lieh, was in den drei Monaten alles hier in Afrika geschehen kann,
wissen die Götter. Schnappe ich aber dann noch Luft, so naht allmählich
die Zeit, wo ich vielleicht der Heimkehr gedenken darf nach
fast zweijährigem, ununterbrochenem Aufenthalt im Innern. Einmal in
Kamerun, bin ich ja bereits wieder mitten d’rin im Weltgetriebe der
Zeit, und — »zwei Seelen wohnen, ach! in meiner; Brust«. Die eine
zieht mächtig der Heiihat mich zu; die andere aber — und die ist
die stärkere — läfst mich mit Trauer des Scheidens von der freien,
grofsen, schönen Wildnis mit all ihren tausend Reizen gedenken, leh
beschwichtige sie nur mit 'der Hoffnung auf Wiederkehr. Wohl habe
ich hier verlebt und verlebe wohl noch manch’ ernste, einsame Stunde;
aber fasse ich alles zusammen: ich bin hier im Busch frei, glücklich
und zufrieden. Nur e in Gedanke drückt nieder: dafs das schöne,
grofse Werk, das wir hier aufzubauen strebten, dessen Grund sich
langsam zwar, aber sicher festete, wankend gemacht, ja vielleicht umgestürzt
wird — durch die Schwarzen nicht, wohl aber durch die
W e if s e n . . » — ' — -
Hier geht je tz t alles wieder seinen Gang. Was es Neues hier
gäbe und gab, mag ich dem Briefpapier nicht anvertrauen. D’rum nur
ein p a a r innere, harmlose Ereignisse. Die eine Stationssau hat
6 Junge neulich geworfen; ich hin nun von allen Seiten von Wöchnerinnen
umgeben; im Hause 5 junge Katzen, draufsen 6 Glücks-
schweinchen . . . .“
„Baliburg, 12. IX. 92. Noch keine Post! Die gestrige Nacht war
wieder ’mal etwas lebhafter. Ich zünde gerade meine Wetterlaterne
an, da entsteht draufsen im Hofe ein Gekreisch und Geflatter meiner
zwei Hühner (das ist zur Zeit mein ganzer Geflügelhof), und wie
ich hinauseile, Regt eines zerzaust am Boden, das andere fehlt; im
weichen Sand die frische Fährte eines Leoparden 1 Da war nichts mehr
zu machen als sich diese Teilung des Hühnerbratens gefallen zu
lassen. Doch hoffte ich, der Räuber käme vielleicht noch einmal, sich
auch das zweite Huhn zu holen, und setzte' mich, im Schatten des
Daches, auf den Anstand. Bald höre ich auch etwas, doch im Innern,
in der Nähe der als Vorratsraum benutzten Hütte. Schleiche mich
vorsichtig um die Ecke der Veranda: eine dunkle Gestalt sucht die
Thüre des Vorratsraumes zu öffnen. Ich schiefse natürlich, und der
Kerl stürzt. Es war ein Bali, der nächtlicherweise billig einkaufen
wollte. Verbinde ihn und lasse ihn noch nachts zu Garega hinüberschleppen.
»So ginge es jedem, der glaube, dafs der Weifse schKefe.«
Tags darauf erschien die bekannte Dreizahl (meist kamen stets die
gleichen drei Vertrauten Garegas zu allen palavern auf die Station),
brachte ein Schaf, sonstige Lebensmittel und Entschuldigung des
alten Herrn . . .
17. IX. Den Anfang meiner tägRchen Plaudereien wifst Ih r nun
sohon bald:' keine P o s t.,. .
19, IX. Anfang; siehe oben! Nun sind es wieder einmal 50 Tage
seit dem letzten Lebenszeichen .von der Küste. Je tz t schicke i c h Post
fo rt, kann nicht mehr länger warten; meinetwegen mögen dann die
Posten sich kreuzen oder zusammenrumpeln . . . Dieser Hautausschlag
ist zum Verzweifeln; dazu die Füfse und Unterschenkel voll näfsender
Kratzwunden infolge steten Juckreizes; an den Zehen Sandflöhe! . . .“
„Baflburg, 22. IX. 92. Gestern liefs mir Garega mitteilen, er
habe zwei Bali ertappt, die ohne Erlaubnis im Waldland gewesen und
dort sogar ihre Gewehre und Patronen verkauft hätten; | schickte
zugleich die beiden gebunden mir herüber. Ich heschlofs ein Beispiel
aufzustellen, dafs das Gesetz vom Juli nicht leere Drohung gewesen;
marschierte mit einem Zuge hinüber, zerstöre die Häuser der beiden, ihre
Ziegen und Hühner wandern auf die Station; die beiden nebst ihren
Weibern übergebe ich Garega »zur weiteren Behandlung.« Eigentlich
doch viel, dais sich das die BaH in ih r em Dorf von dem Weifsen
gefallen lassen, und die Soldaten ohne Widerrede gegen ih r e e ig e n e n
Stammesgenossen sich so verwenden lassen.“
„Baliburg, 28. IX. 92. Meine Elefantenjagd vor vier Tagen wohl
für ein paar Wochen die letzte gewesen. Wäre er nicht so nahe bei
d e r: Station aufgetauebt, h ä tte ich ihm wohl kaum nachhinken können.
Denn, allmählich reizender körperlicher Zustand: Ellenbogen und
Gelenk des rechten Armes, Knie und Gelenk des Rnken Fufses
Pustelflechte hochgradig; an den noch freien Extremitäten am selben
Platz im Anzug. An den Füfsen eine Art Nesselausschlag. Im ersten
Fall Höllensteinlösung und 01 und einbandagiert; im zweiten Jodoform
und Heftpflaster. Ferner am linken Oberschenkel zwei tiefe, eiternde
Löcher: Jodoform und Verband. Am linken Gesäfs Geschwüre, so
dafs ich n u r mit Schmerzen sitzen kann, desgleichen im Kreuz: Zinkblumen
versucht; (nebenbei) recht bequeme Behandlungsplätze. Am
ganzen Körper scheufsliohes Jucken. Folge von diesem netten Gesamtzustand
natürlich vollständige Schlaflosigkeit und davon wieder:
stetes Einnehmen von Chloralhydrat . . . Vorgestern brachten sie die
Zähne: eine afrikanische Abnormität. Der Elefant selbst ein grofser,
alter Geselle; der eine Zahn 1,92m, der andere ganz klein, n u r vielleicht
zwei Spannen lang.“
Hautkrankheiten.