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488 Buch XL Kap. 4 §. 67.
Das zweite Kapitel schliesst sich dem ersten an, aber das dritte
ist wieder ein Prolog offenbar eines ganz andern Werks, so dass
sich die beiden ersten Kapitel als Bruchstücke eines besondern
Buchs darstellen. In dem neuen Prolog redet der Verfasser seinen
amicissimus Maecenas an, und spricht wieder von Caesare nostro,
auch Augusto nostro. Allein dem Zeitalter, das diese Namen andeuten,
widerspricht die mittelalterliche Sprache durchaus. Nun
erst folgt, Avas der Titel ankündigt, eine Abhandlung über die
W i r k u n g e n der Heilmittel. Ein Kapitel über ausleerende
Mittel überhaupt geht voran; darauf werden dieselben eingetheilt
nach den Säften, welche sie ausleeren sollen, als rothe Galle,
schwarze Galle, Phlegma u. s. w. Nach ihnen folgt ein langes
Verzeichniss von Krankheiten und unter jeder ein oft eben so langes
der Mittel, die man dagegen gebrauchen soll. Dies letztre
mag dem Verfasser eigenthümlich oder vielleicht richtiger aus sehr
verschiedenen Quellen zusammengeschrieben sein; was er aber von
den ausleerenden Mitteln im Allgemeinen sagt, ist grösstentheils
aus Aetios genommen.
D i e beiden von Mai herausgegebenen Bücher hängen
wieder mehr in sich selbst zusammen, und handeln hauptsächlich
von den medicinis ch en Wirkungen der Nahrungsm
i t t e l . Dazu wird aber nicht allein alles, was als Gewürz dienen
kann, gerechnet, sondern nicht selten wird auch die Grenze
zwischen Gewürzen und blossen Heilmitteln überschritten. Das
Ganze zerfällt in vier Abtheilungen, die jedoch im Druck so wenig
hervortreten, dass man sie leicht übersieht, und um so leichter,
weil der ersten die Ueberschrift fehlt, die ich hinzufüge: Lib. l[
cap. 4~~19 (de frumentis et leguminibus); 20—64 de oleribus hortensibus;
Lib. II, 1 - 8 de oleribus agrestibus; 9 — 125 de herbis
agrestibus. Beendigt zu sein scheint das Werk damit noch nicht,
man vermisst ein drittes Buch von den Baumfrüchten, und kein
Epilog kündigt den Schluss an. Im ersten Buch gehen aber auch
wieder zwei Kapitel, eins von den Gegenden, das zweite von den
Winden, beides in Bezug auf Salubrität, dem Prologe voran. Genannt,
oder auch nur angeredet wird niemand in dem Prolog.
Buch XL Kap. 4, §. 67. 489
Diese beiden Bücher sind besonders reich an Synonymen. Die
meisten, wiewohl oft sehr entstellt, erkennt man in denen des Dioskorides
oder des Apulejus Platonicus wieder; viele haben aber
ganz das Ansehen volksthümlicher Namen, die sich vielleicht noch
jetzt in Unteritalien im Munde des Volks wieder auffinden Hessen.
Seltner kommen Beschreibungen vor, ausser bei solchen Pflanzen,
von denen mehrere Arten oder Abarten unterschieden werden, dann
aber oft eigenthümliche. Die Hauptsache ist überall die medicinische
Wirkung. Benutzt zu haben scheint der Verfasser, doch
vielleicht nicht einmal unmittelbar, die galenischen Bücher von den
Nahrungsmitteln. Bei Gewürzen und Heilmitteln ist wieder Dioskorides,
noch öfter Apulejus Platonicus, seltener Plinius geplündert;
aber auch dazu müssen noch andre unbekannte Quellen benutzt sein.
Denken wir uns nun das Alles als Theile Eines Werks, so
steht ihm der Titel de Dynamidiis, von den medicinischen
Wirkungen sowohl der Heil- wie der Nahrungsmittel, wohl an.
Die Heilmittel werden zweimal durchgenommen, erst mehr naturhistorisch
hauptsächlich nach Dioskorides, aber in alphabetischer
Ordnung; zum andern mal gewissermassen systematisch geordnet
nach den Hauptwirkungen, die man ihnen züschrieb, und den vornehmsten
Krankheiten, gegen die man sie anwandte, wobei Aetios
zum Grunde liegt, und, wie der Prolog andeutet, ein vielleicht dem
Musa oder sonst einem Arzt der augusteischen Zeit untergeschobenes
Werk benutzt ward. Bei den Nahrungsmitteln genügte, sie
einmal durchzugehen. Vielleicht kam noch ein Buch über verschiedene
andre Einflüsse auf den gesunden und kranken Körper
hinzu, zu welchem die den Prologen voranstehenden Kapitel und
als Eingang das angebliche erste Buch de Dynamidiis, welches
auch ad Paternianum gerichtet ist, gehören mochten. Doch das
zu begründen, setzte eine genauere Untersuchung voraus, als ich
diesem Gegenstande hier widmen kann. Nur Eins muss ich noch
hinzufügen. Die Vorstellung, die sich Renzi vom Zusammenhange
des ganzen Werks macht, halte ich nicht nur an sich für irrig,
sondern auch für unvereinbar mit der Annahme, Gariopontus sei
sein Verfasser oder Redacteur, Das Fragment des sogenannten
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