124 Buch X. Kap. 2. §. 14. B u c h X . Kap. 2. §.14. 125
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stens mir, dem so manche neu eröffnete arabische Quelle noch
verschlossen ist, speciellere Nachrichten; doch waren jene offenbar
nach dem Muster dieser eingerichtet. Beruhet nun die specielle
Pflanzenkunde überhaupt grösstentheils, und wo es an Abbildungen
und ausführlichen Beschreibungen der Pflanzen fehlt, ganz und
gar auf der Ueberlieferung von Mund zu Mund: so versteht sich
von selbst, wie sich dieser Zweig der Botanik zugleich mit der
Apothekerkunst senken oder heben musste. Die Erhebung der
Apothekerkunst bei den Arabern, besonders durch die Einführung
der Dispensatorien, Qarâbâdînât , die ein Muster für alle Zeiten
wurden, ist eine allgemein anerkannte Thatsache ; die der Pflanzenkunde
in ihrem Gefolge speciell nachzuweisen, ist meine Aufgabe
in diesem Buch.
§. 14.
D i e vornehmsten Beförderer der Wissenschaft und
w i s s e n s c h a f t l i c h e n Anstal ten in Spanien.
Auch das westliche Chalifat in Spanien oder Andâlos (Andalusien),
wie es die Araber nennen, rühmt sich eines goldenen Zeitalters
der Literatur, später als das östliche, aber von längerer Dauer
und nachhaltigerem Einfluss. Ueberhaupt erlitt der Charakter der
Eroberer in dem eroberten Lande eine merkwürdige Metamorphose.
Der mildere Himmel, die ganze zu festen Wohnplätzen einladende
Beschaffenheit des Landes, die Vermischung mit germanischem
Blut, indem ein grosser Theil der Besiegten zum Islam übertrat,
und eine Reihe edler Regenten, nur selten von einem Wütherich
oder Schwächling unterbrochen, das alles milderte den herben
Ernst, die kalte Grausamkeit und fast thierische Genusssucht der
Orientalen. Furchtbare Feinde an den Grenzen erhielten den kriegerischen
Geist in steter Spannung, während überlegene Kraft und
Waffenglück die Sicherheit im Innern befestigten. Handel und
Gewerbe schwangen sich empor, Ordnung und Wohlstand fesselten
ohne Kette das Volk an seine Fürsten. Bei den Vornehmeren
erschloss sich die Blüthe der Ritterschaft zu ächt adlicher
Sitte, Selbst die den benachbarten fränkischen Rittern so natürliche
Galanterie gegen das weibliche Geschlecht ging ungeachtet
fortdaaernder Vielweiberei auf die maurischen Ritter über, und
durch Gewohnheit bildeten sich gewisse Gesetze ritterlicher Ehre
von gleicher Geltung für Christ und Moslim. So wurde sogar der
Krieg menschlicher, und im Frieden verschönerten Kunst und
Poesie das Leben.
Schon der Gründer der Dynastie der spanischen Ommajaden,
jener einzige dem Fall seines ganzen Hauses wunderbar entronnene
Abd ArralimÄn (I) Ben Moawijjadt (gelandet in Spanien 755, gestorben
787) glänzt in der Geschichte gleich hell durch Milde und
Achtung vor Kunst und Wissenschaft, wie durch Tapferkeit und
weise Leitung des Regiments, Prachtbauten, noch heute ein Gegenstand
der Bewunderung, verherrlichten seine Residenz Qorthobadt
(Cordova). Im Garten neben seinem Pallaste an den Ufern
des grossen Stroms (Wad alkabir, unser Guadalquivir) pflanzte er
selbst die erste Palme auf spanischem Boden, und besang sie in
wehmüthiger Erinnerung an das schöne Bagdad. Als historisch
bedeutsames Denkmal der Einführung der Dattelpalme in Spanien,
wo sie Jahrhunderte lang reiche Frucht trug, bis die Sorglosigkeit
neuerer Spanier sie bis auf wenige Stämme wieder eingehen Hess,
verdient das Gedicht auch hier einen Platz. Conde hat es zuerst
aus dem Arabischen ins Spanische, Rutschmann i) aus dem Spanischen
ins Deutsche übersetzt. Zwei andere deutsche Uebersetzungen
lieferte nach einander Hammer-Purgstall 2). Ob ich zu viel
wagte, unbekannt mit dem Original, mich an keine jener TJebersetzungen
zu binden, überlasse ich Andern. Bei Rutschmann vermisste
ich den Reim, bei Hammer - Purgstall die ungezwungene
Wortfügung, die mir für ein Gedicht solcher Art unerlässlich und
wichtiger als buchstäbliche Treue schien.
1) Conde, Geschichte der Herrschaft der Mauren in Spanien. Aus dem Spanischen
übersetzt von K. Rutschmann, I, (1824) Seite 170,
2) Hammer-Purgstall, Gemäldesaal der Lebensheschreihungen grosser moslimischer
Herrscher, III, (1837) S. 42, und desselben Literaturgeschichte der
Araber I I I , (1852) S. 31,