- :ri!
' : î^
I
132 B u c h X. Kap. 2. §. 16.
§. 16.
E i n t h e i l u n g der auf Botani k bezüglichen arabischen
L i t e r a t u r .
Eein botanische "Werke, solche, deren unmittelbarer Gegenstand
die Natur der Pflanze und deren Unterschiede sind, giebt es
im Arabischen nicht. Selbst Abul Abbâs, mit dem Beinamen
A n n a b â t î , der Bo t anike r , und Lbn Baithâr, mit dem gleichbedeutenden
Beinamen Aloschâb, die beiden berühmtesten Pflanzenkenner
unter den Arabern, schrieben wie ihr Vorbild Dioskorides,
nicht Naturgeschichte der Pflanzen, sondern Heilmittellehre.
Die sicherste Bürgschaft für die Richtigkeit dieser Behauptung
leistet H'aggi Chalifah. Er liefert in seinem grossen literarhistorischen
Wörterbuch einen besondern Artikel unter dem
Titel Ilm aszszaidaladt, Wi s s ens cha « f t d e r P f l a n z e n k u n d e ,
in folgenden Worten: „Sie gehört zu den Hülf s w i s s e n Schäft
e n der Medicin, und ist diejenige Lehre, welche die Unterschiede
ähnlicher Pflanzenformen, wie der chinesischen indischen
griechischen, aufsucht, die Zeit angiebt, da sie vorkommen, ob im
Sommer oder im Herbst, die nützlichen von den unnützen unterscheidet,
und ihre besondern Eigenschaften kennen lehrt. Ihr
Zweck und Nutzen leuchten ein. Der Unterschied dieser
L e h r e und der von den Heilpflanzen besteht darin, dass
die Botani k zunächst auf die äus ser n Unterschiede der Pflanzen
in jeder Beziehung sieht, indess die Lehr e von denHeilp
f l a n z e n zunächst die ihnen eigenthümlichen i n n e rn Eigenschaften
untersucht. Jene geht mehr auf den praktischen
N u t z e n , diese auf den w i s s e n s c h a f t l i c h e n Gebrauch; doch
stehen beide in naher Verbindung." Man sieht, der Verfasser
ahnet nicht einmal, dass die Erforschung der Natur der Pflanze
an sich selbst Zweck der Wissenschaft sein könne; sonst würde er
umgekehrt die Botanik zu den theoretischen, die Heilmittellehre
zu den praktischen gezählt haben. Ja der Ausdruck Ilm annabati,
1) Haji Khalfa, edid. Fluegel 7F, p> lié.
B u c h X. Kap. 2. §. 16. 133
den ich des Zusammenhangs wegen durch L e h r e von den Heilp
f l a n z e n übersetzen musste, bedeutet wörtlich genommen die
Pflanzenkunde überhaupt; und das Wort Aszszaidaladt , was
ich aus gleichem Grunde durch P f l a n z e n k u n d e übersetzte, ist
nicht einmal arabischen Stammes, sondern wahrscheinlich aus dem
Türkischen oder Persischen entlehnt: so innig hatte sich bei den
Arabern die Vorstellung der Heilmittellehre mit der der Pflanzenkunde
verbunden, dass H'aggi Clialifah, um von der letztern für
sich sprechen zu können, ein unarabisches Wort herbeiziehen
musste.
Was von arabischer Literatur für die Geschichte der Botanik
in Betracht kommt, und worüber ich in den fünf folgenden Kapiteln
handeln werde, das sind daher nur 1) Di e Uebersetzung
e n aus dem Griechischen, aus denen die Araber zuerst
einige Pflanzenkunde schöpften, und die stets ihre Muster blieben,
sodann wie bei den Griechen 2) die medicinischen, 3) die
g e o r g i s c h e n , 4) die geographischen Werke nebst den
E e i s e b e s c h r e i b u n g e n und Curiositäten-Sammlungen.
Arabische Naturphilosophen, die ihre Speculation bis auf die lebendige
Pflanze ausgedehnt, und dieselbe nicht etwa nur im Vorbeigehen
flüchtig berührt hätten, kenne ich nicht, und zweifle an ihrem
Dasein. Der berühmte arabische Geschichtschreiber des religiösen
und philosophischen Denkens überhaupt, AschschaHrastÄni^)
bestätigt mir diese Meinung. Sehr ausführlich behandelt derselbe
die verschiedenen philosophischen Systeme der Griechen von den
sogenannten sieben Weltweisen herab bis zu den einzelnen spätem
Alexandrinern und Commentatoren des Aristoteles. Indem er sich
dann zu den moslimischen Philosophen wendet, über die
man noch mehr erwarten dürfte, macht er deren vor andern ungenannten
neunzehn namhaft, als den jüngsten zu seiner Zeit (er
lebte von 479--548, oder 1074—1153) „den gelehrten Meister des
1) Ahu-l-^ at^ Muhammed as ch-Schah' ra st dnts Religionsparteien und
PhilosophenschuJen. Zum ersten mal vollständig aus dem Arabischen übersetzt und mit
erhlärenden Anmerkungen versehen von Th. Haar brücker, Halle. 2 Theile 1850^
186L — Die gleich anzuführende Stelle steht Theil II, Seite 213,
A
Ii. '