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420 Buch XL Kap, 3. §. 61.
sclüedener Art, von denen er auf verschiedene christliche Gebräuche
übergeht. Das macht den Inhalt der fünf ersten Bücher. Das
sechste handelt vom Menschen und seinen Theilen, das siebte von
allerlei menschlichen Verhältnissen, den Lebensaltern, der Verwandtschaft,
Ehe, dem Tode, und in einem langen Schlusskapitel
— von Haus- und Lastthieren. Das achte von den übrigen Thieren.
Das neunte enthält Astronomie und Meteorologie, das zehnte Chronologie,
die drei folgenden sind eine physische Geographie. Nun
folgt im vierzehnten die Baukunst; im fünfzehnten Philosophen,
Dichter, Sybillen, Magiker, Heiden und heidnische Götter; im
sechzehnten fast noch bunter Sprachen, politische Geographie^
bürgerliche Einrichtungen und Militär. Buch siebzehn ist eine
Mineralogie. Buch achtzehn umfasst Gewicht und Maass, Zahlen,
Musik und Medicin, letztere in einem einzigen kurzen Kapitel
Buch neunzehn handelt vom Landbau und den Pflanzen.
Buch zwanzig vom Kriege und Kriegsgeräth zu Lande wie zu
Wasser, dem einige Kapitel von gymnastischen Spielen und vom
Theater eingeflochten werden. Buch ein und zwanzig von Künsten
und Handwerken, und endlich zwei und zwanzig von allerlei Haus-
Acker- und Stallgeräth. Man sieht, das Bunte der Welt darzustellen
ist dem Verfasser trefflich gelungen.
Doch halten wir uns an das neunzehnte Buch. Es handelt
in neun Kapiteln 1. vom A c k e r b a u , 2. vom Ge t r e ide , 3. von
den Hülsenfrüchten, 4. vom Weinstock, 5. von den
Bäumen (im Allgemeinen), 6. von den eigenen Namen der
(gemeinen) Bäume, 7. von den aromatischen Bäumen,
8. von den aromatischen und den gemeinen Kräutern^
und 9. vom Gemüse. Genannt werden in dem ganzen Buche
ungefähr hundert Pflanzen. Voran geht bei jeder ihres Namens
Etymologie, dann folgen meist einige Notizen über ihr Vorkommen^
ihre Produkte und sonstige merkwürdige Eigenschaften, oft auch
nichts der Art, am wenigsten eine Beschreibung. Den Beschluss
macht aber stets ihre symbolische oder spirituale Bedeutung, die
am ausführlichsten behandelt wird. Aufgeführt werden, ausser allen
in der Bibel genannten, und einigen Gewürzen, fast nur die ge-
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meinsten Pflanzen, vornehmlich die der Gärten, von Getreidearten
nur Weizen und Gerste. Ob man daraus folgern darf, dass zu
Hrabanus Zeit in seiner Gegend kein andres Getreide gebaut ward?
Ich glaube es kaum; der ämsig studirende Mönch bekümmerte
sich wohl nur nicht um den Feldbau. Charakteristisch ist, dass
von den Heilkräften der Pflanzen so wenig gesagt wird, bei den
meisten, zum Theil sehr wirksamen, gar nichts; wieder ein Beweis
für den tief gesunkenen Zustand der Heilmittellehre wie der gesammten
Medicin in jener Zeit.
Das ist des Werkes schmächtiger botanischer Inhalt, und doch
ein Fortschritt. Griechische und römische Literatur sahen wir allmälig
zusammenschrumpfen zu Enkyklopädien und elenden Excerptensammlungen;
hier im Gegentheil beginnt eine neue Epoche
mit einem ähnlichen, ja noch ärmlicheren Sammelwerk, in das der
Verfasser die ihm zugänglichen spärlichen Ueberreste des Wissens
aus der Vorzeit mühselig zusammenscharret; doch nicht ohne eine
gewisse Originalität. Urtheile man über die Symbolik des Hrabanus,
wie man will, so muss man einräumen, dass sie grossentheils
sein Eigenthum ist. Von wie wenigen der spätem Römer
und Griechen lässt sich dasselbe rühmen! Der Vorwurf, dass er
«ich bei Naturgegenständen nur an die Namen, nicht an die Dinge
gehalten, trifft auch schon manchen seiner Vorgänger, bis auf
Plinius zurück, und noch manchen seiner Nachfolger bis ins
sechzehnte Jahrhundert abwärts. Doch wird sich zeigen, wie eben
dergleichen grammatisch-philologische Studien später wieder zur
Naturbetrachtung selbst zurückführten. Soll aber das Alles nicht
gelten, so erwäge man noch Eins. Unstreitig w^ar Hrabanus der
gelehrteste Mann seiner Zeit, darüber sind alle Urtheile einig, —
und dieser Mann war zugleich der e r s t e Deut s che , derjemals
die Feder ergriff; welche andre Nation darf den ersten Gelehrten,
den sie hervorbrachte, ihm gleichstellen? Darum gönne man
ihm den bescheidenen Platz, den ich ihm hier auch unter den
Botanikern einräumte, und das geringe Lob, das ich ihm spendete.
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