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B u c h XL Kap. 4. §. 68. Buch XL Kap. 4. §. 68. 503
gerechneten Verse variirt in verschiedenen Handschriften und Ausgaben
von kaum 200 bis weit über 2000. Der Handschriften giebt
es eine ausserordentliche Menge, doch leider ist keine darunter so
alt und zuverlässig, dass sie der Kritik zur Richtschnur dienen
könnte; viele entstanden erst lange nach Erfindung der Buchdruekerkunst,
obgleich auch diese sich des Gedichts sehr bald bemächtigte.
Dafür bietet sich der Kritik ein andres Hülfsmittel
dar, Arnaldus de Vi l lanova, der sich in seinen spätem Jahren
bald zu Rom bald zn Neapel bald zu Palermo aufhielt und
1313 starb, der also der Zeit und dem Schauplatz der Entstehung
des Gedichts näher stand, hinterliess einen ausführlichen Commentar
darüber, w^elchem er die ihm bekannten Verse selbst einilocht.
Mit gutem Grunde erklärte daher Ackermann alle Verse, die
sich in des Arnaldus Recension nicht finden, für unächt, und lieferte
deshalb in seiner Ausgabe nur 364 Verse. Vielleicht hätte
er die unächten Verse nicht ganz vernachlässigen, sondern als Anhang
zu den ächten sollen abdrucken lassen; ihre Ausscheidung
aber foderte die Kritik, denn nur dadurch erhielten wir endlich
wieder einen Text, der, wenn nicht an sich, so doch als historisches
Document einer bestimmten Zeit von Werth ist. Den grade
entgengesetzten Weg schlägt ß enz i ein. Weil er glaubt, dem
Prinzen Kobert, der niemals König ward, könne das Buch nicht
gewidmet sein, eben so wenig einem wirklichen Könige von England
oder Frankreich, oder es lasse sich eine solche Zueignung
an eine bestimmte Person wenigstens nicht beweisen: so sei, folgert
er weiter, dieselbe überhaupt nicht zuzugeben, und dem ganzenProd
uct weder ein bestimmter Verfasser noch eine bestimmte
Zeit anzuweisen, sondern man müsse annehmen, es wäre nach und
nach zusammengetragen und durch Zusätze bereichert. Diese
Hypothese fände in der Beschaffenheit des Gedichtes selbst ihre
Bestätigung, und löse ihrerseits alle Zweifel. Daher habe man sich
vergebens bemüht den Verfasser, die Person, der es gewidmet,
und die Zeit, in der dies geschehen, zu erforschen. Das Gedicht
könne füglich zu verschiedenen Zeiten, bald kürzer bald umfangreicher,
verschiedenen hohen Personen, denen die Schule eine
Aufmerksamkeit erzeigen wollte, überreicht sein, dem Prinzen Kobert,
einem wahren Könige von England und einem Könige von
Frankreich, was die Varianten des ersten Verses in den Handschriften
erkläre. Von diesem Gedanken geleitet, trug ßenzi alle
jemals für salernitanisch ausgegebenen Verse zusammen, 2130 an
der Zahl, ordnete den Zuwachs ganz wlilkürlich nach Materien,
und schuf auf solche Art eine ihm eigenthümliche umfang- und
inhaltreichere, aber historisch völlig werthlose Anthologie unpoetischer
Blumen. Der Grundgedanke, die allmälige Entstehung des
Eegimen sanitatis aus zusammengeraiFten Lappen, lässt sich freilich
nicht bezweifeln, und ward von keinem Kritiker bezweifelt.
Auch wir sahen schon früher, wie vieles aus Macer iloridus ins
Regimen sanitatis überging. Von einem Verfasser desselben kann
folglich wieder nicht die Rede sein, sondern nur von einem Rédacteur;
und da die Schule als Corporation das Gedicht überreichte,
so hatte sie Grund genug, den Namen des Redacteurs zu verschweigen.
Erst eine Handschrift aus unbestimmt späterer Zeit, die einer der
Herausgeber des Gedichts, Sylvins^), benutzte, nennt als Redacteur
(compilator) einen uns sonst unbekannten Joannes deMediolano.
Allein die Ueberreichung des Gedichts im Jahre 1101 an
den englischen Kronprätendenten Robert zu bezweifeln, haben wir
gar keinen Grund, und als historisches Document dieser Zeit
kann kein Vers gelten, den noch nicht einmal Arnaldus de Villanova
kannte.
Auch des Buches Titel variirt sehr in den Handschriften und
Ausgaben. In manchen Handschriften lautet der Schlussvers :
Hoc opus optatur, quod FIos medicine vocatur.
1) Achermann sagt pag. 9-Î seiner Ausgabe: ^^In calce Tulloviani codicis^
cujus titulum Zacharias Sylvins ex Cur tii praeclaro opere de scriptorihus
medicis Mediolanensihus ciiavit ^ expresse legitur etcJ"^ Das ist ein Irrthum..
Corte (notize istoriche intorno a' medici scrittori Milanesi etc. Milano 1718 in 4. pag. 9}-
giebt umgekehrt den Titel der Handschrift, die ich bereits §. 65 Seite
lieferte, nach Sylvins^ dessen Rédaction des Gedichts zuerst 1649 erschien^,
und in der Ausgabe von 1667 vor mir liegt, und ich finde bei Corte so wenig
Avie bei Andern die mindeste Aufklärung über den angeblichen Joannes de:
Mediolano.
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