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444 B u c h XI. Kap. 4. §. 64.
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Erzbischof von Salerno zu. Es giebt aber noch einen Al f anus II.,
den unmittelbaren Nachfolger jenes ersten als Erzbischof von Salerno.
Beide werden oft verwechselt, Ackermann i ) verwechselt
sie sogar, indem er selbst vor ihrer Verwechselung warnt, und
schreibt alles, was er über den ersten sagt, irrthümlich dem zweiten
zu. Die Handschriften oder wenigstens unsre Berichterstatter über
sie sagen nicht, welcher von beiden der Uebersetzer des Nemesios
sei; da wir jedoch den zweiten nur als Dichter kennen, so schreibt
auch Renan mit vollem Kecht unserm ersten Alfanus die Uebersetzung
zu.
Der dritte gelehrte Mönch zu Monte Cassino, von dessen
medicinischen Leistungen weit mehr zu berichten ist, als von denen
des Alfanus, ist Constantinus Africanus. Doch von ihm
handle ich lieber, nachdem wir zuvor die Anfänge der salernitanischen
Schule der Medicin werden kennen gelernt haben, in einem
besondern Paragraphen. Für jetzt genügt mir gezeigt zu haben,
dass in dem beinahe zweihundertjährigen Zeitraum von der Zerstörung
des Klosters durch die Sarazenen bis auf Constantinus
Africanus, mit dem eine neue Epoche eintritt, in den sichern historischen
Quellen nur ein einziger medicinisch gelehrter Mönch genannt
wird, nämlich Alfanus, der wenigstens einen grossen Theil
seiner medicinischen Kenntnisse sicher nicht erst im Kloster gewann,
sondern theils von Hause mitbrachte, theils vermuthlich in
Salerno erworben hatte, und der ausserdem, als des Constantinus
Zeitgenosse, schon selbst gewissermassen der neuen mit Constantinus
beginnenden Periode angehörte.
Aber prakt ische Aerzte sollen die Mönche von Monte
Cassino gewesen sein; das sollen einmal die vielen dem heiligen
Benedict zugeschriebenen W u n d e r k u r e n , und zweitens das beim
Kloster befindliche Krankenhaus beweisen. Auch das wollen
wir nicht ununtersucht lassen.
Mit den Wu n d e r k u r e n ist es eine eigne Sache. Entweder
man glaubt daran, wie Renzi zu thun versichert, und dann liegen
1) Ack ermann l, c. pag. 20.
B u c h XL Kap. 4. §. 64. 445
sie, wie er mit vollem Recht behauptet, weit ausserhalb medicinischer
Beurtheilung; oder man hält sie für Täuschung, und dann
sind sie so vielfacher Auslegung fähig, dass sie am Ende nichts
beweisen als des Zeitalters Leichtgläubigkeit, und die Kunst, womit
die Kirche dieselbe ausbeutete. Eins der Hauptwunder, das in
der Geschichte der Medicin durch alle Bücher geht, ist der Steinschnitt,
den der Geist des heiligen Benedict 1014 an Kaiser Heinrich
II. verrichtet haben soll. Er erschien dem Kaiser, der sich
an heftigen Steinschmerzen leidend zu Monte Cassino befand, im
Traum, gab sich ihm zu erkennen, machte mit einem chirurgischen
Instrument, dass er in der Hand hielt, den Steinschnitt, legte den
Stein dem Kaiser in die Hand, und heilte die Wunde augenblicks
wieder zu. So erzählt ein deutscher Mönch i) die Geschichte, und
so hat man sie bald gläubig, bald als Beweis der Geschicklichkeit
der Mönche zu Monte Cassino in chirurgischen Operationen nacherzählt.
Selbst Renzi wie eifrig er sonst gegen jede medicinische
Auslegung solcher Wunderkuren protestirt, meint doch den
hohen Ruf dieses Klosters als Heilanstalt dadurch bekräftigen zu
können, dass er sagt, Kaiser Heinrich II. habe sich dahin begeben,
um sich von seinen Steinschmerzen befreien zu lassen. Er bedenkt
nicht, dass, wenn der Kaiser wirklich in der Absicht nach Monte
Cassino gegangen wäre, er das nur im Vertrauen auf die Wunderthätigkeit
des Heiligen, der dort schon so viel Kranke geheilt
haben sollte, gethan haben könnte. Denn von gewöhnlichen durch
die Mönche des Klosters verrichteten Kuren wissen wir nichts.
Doch nun w^ollen wir hören, wie*Pabst Benedict VIH., des Kaisers
Zeitgenosse, dem Schauplatz der Begebenheit so viel näher, und
gewiss besser unterrichtet als ein einfacher deutscher Mönch, von
demselben Wunder spricht, in einem Schreiben, w^elches erst Tosti
bekannt machte. Der Heilige, erzählt der Pabst, wäre dem Kaiser
im Traum erschienen, und hätte ihm zum sichern Zeichen, dass
er wirklich der sei, für den er sich ausgab, geweissagt: beim Er-
1) Vit a Me in wer ci, in Leipnitz scriptores rerum Brunswicensiim^ I, pag. 515*
2) Renzi collectio Salernitana I, pag, 49,
3) Tosti l. c. 1, pag. 251 sqq.
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