte zu. Die Trockenzeit ist aber auch
Kriegszeit; da liegt namentlich der Bali, freiwillig oder „einberufen“
fleifsig draufsen im Felde und ficht seine endlosen Fehden
aus. Auch Hauptbauzeit sind die Trockenzeitswochen. Man sieht, es
giebt tagsüber genug zu thun; um so beschaulicher geniefst der Graslandbewohner
dann die Abende oder in der Regenperiode die ruhigen
Monate. Doch müfsig ist er auch da nicht; hier zu Lande giebt es so
wenig wie bei unseren leider nur immer seltener werdenden g a n z e n ,
e c h te n Bauern eine Arbeitsteilung. Is t in der Feldbestellungszeit der
Hochländer in erster Linie Bauer, so schafft ihm im afrikanischen
Winter die Hausindustrie in Gestalt der verschiedensten Gewerbe Beschäftigung
im Hause genug.
Ich möchte eigentlich eher von einer Arbeitsteilung zwischen den
verschiedenen Geschlechtern sprechen. Die Feldarbeit obliegt fast
ausschliefslich den Weibern. Ihren Anteil beim Hausbau: lediglich
das Wasserherbeischleppen, habe ich bereits aufgeführt. Die Gewerbe,
darunter auch die, die wir nach unseren Begriffen eher den Frauen
zuteilen würden, wie Korbflechten, Anfertigung von Taschen, Stricken
von Mützen u. dergl., werden fast ausschlielslich von Männern betrieben;
sogar die Zubereitung des Rohmaterials zur Schneiderkunst
und Weberei: das Spinnen des Fadens ist überwiegend Beschäftigung
der Männer. Es h a t mich immer belustigt, wenn ich sah, wie so ein
würdiger Herr -** als leichte Arbeit fällt sie den älteren Männern zu —
bedächtig und sorgsam die Baumwollfasern auf ein Bambusstäbchen
wickelte und dann mit der Spindel den Faden spann. Auch die
Nadel zu schwingen, ist hier zu Lande Vorrecht der Männer. Hinwiederum
sah ich die Anfertigung stärkerer Fäden n u r von älteren
Weibern betrieben in der WeiseJ dafs die alte Dame drei und vier, ja
sechs und sieben dünne Fäden durch Reiben mit der flachen Hand
auf dem Oberschenkel zu einem ganz fest und sauber gefügten Zwirn
zusammen drehte. Herbeischleppen der Lebensmittel aus den Farmen,
sowie von Feuerholz, Zubereitung der Speisen, und selbstverständlich
die Kinderpflege ist Sache der Weiber.
Mit dem ersten Morgengrauen wird es in einem Graslanddorfe ^ " chentag
lebendig. Die niedergebrannten Feuer werden wieder entfacht, und mGlasland-
das Tagewerk beginnt nach Beendigung der Frühmahlzeit. Die vorstehend
gezeichnete Arbeitseinteilung macht sich den Vornehmen,
Wohlhabenden natürlich weit weniger fühlbar als der grofsen, auf
ihrer Hände Arbeit angewiesenen oder jenen fronpflichtigen Masse
der Bevölkerung — wie bei uns.
In langen Reihen ziehen die Weiber und Sklaven, die sich mit den
ersteren in die Farmbestellung teilen, mit Feldgerät (siehe Abb. 57, S. 372,
und Abb. 66, S. 395) undKörben (Abb. 58; siehe auch Abb. 53 u. 54, S. 370,
Abb. 58.
Grofser geflochtener Tragekorb in den Baliländern. Etwa l f nat. Gr.
(Zur Beförderung der Farmerzeugnisse oder Lebensmittel. Yon den Weibern häufig
auch au f dem Kopf getragen. Auf den Tragstangen aus Bambus wird Feuerholz
mit nach Hause geschleppt.)
sowie 67 u. 68, S. 396) hinaus; die Kinder werden mitgenommen. Die
ganz Kleinen, die noch nicht laufen können, sitzen rittlings auf der
Hüfte der Mutter oder im Rücken auf einem um die Stirn der Mutter
und un ter dem kleinen Allerwertesten führenden Bande, während sie
sich mit den Händchen an Arm, Schulter und Brust anklammern. Auch
bei der Farmarbeit selbst wird diese gegenseitig nicht eben sehr bequeme
Stellung beibehalten. Liegen die Farmen weit entfernt, so begleiten
stets Bewaffnete die Züge; zum Teil als Schutz gegen etwaige
Ueberfälle, zum Teil auch, wie die Leute behaupten, zur Abwehr der
„grofsen Affen“ (Schimpansen; siehe auch Abschnitt VII, S. 475). Bei
der Rückkehr im Laufe des Nachmittags sieht man dann nicht selten,